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Anzeichen für ein endgültiges Versagen der Automaten stellten sich nicht ein. Sie arbeiteten, wenn auch mit häufigen Unterbrechungen, nach wie vor. Allmählich schöpften die drei wieder Hoffnung.

Wer weiß! dachte ein jeder von ihnen, vielleicht arbeiten sie noch die ganzen drei Monate so weiter.

Die beiden Sauerstoffflaschen blieben unangetastet.

Die drei Männer erwachten zu neuem Leben. Wie vorher führten sie häufige und lange Gespräche, aßen sie mit Appetit.

Und wie vorher rationierten sie das Wasser.

Die Eigenschaft des Menschen, sich beliebigen Bedingungen anzupassen und sich sogar an den Todesgedanken zu gewöhnen, ist erstaunlich. Erstaunlich und schwer zu erklären.

Der (irdische) Morgen des fünfzehnten Tages fiel mit dem Morgen auf der Ceres zusammen. Über dem Raumschiff und dem fernen Moskau ging die Sonne zu gleicher Zeit auf. Zufällig erwachten die Kosmonauten auch gerade in diesem Augenblick.

Belopolski, dem das Zusammentreffen nicht entgangen war, machte seine Kameraden darauf aufmerksam.

„Moskau!“ seufzte Wtorow. „Sonnenaufgang auf der Erde!

Morgen und blauer Himmel mit rosa Wolken!“ Er hob das Gesicht zum sternenübersäten schwarzen Cereshimmel und sprang plötzlich, wie von der Tarantel gestochen, auf.

Auch Belopolski und Korzewski sprangen aus ihren Hängematten.

Mit atemberaubender Schnelligkeit war etwas über sie hinweggejagt. Sie sahen nur noch eine feurige Linie am nahen Horizont — als sei in der sie umgebenden Leere ein langer Blitz aufgeflammt.

„Ein Meteor!“ schrie Korzewski.

Belopolski wurde blaß.

„Ein Meteor?“ fragte er mit gepreßter Stimme. „Meteore hinterlassen eine feurige Spur, wenn sie in der Atmosphäre verglühen, sie verbrennen durch die Reibung mit der Luft. Aber hier gibt es keine Luft, keine Atmosphäre.“

„Was ist es dann?“ Belopolski gab keine Antwort. Er starrte in die Richtung, in der der unbekannte Gegenstand verschwunden war. Langsam kehrte wieder Farbe in sein Gesicht zurück.

„Das ist doch nicht möglich!“ flüsterten seine Lippen lautlos.

Eine törichte Hoffnung bemächtigte sich der dem Untergang geweihten Männer. Sie keuchten vor Erregung; die Spannung schien unerträglich.

Alle drei standen regungslos da und wandten kein Auge vom Horizont, als hofften sie, der unbekannte Körper, dessen mögliche Bezeichnung sie nicht einmal in Gedanken auszusprechen wagten, kehrte zurück.

Er kehrte nicht zurück.

Etwa drei Minuten vergingen. Da huschte wieder etwas in derselben Richtung über sie hinweg. An derselben Stelle tauchte ein Feuerschweif auf und verschwand wieder — zum zweitenmal war es wie das Aufflammen eines Blitzes

„Es besteht kein Zweifel“, sagte Belopolski. „Aber wieso?

Woher?“

„Ein Raumschiff, ein Raumschiff!“ schrie Wtorow.

Der Körper huschte zum drittenmal über sie hinweg. In den Strahlen der Sonne sahen sie einen länglichen Rumpf aufblitzen.

Diese Form war ihnen nur zu gut bekannt.

Das Raumschiff überflog sie ein viertes, fünftes und sechstes Mal.

Wo mochte es herkommen? In fünfzehn Tagen konnte es unmöglich von der Erde zur Ceres gelangt sein.

Sein Flug wurde immer langsamer. Es schien landen zu wollen.

Wußte der Kommandant, daß auf diesem Planeten drei Menschen der Hilfe bedurften? Oder war er zufällig hier aufgetaucht, ohne etwas vom Schicksal des „Phaetonen“ zu ahnen?

Belopolski war bekannt, daß seinerzeit auf der Erde für die nächsten Monate kein einziger Raumschiffstart geplant gewesen war. Nur die „SSSR-KS 3“ sollte unterwegs sein, aber die war ja zurückgekehrt.

Was für ein Schiff war dies also? Vielleicht war die „SSSR-KS 3“ ihnen doch gefolgt? Die Rumpfform schien im großen und ganzen die gleiche, aber Belopolski kam es so vor, als sei sie ein wenig länger und schmaler.

Nein, das war nicht die „SSSR-KS 3“!

