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Nachdem ich solcherart in Büchern fruchtbar geworden war und einen Anfang in Richtung Automobile und Nachkommenschaft gemacht hatte, war ich zu allem bereit und begann alle Arten von Aufträgen anzunehmen.

Unter den zahlreichen Science-Fiction-Zeitschriften der frühen fünfziger Jahre gab es eine, die „Marvel Science Fiction“ betitelt war. Es handelte sich um die Reinkarnation einer früheren, gleichnamigen Zeitschrift, von der zwischen 1938 und 1941 neun Ausgaben erschienen waren. Diese frühere Zeitschrift war auf Geschichten spezialisiert gewesen, die in einer ziemlich schwerfälligen und albernen Weise sexbetont waren.

Nachdem „Marvel“ 1950 wiederbelebt worden war (auch diesmal ging es nach wenigen Ausgaben ein), wurde ich um einen Beitrag gebeten. Ich hätte mich an die geschmacklose Geschichte der Zeitschrift erinnern und den Beitrag verweigern sollen, aber ich dachte an eine Geschichte, die zu schreiben ich mich nicht enthalten konnte, weil ich - wie alle meine Bekannten wissen - ein unverbesserlicher Witzbold bin. Die Geschichte hieß SHAH GUIDO G. und erschien im November 1951 in „Marvel“.

Schah Guido G.

Philo Plat kehrte jedes Jahr einmal zum Schauplatz seines Verbrechens zurück. Es war eine Form von Buße. An jedem Jahrestag erstieg er den kahlen Höhenzug und überblickte die Quadratkilometer aus zerschmettertem Metall, Beton und Knochen.

Die Gegend war menschenleere Wüste, und das trok-kene Klima hatte die Metallfetzen blank und unverrostet bewahrt, wild gezackt, in hilfloser Wut gebleckten Zähnen gleich. Irgendwo unter dem Trümmerfeld waren die Skelette der Tausende von Menschen beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen, die hier den Tod gefunden hatten. Jedesmal, wenn Plat hier oben stand, bildete er sich ein, daß die Schädel anklagend ihre leeren Augenhöhlen auf ihn richteten und ihn verfluchten.

Der Gestank war seit langem aus der trockenen Wüstenluft gewichen, und die Eidechsen siedelten ungestört im Trümmerfeld. Kein Mensch näherte sich je dem eingezäunten Begräbnisplatz, wo in dem vom Absturz geschlagenen Krater lag, was von den Körpern übriggeblieben war.

Nur Plat kam hierher. Jahr um Jahr kehrte er wieder, und immer hatte er das goldene Medaillon bei sich, als wolle er damit den bösen Blick aus so vielen zertrümmerten Totenschädeln abwehren. Er trug es um den Hals, als er auf dem Kamm stand, und die blitzende goldene Scheibe zeigte klar die sauber gravierten Worte: DEM BEFREIER!

Diesmal war Fulton bei ihm. In den Tagen vor dem Absturz, als es noch Höhere und Niedrige gegeben hatte, war Fulton ein Niedriger gewesen.

Fulton sagte: „Ich bin sehr erstaunt, daß du noch immer darauf bestehst, hierherzukommen, Philo.“

Plat sagte: „Ich muß. Du weißt, der Absturz wurde Hunderte von Kilometern weit gehört; Seismographen auf der ganzen Erde registrierten ihn. Meine Maschine war direkt darüber, und die Schockwellen schleuderten mich kilometerweit. Doch wenn es um Geräusche geht, kann ich mich nur an diesen einen zusammengesetzten Schrei erinnern, als Atlantis zu fallen begann.“

„Es mußte getan werden.“

„Worte“, seufzte Plat. „Es gab Säuglinge und Unschuldige unter ihnen.“

„Niemand ist schuldlos.“

„Auch ich bin es nicht. War es gerecht, daß ich der Scharfrichter sein sollte?“

„Jemand mußte es sein“, sagte Fulton mit fester Stimme. „Betrachte die Welt, wie sie jetzt ist, fünfundzwanzig Jahre später. Die Demokratie wiederhergestellt, Kultur und Bildung den Massen zugänglich, die Wissenschaften wieder im Aufschwung. Zwei Forschungsexpeditionen sind auf dem Mars gelandet.“

„Ich weiß. Ich weiß. Aber auch das war eine Kultur. Sie nannten es Atlantis, weil es eine Insel war, die die Welt beherrschte. Es war eine Insel im Himmel, nicht im Meer. Es war zugleich eine Stadt und eine Welt, Fulton. Du hast ihre Großartigkeit nie gesehen, Fulton.

