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„Meinen Sie, die sitzen die ganze Zeit am Empfänger?“ Belopolski warf einen Blick auf Toporkow und verließ, ohne auf die Frage zu antworten, achselzuckend die Kabine.

Er hat recht, sagte sich der Ingenieur im stillen. Ich habe eine törichte Frage gestellt.

Die Unterbrechung der Funkverbindung war für die Menschen auf der Erde bedeutend qualvoller als für die Sternfahrer, die ja wußten, daß es auf der Erde kaum überraschende Zwischenfälle geben würde, für die Erde aber konnte das Schweigen des Schiffes bedeuten, daß auf der Venus eine Katastrophe eingetreten war. Waren bislang in der Funkstation die Empfänger nur zu den vereinbarten Stunden besetzt, wurde nun pausenlos gewacht. Anders konnte es nicht sein.

Sobald Andrejew das Ergebnis seiner Analyse ermittelt und Belopolski mitgeteilt hatte, konzentrierten sich aller Gedanken aiif die Entsendung der ersten Erkundungsgruppe. Aus Vorsicht sollte sie nur aus vier Mann bestehen: Belopolski, Balandin, Korzewski und natürlich Wtorow mit seiner Filmkamera.

Die Luftanalyse war wenig trostreich. Es gab so viel Kohlensäure und Formaldehyd, daß von einem Aussteigen ohne Atemmaske nicht die Rede sein konnte.

Die Temperaturmessung der Außenluft während des Fluges hatte unterschiedliche Ergebnisse erbracht. Von vierzig bis zu zweiundneunzig Grad über Null. An der Oberfläche der Bucht zeigte das Thermometer dreiundfünfzig Grad Wärme an. Wahrscheinlich würde die Temperatur im Laufe des Tages steigen, aber vorläufig konnten die Männer noch ohne ihre Kühlanzüge auskommen.

Belopolskis Gruppe sollte die Ufer untersuchen und feststellen, ob ein Geländewagen eingesetzt werden könnte, außerdem sollte sie die eigentümliche Vegetation ergründen.

Die Atemmasken, die eigens für den Aufenthalt in der Venusatmosphäre nach einem kombinierten Filter- und Isolierverfahren konstruiert worden waren, boten ausreichenden Schutz. Ein Filter aus dem Salz des schwefelsauren Natrons reinigte die Luft von Kohlenoxydgasen und Formaldehyd. Ein Behälter, den jeder Forscher auf dem Rücken trug, reicherte die Luft außerdem mit Sauerstoff an, der jedoch dank diesem Verfahren in verhältnismäßig geringer Menge gebraucht wurde.

Der Helm war eine durchsichtige Quarzhaube, die hermetisch mit dem Kragen der Kombination abschloß. In den Helm waren ein Mikrofon, ein Lautsprecher sowie eine winzige automatische Apparatur zum Luftgeben und zur Ableitung der Atemrückstände eingebaut.

Eine Miniaturfunkstation trug jeder am Gürtel, eine starre Antenne auf dem Rücken neben dem Sauerstoffbehälter. Sie war absichtlich ziemlich lang gehalten und endete über dem Kopf.

Die Schuhsohlen waren mit Metallplatten benagelt, von denen elastische Drähte zum Anzug führten und am Fuß der Antenne endeten. Die Entfernung zwischen Antenne und Erdleitung, genau ein Millimeter, diente als Spannungsschutz. Der Spezialanzug schützte den Menschen weitgehend davor, vom Blitz getroffen zu werden.

Die Expeditionsmitglieder hatten schon auf der Erde ein Spezialtraining für den Aufenthalt auf der Venus absolviert. Sie hatten bei hoher Temperatur übungsweise gearbeitet. Daher fürchteten sie sich nicht vor der tropischen Hitze, die sie draußen erwartete.

Auch Ultraschalldolche waren nicht vergessen worden, mit denen man leicht und schnell Lianen und andere Hindernisse organischer Natur beseitigen konnte, wenn sie den Weg versperrten; außerdem rüsteten sich die vier Mann mit dicken Tauen und Bergstöcken aus, die zugleich als Elektrovibratoren dienten — sie brauchten bloß durch einen Draht mit der Batterie des Funkgeräts verbunden zu werden. Ebenso wie am Raumanzug war oben am Helm ein kleiner Scheinwerfer angebracht, für den Fall, daß man auf eine dunkle Höhle stieß. Die Nacht drohte nicht so überraschend hereinzubrechen wie auf der Arsena; die Bucht war gerade erst in den Bereich des Tages gerückt, und vor anderthalb Erdenwochen würde es nicht Abend werden.

So ausgerüstet, gingen die vier Sternfahrer in die Luftschleuse.

