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Draußen war der Verkehrslärm zu hören, und die Rufe spielender Kinder. Die Nacht brach herein, und allmählich wurde es dunkel.

Während ich schrieb und schrieb, verlief meine berufliche Arbeit in der medizinischen Fakultät sehr zufriedenstellend. Im Jahr 1951 hatte man mich zum außerordentlichen Professor für Biochemie ernannt, und ich konnte meiner Doktorwürde den Status eines Professors hinzufügen. Diese doppelte Titeldosis schien meine Würde jedoch nicht im mindesten zu vermehren. Ich behielt meine frische, joviale, überschäumende Art, wie Sprague sagen würde, und daran hat sich bis heute nichts geändert, wie jeder bezeugen kann, der mit mir zusammenkommt. Nur mein „welliges, braunes Haar“ ist länger und weniger braun, als es zu sein pflegte.

All dieses Überschäumen kam mir im Umgang mit den Studenten sehr zustatten, aber vielleicht nicht so sehr bei einigen der Fakultätsmitglieder. Glücklicherweise wußten alle, daß ich schrieb. Das half! Es schien sie mit dem Umstand zu versöhnen, daß ich ein Exzentriker war, und aufgrund dessen vergaben sie mir vieles.

Sechs Wochen vor meiner Berufung zum außerordentlichen Professor hatte ich mein erstes Buch verkauft, das den Titel PEBBLE IN THE SKY trug. Ich wußte nicht, daß Doubleday meine neue berufliche Position in Verbindung mit dem Buch ausbeuten wollte. Erst als ich den Schutzumschlag sah, wurde ich auf den Rückseitentext aufmerksam. Unter einem sehr hübschen Foto von mir im Alter von fünfundzwanzig Jahren (was mir jetzt das Herz bricht, wenn ich es sehe), stand da als Schlußsatz zu lesen: „Dr. Asimov lebt in Boston, wo er sich in der medizinischen Fakultät der Universität mit Krebsforschung befaßt.“

Ich dachte eine Weile darüber nach, worauf ich beschloß, den geraden Weg zu beschreiten. Ich bat um ein Gespräch mit Dekan James Faulkner und legte ihm alles offen dar. Ich sagte, ich hätte seit Jahren ScienceFiction-Geschichten geschrieben, und nun käme mein erstes Buch unter meinem eigenen Namen heraus, und meine Zugehörigkeit zur Fakultät würde im Klappentext erwähnt. Ob er meine Kündigung wolle?

Der Dekan, ein würdiger Herr mit Sinn für Humor, sagte: „Ist es ein gutes Buch?“

„Der Verlag ist der Meinung“, sagte ich vorsichtig.

Und er sagte: „In diesem Fall wird die medizinische Fakultät sich gern damit identifizieren lassen.“

Damit war der Fall erledigt, und solange ich der Fakultät angehörte, hatte ich niemals Schwierigkeiten wegen meiner Science Fiction. Einige Leute kamen sogar auf den Gedanken, mein schriftstellerisches Talent nutzbar zu machen. Im Oktober 1954 baten mich die

Herausgeber einer Studentenzeitung an der Universität um eine kleine SF-Geschichte zur Auflockerung einer ihrer Ausgaben. Ich tat ihnen den Gefallen mit LET’S NOT, einer Skizze, die dann im Dezember 1954 erschien.

Verzweiflung

Professor Charles Kittredge rannte mit langen, unsicheren Schritten. Er kam gerade rechtzeitig, um seinem Kollegen Heber Vandermeer das Glas von den Lippen zu schlagen. Es war beinahe wie eine Übung in Zeitlupe.

Vandermeer, der augenscheinlich so in sein Tun vertieft gewesen war, daß er Kittredge nicht hatte kommen hören, schaute erschrocken und beschämt drein. Sein Blick fiel auf das zerbrochene Glas und die kleine Pfütze Flüssigkeit zwischen den Scherben.

„Was war es?“ fragte Kittredge grimmig.

„Zyankali. Ich hatte ein bißchen aufbewahrt, als wir abreisten. Für alle Fälle ...“

„Was hätte das genützt? Und nun ist ein Glas zerschlagen. Die Scherben müssen zusammengekehrt werden ... Nein, ich werde es tun.“

Kittredge fand ein kostbares Stück Pappe zum Aufnehmen der Splitter und Scherben und ein noch kostbareres Stück Stoff zum Auftupfen der giftigen Flüssigkeit. Er ging und schüttete die Scherben - und mit Bedauern auch das Stück Stoff - in den Abfallbehälter, der in unregelmäßigen Abständen mit dem Aufzug achthundert Meter zur Oberfläche hinaufbefördert und ausgeleert wurde.