Atlantis war ein einziges Juwel, geschnitten aus Stein und Metall. Es war ein Traum.“

„Es war konzentrierte Verschwendung und Prunksucht, genährt vom Schweiß der Milliarden gewöhnlicher Leute, die auf der Oberfläche lebten und schufteten.“

„Ja, du hast recht. Es war notwendig. Aber es hätte so anders sein können, Fulton. Weißt du“, fuhr er nachdenklich fort, während er sich auf den harten Felsboden niedersetzte, die Arme auf den Knien kreuzte und das Kinn auf sie stützte, „manchmal denke ich darüber nach, wie es in den alten Zeiten gewesen sein muß, als es auf der Erde Nationen und Kriege gab. Ich stelle mir vor, welch ein Wunder es für die Menschen gewesen sein muß, als die Vereinten Nationen zu einer wirklichen Weltregierung wurden, und was Atlantis ihnen bedeutet haben muß.

Es war eine Hauptstadt, die die Erde beherrschte, aber nicht Teil von ihr war. Es war eine schwarze Scheibe in der Luft, fähig, überall auf Erden in jeder Höhe zu erscheinen. Es gehörte keiner einzelnen Nation, sondern dem ganzen Planeten. Und schließlich war es das Ergebnis nicht irgendeiner nationalen Technologie, sondern die erste große Gemeinschaftsleistung der Menschheit. Und wenn ich dann bedenke, was daraus wurde!“

Fulton sagte: „Sollten wir nicht lieber gehen? Es wäre gut, wenn wir vor Dunkelwerden zur Maschine zurückkämen.“

Plat fuhr fort, als habe er nicht gehört. „In einer Weise war es wohl unvermeidlich. Die Menschheit hat niemals eine Institution hervorgebracht, die nicht als ein Krebsgeschwür endete. Der Medizinmann, der in prähistorischer Zeit als Verwahrungsort für die Weisheit des Stammes anfing, wurde schließlich zum letzten Hindernis für die Weiterentwicklung der Gemeinschaft. Und im alten Rom verwandelte sich die Bürgermiliz ...“

Fulton ließ ihn reden. Es war wie ein seltsames Echo aus versunkener Zeit. Und als er Plat geduldig beobachtete, kam ihm der Gedanke, daß auch in jenen Tagen geduldig abwartende Blicke auf ihm geruht hatten, während er gesprochen hatte.

„ ... die mit Erfolg gegen alle Feinde Roms von Veji bis Karthago gekämpft hatte, in die berufsmäßige Prätorianergarde, die das Imperium verkaufte und Tribut eintrieb.    Die Türken    entwickelten    die    Janitscharen-

truppe als ihre unbesiegbare Eliteeinheit gegen Europa, und schließlich war der Sultan selbst eine Marionette in den    Händen seiner    Janitscharen.    Die    Feudalherren

des mittelalterlichen Europa schützten ihre Leibeigenen und abhängigen Hintersassen gegen die Wikinger und die    Mongolen und    Ungarn, um    weitere sechshun

dert Jahre als eine Parasitenaristokratie zu herrschen, die Land und Bewohner ausbeutete.“

Plat wurde sich der geduldigen Augen bewußt und sagte: „Verstehst du mich nicht?“

Einer von den kühneren Technikern sagte: „Mit Eurer Erlaubnis, Höherer, wir müssen an die Arbeit gehen.“

„Ja, das ist richtig.“

Der Techniker bedauerte, daß er ihn daran erinnern mußte. Dieser Höhere war ein komischer Typ, aber er meinte es gut. Obwohl er ziemlich viel Unsinn redete, erkundigte er sich auch nach ihren Familien, sagte ihnen, daß sie feine Kerle seien und ihre Arbeit sie zu besseren und nützlicheren Mitgliedern der Gesellschaft mache als die Höheren.

Also räusperte er sich und erklärte: „Seht Ihr, es ist eine weitere Ladung Granit und Stahl für das neue Theater eingetroffen, und wir müssen die Energieverteilung ändern. Es wird immer schwieriger, das zu tun. Die Höheren wollen nicht auf uns hören.“

„Nun, das versuchte ich dir die ganze Zeit klarzumachen, mein Freund. Ihr sollt die Höheren dazu bringen, daß sie auf euch hören.“