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Entdecker

Herman Chouns war ein Mann, der viel von seinem Riecher hielt. Manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht; das Verhältnis stand ungefähr fünfzig zu fünfzig. Trotzdem, bedenkt man, daß es ein ganzes Universum von Möglichkeiten gibt, aus denen eine richtige Antwort gezogen werden muß, beginnt fünfzig zu fünfzig recht gut auszusehen.

Chouns aber war über die Sache nicht immer so glücklich, wie man hätte meinen können. Es war ihm eine zu große Anspannung. Wenn andere mit einem Problem nicht zurechtkamen, pflegten sie sich an ihn zu wenden und zu sagen: „Was meinen Sie, Chouns? Schalten Sie mal Ihre Intuition ein.“

Und wenn es dann zu einem Fiasko kam, wurde die Verantwortlichkeit selbstverständlich ihm angelastet.

Sein Beruf als Feldforscher machte es noch schlimmer.

„Meinen Sie, daß es sich lohnt, diesen Planeten genauer anzusehen?“ pflegten sie zu sagen. „Was meinen Sie, Chouns?“

Da war es eine Erleichterung, zur Abwechslung einer Zweiergruppe zugeteilt zu werden (was bedeutete, daß die nächste Reise in ein Zielgebiet von geringerer Bedeutung führen und der Druck von oben fehlen würde) und obendrein Allen Smith als Partner zu bekommen.

Smith war so nüchtern wie sein Name. Am ersten Tag draußen sagte er zu Chouns: „Die Sache mit dir ist die, daß du ein gutes Gedächtnis für Einzelheiten hast. Vor ein Problem gestellt, erinnerst du dich an genug kleine Dinge, die uns anderen nicht in den Sinn kommen und die dir eine Entscheidung erleichtern. Da von einem Riecher zu reden, macht es nur geheimnisvoll, und das ist es nicht.“

Er strich sich übers Haar, als er das sagte. Er hatte helles Haar, das wie eine Kappe um seinen Schädel lag.

Chouns, dessen Haar sehr ungebärdig und dessen Nase knollig und ein wenig zur Seite verschoben war, sagte sanft, wie es seine Art war: „Ich denke, vielleicht ist es Telepathie.“

„Was?“

„Bloß eine Spur davon.“

„Unsinn!“ sagte Smith laut und höhnisch, wie es seine Art    war. „Seit tausend Jahren    hat    die    Wissenschaft diesen parapsychologischen Phänomenen nachgejagt und    ist nicht weitergekommen.    Es gibt    keine    Telepathie, genausowenig wie Telekinese oder Hellseherei.“

„Das gebe ich zu, aber denke einmal nach. Wenn ich ein    Bild davon bekomme, was    jeder    in    einer    Gruppe von    Menschen denkt, weiß ich    mehr    als    jedes    einzelne Individuum der Gruppe. Folglich kann ich mir ein besseres Urteil bilden als die anderen - wenigstens in der Theorie.“

„Hast du irgendwelche Indizien dafür, daß es bei dir so ist?“

Chouns richtete seine sanften braunen Augen auf den anderen. „Bloß so eine Ahnung.“

Sie kamen gut miteinander aus. Chouns schätzte die erfrischende Nüchternheit und den praktischen Sinn des anderen, und Smith betrachtete die Spekulationen seines Kollegen mit gönnerhafter Neugierde. Sie waren häufig unterschiedlicher Meinung, stritten jedoch nie.

Selbst als sie ihr Ziel erreichten, einen Kugelhaufen über der Ebene der Galaxis, der noch nie von Menschen besucht worden war, führte die zunehmende Spannung nicht zu einer Klimaverschlechterung.

Smith sagte: „Ich frage mich, was sie zu Hause mit all diesen Daten anfangen. Scheint eine Verschwendung.“

„Die Menschheit beginnt sich gerade erst auszubreiten“, meinte Chouns. „Schwer zu sagen, wie weit sie in einer Million von Jahren oder so kommen wird. Alle Daten, die wir über fremde Welten sammeln können, werden unseren Nachfahren eines Tages zustatten kommen.“

„Du redest wie ein Anwerber für den Außendienst. Meinst du, daß wir in dem Ding was Interessantes finden werden?“ Er zeigte hinaus zu dem nahen Sternhaufen, der wie verschütteter Talkumpuder aussah.