Als er zurückkehrte, sah er Vandermeer auf dem Feldbett sitzen, die Augen starr auf die Wand gerichtet.

Sein Haar war schneeweiß geworden, und natürlich hatte er Gewicht verloren. In der Zuflucht gab es keine dicken Menschen. Kittredge, der schon immer lang, mager und grauhaarig gewesen war, hatte sich, im Gegensatz zu seinem Kollegen, kaum verändert.

Nach einer Weile sagte Vandermeer mit lebloser Stimme: „Denke an die alten Tage, Kitt.“

„Ich versuche, es nicht zu tun.“

„Es ist das einzige Vergnügen, das uns geblieben ist“, fuhr Vandermeer fort. „Es gab Vorlesungsräume, Geräte, Studenten, Luft, Licht und Menschen. Leute.“

„Eine Schule ist eine Schule, solange es einen Lehrer und einen Schüler gibt.“

„Du hast beinahe recht“, murmelte Vandermeer traurig. „Hier gibt es sogar zwei Lehrer. Und einen Absolventen. Er wird der erste Mensch sein, der hier unten zum Doktor der Philosophie promovieren wird. Eine besondere Auszeichnung. Der arme Jones.“

Kittredge steckte die Hände in die Taschen, um sie ruhig zu halten. „Es gibt zwanzig weitere junge Leute, die eines Tages ein Studium abschließen werden.“

Vandermeer blickte müde auf. Sein Gesicht war grau und hoffnungslos. „Was sollen wir sie in der Zwischenzeit lehren? Geschichte? Wie der Mensch entdeckte, was den Wasserstoff zum Krachen bringt, und wie er froh und munter weiterspielte, bis es überall krachte? Geographie? Wir können beschreiben, wie der Wind den glitzernden Staub überall hin wehte und wie die Wasserströmungen die aufgelösten Isotope in alle Weltmeere trugen.“

Kittredge fand es sehr hart. Er und Vandermeer waren die einzigen qualifizierten Wissenschaftler, die rechtzeitig davongekommen waren. Die Verantwortung für das Leben von mehr als hundert Männern, Frauen und Kindern hatte sie bewegen, die unberechenbaren Gefahren und Unbilden der Oberfläche zu fliehen und hier in dieser Lebensblase Zuflucht zu suchen, achthundert Meter unter der Kruste des Planeten.

Verzweifelt suchte er Vandermeer neuen Mut zu machen. „Du weißt, was wir sie lehren müssen“, sagte er so eindringlich er konnte. „Wir müssen die Wissenschaft am Leben erhalten, damit wir eines Tages die Erde wiederbevölkern können. Damit es einen neuen Anfang geben kann.“

Vandermeer antwortete nicht. Er wandte das Gesicht zur Wand.

„Warum sollte das nicht möglich sein?“ sagte Kittredge. „Auch Radioaktivität währt nicht ewig. Laß es tausend Jahre dauern, oder meinetwegen fünftausend. Einmal wird die Strahlungsmenge auf der Erdoberfläche auf erträgliche Werte sinken.“

„Einmal.“

„Natürlich. Eines Tages. Siehst du nicht, daß hier die wichtigste Schule in der Geschichte der Menschheit existiert? Wenn wir Erfolg haben, du und ich, dann werden unsere Abkömmlinge wieder einen freien Himmel über sich sehen und reines Wasser aus murmelnden Bächen schöpfen.“ Er zeigte dem anderen ein schiefes Lächeln und fügte hinzu: „Vielleicht werden sie sogar Schulen wie jene besitzen, an die wir uns erinnern.“

„Ich kann nichts davon glauben“, sagte Vandermeer. „Zuerst, als es besser schien als der Tod, hätte ich alles geglaubt. Aber    die Jahre    gehen    dahin, und es    ergibt einfach keinen    Sinn mehr.    Wir    lehren sie hier unten, was wir wissen, und dann    sterben wir ... auch hier un ten.“

„Aber nicht    lange, und    Jones    wird mit uns    lehren, und dann wird es andere geben, welche die Fackel der Gelehrsamkeit weitertragen werden. Die Jungen, die sich kaum noch an das alte Leben erinnern, werden Lehrer, und ihnen werden die hier geborenen Jungen folgen. Das wird der kritische Punkt sein. Sobald die hier Geborenen die Leitung übernehmen, wird es keine Erinnerungen mehr geben, die die Moral untergraben. Dies wird ihr Leben sein, und sie werden ein Ziel haben, etwas, wofür sie kämpfen können... eine ganze Welt, die es wiederzugewinnen gilt. Wenn, Van, wenn wir die Kenntnis der Naturwissenschaften auf dem Doktorandenniveau am Leben erhalten können. Du verstehst, warum, nicht wahr?“