„Sind die Anzüge in Ordnung?“ fragte Belopolski. „Die Luftzufuhr?“

„Normal“, antworteten alle der Reihe nach.

„Anfrage an die Steuerzentrale! Wie steht’s mit dem hermetischen Türverschluß?“

„Zeigt Grün“, antwortete Melnikow — er meinte die Farbe des Kontrollämpchens.

„Und die Treppe?“

„Ist ausgefahren.“

„Ich öffne!“ Die zweiflügelige Tür verschwand nach beiden Seiten. Sogar durch das dicke Gewebe der Kombination hindurch spürten die Männer, wie ihnen feuchtheiße Luft entgegenschlug. Eine Dunstwolke wälzte sich in die Schleusenkammer.

Dicht unter dem Ausgang plätscherte das Wasser des Fjordes, in dessen dunkler Tiefe sich verschwommen die Umrisse seltsamer Gebilde, Pflanzen oder Felsenklippen, abzeichneten. Durch den Helm hindurch waren von allen Seiten bald nahe, bald ferne ohrenbetäubende Donnerschläge zu hören. Von Zeit zu Zeit mußten die Männer vor grellen Blitzen, die in der Nähe einschlugen, die Augen schließen. In hundert Meter Entfernung zeichnete sich das ersehnte Ufer ab, ein hoher Steilhang, den malerisch der orangerote Wald krönte.

„Auf der Arsena wären wir mit einem Satz an Land gewesen“, sagte Wtorow.

Niemand antwortete auf die humorige Bemerkung. Voll verhaltener Erregung betrachteten die Sternfahrer stumm die Landschaft, die sich vor ihnen breitete.

Unterhalb der Luftschleuse öffnete sich die Tür eines Hangars, in dem ein Elektro-Motorboot hing. Es hatte ein durchsichtiges Plastedach, das sich beim Einstieg auseinanderschob.

Wtorow setzte die Treppe an, und die vier Mann gingen an Bord des kleinen Wasserfahrzeugs, das bequem acht Passagiere aufnehmen konnte. Vom Steuerpult aus wurden die Haltetrosse gefiert, und das Boot glitt behende ins Wasser.

Sogleich hielt Balandin seine Hand, die in einem dünnen Handschuh steckte, ins Wasser. Er empfand es weder als warm noch als kalt, also glich die Wassertemperatur annähernd der Körpertemperatur des Menschen. Das Thermometer bestätigte dies; es zeigte 37,2 Grad an. Der Professor füllte vorher bereitgestellte Flaschen und verschloß sie sorgfältig mit Glaskorken.

Korzewski übernahm die Aufgaben des Maschinisten. Er schaltete den Motor ein, und das Boot löste sich langsam vom Schiff.

Wtorow spähte emsig durch den Sucher seiner Kamera und filmte den historischen Augenblick: Die erste Expedition auf der Venus bricht auf.

Zwanzig Meter vom Ufer entfernt stoppte das Boot. Das Ufer fiel steil zum Wasser hin ab. Nirgends war eine Stelle zu entdecken, an der man hätte an Land gelangen können. Ganz oben waren die Ränder der gelben Büsche zu sehen, die auch vom Boot aus wie eine dichte, schwammige Masse wirkten. Über ihnen reckten sich die Stämme der Bäume himmelwärts; die Wolken schienen ihre reglosen Wipfel zu berühren.

Blendend hell zuckte ein Blitz auf und schlug am gegenüberliegenden Ufer ein; ohrenbetäubender Donner rollte über den Wald dahin. Die vier Forscher konnten gerade noch das Plastedach zusammenschieben, als auch schon ein ungeheurer Regenguß herniederprasselte. Eine Gewitterfront, wie das Raumschiff sie soeben erst durchflogen hatte, zog über der Bucht herauf und tauchte alles mit Augenblickes Schnelle in völlige Finsternis.

Das Schiff, das Ufer, der Himmel — alles entschwand den Blicken. Die Männer sahen weder das Wasser noch das Boot, sahen einander selber nicht mehr. Sie fühlten nur, wie ihr Boot unter der Last der stürzenden Wassermassen erbebte. Falls das Plastedach dem Ansturm des Wassers nicht standhielt, mußte das Boot augenblicklich untergehen.

Fast gleichzeitig flammten die Scheinwerfer an den Helmen Belopolskis und Balandins auf. Ihr Licht fiel auf gurgelnden, weißen Schaum rings um das Boot und auf die Sturzbäche des Wolkenbruches, der ununterscheidbar mit einem ungestümen Wasserfall verschmolz, der sich dicht neben ihnen von der Höhe des Ufers in die Bucht ergoß.