„Vielleicht. Ich habe so ein Gefühl...“ Chouns brach ab, schluckte, zwinkerte einmal oder zweimal und schenkte seinem Kameraden ein schwächliches Lächeln.

Smith schnaubte. „Legen wir einen Kurs durch die nächsten Sterngruppen und sehen wir zu, was wir finden. Ich wette zehn zu eins, daß wir ein Bewohnbarkeitsverhältnis von weniger als 0,2 finden werden.“

„Die Wette verlierst du“, murmelte Chouns. Wieder verspürte er jene rasche, wärmende Erregung, die ihn immer überkam, wenn neue Welten vor ihnen lagen. Sie legten ihren Kurs fest und begannen die Sterne der Umgebung nach Planetensystemen abzusuchen. Die Computer und Meßgeräte taten ihre Arbeit. Die Menge der eingespeicherten Informationen wurde größer und größer, und alles nahm in zufriedenstellender Weise seinen routinierten Gang - bis in unmittelbarer Nähe des Systems Nr. 23 der Schiffsantrieb versagte.

„Komisch“, murmelte Chouns. „Die Schadenanalyse zeigt nicht an, wo der Fehler liegt.“

Er hatte recht. Die Anzeigennadeln taumelten über die Skalen und verweilten niemals lange genug an einer Stelle, daß eine Diagnose möglich gewesen wäre. Infolgedessen konnten sie keine Reparaturen ausführen.

„So was ist mir noch nicht untergekommen“, grollte Smith. „Wir werden alles ausschalten und selbst auf Fehlersuche gehen müssen.“

„Dann können wir es genausogut unter bequemeren Umständen tun“, sagte Chouns, der bereits am Teleskop war. „Die Hilfstriebwerke sind in Ordnung, und dieses System hat zwei anständige Planeten.“

„Ja? Wie anständig, und welche sind es?“

„Der erste und der zweite von vieren: beide WasserSauerstoff. Der erste ein bißchen wärmer und größer als die Erde, der zweite ein bißchen kälter und kleiner. Zufrieden?“

„Leben?“

„Auf beiden. Jedenfalls Vegetation.“

Smith grunzte. Daran war nichts Überraschendes; Vegetation war auf Wasser-Sauerstoff-Welten eine häufige Erscheinung. Und anders als tierisches Leben, konnte Vegetation spektroskopisch ausgemacht werden. Nur vier fotochemische Pigmente waren je in pflanzlichen Formen gefunden worden, und jede ließ sich aus der Natur des Lichtes bestimmen, das es reflektierte.

Chouns sagte: „Die Vegetation ist auf beiden Planeten vom Chlorophylttyp, nicht weniger. Es wird genau wie zu Hause sein; richtig gemütlich.“

„Welcher ist näher?“

„Nummer zwei, und wir sind schon unterwegs. Ich habe das Gefühl, daß es ein hübscher Planet sein wird.“

„Das beurteile ich lieber nach den Instrumenten, wenn es dir nichts ausmacht“, sagte Smith.

Aber dies schien einer der Fälle zu sein, in denen Chouns den richtigen Riecher hatte. Der Planet war mild und heiter, mit einer sehr gleichmäßigen Verteilung von Land und Wasser, die ein Klima von geringen Temperaturschwankungen erwarten ließ. Die Gebirgszüge waren niedrig und gerundet, und die Verteilung der Vegetation ließ auf hohe und verbreitete Fruchtbarkeit schließen.

Chouns hatte die Handsteuerung eingeschaltet und bereitete die Landung vor. Sein Gefährte wurde ungeduldig. „Wozu suchst du so lange herum? Eine Stelle ist wie die andere.“

„Ich suche nach einem kahlen Flecken“, sagte Chouns. „Wozu einen halben Hektar Pflanzenleben verbrennen?“

„Und wie, wenn du es tätest?“

„Und was, wenn ich es nicht tue?“ sagte Chouns und fand seine freie Fläche.

Dann erst, nach der Landung, bemerkten sie, wohinein sie geraten waren.

Tierisches Leben kam viel seltener vor als Vegetation, und noch viel seltener war ein Schimmer von Intelligenz; doch hier, keinen Kilometer vom Landeplatz entfernt, gab es eine Ansammlung niedriger, schilfgedeckter Hütten, die offensichtlich das Produkt einer beachtlichen Intelligenz darstellten.