Das fremde Schiff kreiste weiter um die Ceres. Es flog jetzt mit der Geschwindigkeit eines Düsenflugzeuges, immer noch zu schnell, um es deutlich erkennen zu können. Von einem Horizont der Ceres bis zum anderen war es nicht weit.

Wo würde es niedergehen? Sah sein Kommandant auf der silbrigen Ebene die gelbgrauen Ringe des „Phaetonen“? Zwar flog es jedesmal unmittelbar über sie hinweg, doch auch das konnte Zufall sein.

Aber vielleicht dachte der Kommandant des Raumschiffs gar nicht daran, zu landen? Vielleicht würde er, nachdem er den Planeten mit verringerter Geschwindigkeit umkreist und betrachtet hatte, seinen Flug fortsetzen. Weshalb sollte ’er auch landen, wenn er nichts von der Anwesenheit des „Phaetonen“ ahnte?

„Vielleicht ist das gar kein Raumschiff von der Erde“, sagte Wtorow plötzlich.

„Es könnte natürlich sein“, sagte Belopolski, ohne seine Worte zu beachten, „daß in irgendeinem Lande ein Raumflug ohne Wissen des Kosmischen Instituts beschlossen wurde. Dann ist das Schiri jedoch schon lange unterwegs, und sein Kommandant weiß nichts vom ›Phaetonen‹. Jedenfalls ist er nicht unseretwegen hierhergeflogen. Die Entfernung konnte er unmöglich in so kurzer Zeit zurücklegen.“ Wieder tauchte das Raumschiff am Horizont auf. Jetzt flog es schon ganz langsam und blieb ununterbrochen sichtbar. Es zog weite Kreise über dem „Phaetonen“, als wolle es damit zeigen, daß es ihn sah.

Der Metallrumpf glänzte matt in der Sonne. Bei dem Fehlen einer Atmosphäre war die unbeleuchtete Seite jedoch nicht zu sehen, und es schien, als fliege über der Ceres nur eine groteske Raumschiffhälfte.

Die Form ließ keine Zweifel, daß es sich um ein irdisches Raumschiff handelte. Belopolski hatte sich nicht geirrt: es war länger und schmaler als die „SSSR-KS 3“.

„Ich kann mich nicht erinnern, in welchem Lande sie solche Schiffe bauen“, sagte Belopolski. „Einen Rumpf von solcher Länge habe ich noch nicht gesehen.“

„Worauf warten wir noch!“ meinte Wtorow. „Sie landen gleich. Wir müssen ihnen entgegengehen.“ Rasch zogen sie die Raumanzüge an.

Als sie die zentrale Kugel verließen, setzte das rätselhafte Schiff gerade mit ebensolchen „Pfoten“, wie sie die „SSSR-KS 3“ hatte, auf.

Sein mächtiger Rumpf überragte die niedrigen Ringe des „Phaetonen“ beträchtlich. An der Spitze leuchtete in goldenen Lettern der Name.

Er lautete „Prince of Wales“.

Darunter stand: „Großbritannien.“

Am Ziel

Sobald Melnikows und Belopolskis Entschluß, den „Phaetonen“ zur Ceres zu steuern, auf der Erde bekannt wurde, erfaßte alle Mitarbeiter der Raumfahrt Unruhe und Besorgnis.

Bald folgte die Meldung, daß der „Phaetone“ seine Geschwindigkeit auf einhundertzwanzig Kilometer in der Sekunde gesteigert habe.

Allen war klar, daß keine Veranlassung bestand, in die gänzlich unbekannte phaetonische Technik so große Erwartungen zu setzen und sie für unbegrenzt leistungsfähig zu halten. Alle sahen auch die drohende Gefahr, in der die drei Männer schwebten.

Es drängte sich die Frage auf, wie es hatte geschehen können, daß Melnikow und Belopolski einen derart entscheidenden Umstand nicht bedachten. Wie konnte die an und für sich verständliche Sorge um die Erhaltung des Phaetonen sie gegenüber elementarer Logik so blind machen?

Man erinnerte sich der Behauptungen verschiedener Wissenschaftler, die noch während der Vorbereitungsperiode kosmischer Flüge über den Einfluß des Kosmos auf die Psyche des Menschen geschrieben hatten.

Die Bedingungen des interplanetaren Fluges seien ungewöhnlich, die Verhältnisse außerhalb des Bereichs der Erde fremd, hatten sie behauptet. Generation um Generation habe der Mensch Zehn-, ja Hunderttausende von Jahren auf der Erde gelebt, und das Bewußtsein ihrer ständigen Gegenwart sei tief in ihm verwurzelt. Das in Jahrtausenden Gewachsene lasse sich schwer ausmerzen. Es sei nicht leicht, auf der Erde zu gehen. Aber sobald der Mensch den Schritt ins Weltall gewagt habe, müsse er auch dort „gehen“ lernen.