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Trotz des ganz natürlichen Wunsches, möglichst gut und vollständig das zu erforschen, was noch nie ein Mensch erforscht hatte, trieb jedoch der Gedanke an die Erde die Besatzungsmitglieder zur Eile an.

Alle fühlten sich durch die Unterbrechung der Funkverbindung bedrückt. Das Bewußtsein, daß die Angehörigen auf der Erde unter schrecklicher Ungewißheit litten, war quälend. Unablässige Arbeit half am besten, mit der zermürbenden Sehnsucht fertig zu werden. Andrejew mußte sich oft an Belopolski oder Melnikow wenden, damit der festgesetzte Ablauf des Tages und vor allem der Nacht eingehalten wurde. Die Besatzung war zu bestimmten Stunden verpflichtet, sich schlafen zu legen, aber fast täglich versuchte jemand, gegen diese Regel zu verstoßen.

Außerhalb des Schiffes herrschte „ewiger“ Tag, neblige Dämmerung, die kein einziger Sonnenstrahl durcheilte. Fast stündlich wurde diese Tagähnlichkeit durch die totale Finsternis tobender Gewitter abgelöst. Bei einigen Expeditionsmitgliedern tiaten die ersten Anzeichen von Nervosität auf. Andrejew und Korzewski führten obligatorische therapeutische Maßnahmen durch, denen sich alle ohne Ausnahme jeden Tag unterziehen mußten. Besonders häufig versuchten Toporkow, Knjasew und Wtorow, der die Lianenumarmung übrigens gut überstanden hatte, sich vor diesen Maßnahmen zu drücken, aber die Kommandanten des Schiffes schritten energisch dagegen ein. Die Gesunderhaltung gehörte zu den wichtigsten Aufgaben. Belopolski und Melnikow, die sich selbst ausgezeichnet fühlten, kamen als erste in die Klinik und gaben damit den anderen ein Beispiel.

„Die Lebensbedingungen auf der Venus sind so ungewöhnlich für uns“, erklärte Andrejew denjenigen, die an der Notwendigkeit derartiger Maßnahmen zweifelten, „daß sich ganz unbemerkt ein Leiden einschleichen kann. Das Nervensystem entscheidet alles. Wenn es in Ordnung ist, bleiben den Menschen viele Unannehmlichkeiten erspart.“

„Ich bin so gesund wie noch nie“, sagte Toporkow.

„Reden Sie sich nicht heraus! Sie sind hier nicht auf der Erde.“ Die nähere Umgebung des Raumschiffes war schon gründlich untersucht worden, und die Kühlschränke bargen umfangreiche Kollektionen von Mustern der Fauna und Flora der Insel. Die Sternfahrer hatten sich mit der Heimtücke der Venusbewohner vertraut gemacht, und der beinahe tragisch ausgelaufene Zwischenfall wiederholte sich nicht mehr.

Von Tag zu Tag verlor das Betreten des Ufers an Gefährlichkeit. Je höher die unsichtbare Sonne über den Horizont stieg, desto deutlicher sah man das Leben ersterben. Immer langsamer bewegten sich die vermeintlichen Lianen, Bänder und Aktinien.

Man mußte ganz dicht an sie herantreten, um noch Reaktionen hervorzurufen, die aber auch von Stunde zu Stunde matter wurden. Die Natur schlief vor den Augen der Erdbewohner gleichsam ein. Auch durch die häufigen Regengüsse wurde sie nicht lebendiger, wie dies am frühen Morgen noch der Fall gewesen war. Unerschrocken drangen die Wissenschaftler tiefer in das Dickicht des wundersamen Waldes ein.

Vor den Gewittern mußten sie sich nach wie vor in acht nehmen. Aber dank Toporkow schwanden auch die Schrecken dieser Gefahr fast völlig. Igor Dmitrijewitsch hatte die elektrischen Eigenschaften der Gewitterfronten untersucht und festgestellt, daß die Ionisierung der Luft, die ihn im Zusammenhang mit dem Geheimnis des Radioechos besonders interessierte, lange Zeit vor einem Gewitter begann und zunahm, je mehr es sich näherte. Das brachte ihn auf den Gedanken, die Ionisierung als Wettervorhersage zu nutzen. Er baute mit Saizews Hilfe ein einfaches Gerät, ein elektrisches Barometer, von dem man das Nahen eines Gewitters schon eine Viertelstunde vorher mit großer Genauigkeit ablesen konnte.

Solch ein Gewittermelder konnte gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er gab den Wissenschaftlern buchstäblich die Hand frei.

Belopolski ließ sofort mehrere solcher Barometer anfertigen.

Sie wurden auf dem zentralen Steuerpult, in der Funkkabine und in den Luftschleusen aufgestellt.

Von nun an wußten die Sternfahrer stets, wann ein Gewitter heraufzog. Sobald das Gerät erhöhte Ionisierung der Luft anzeigte, wurde vom Schiff aus ein Warnsignal abgegeben, und alle, die sich am Ufer aufhielten, eilten darauf schleunigst in die Luftschleusen.

Die entsetzlichen Regengüsse überraschten nicht ein einziges Mal ein Expeditionsmitglied außerhalb des Schiffes.

Die Temperatur der Außenluft stieg unaufhaltsam. Am fünften Tag zeigte das Thermometer siebzig Grad plus an. Der Dunst, der vom Wasser aufstieg, verwandelte sich allmählich in Nebel. Die Astronauten mußten ihre Kühlanzüge anziehen.

Bemerkenswert war, daß diese Anzüge sehr leicht und einlach waren. Die auf der Venus in großen Mengen anfallende Kohlensäure diente nämlich als Kühlmittel. Das Absinken der Temperatur innerhalb des Anzuges wurde mit Hilfe der Kompressionsmethode durch Verdunsten der Kohlensäure erreicht.

Natürlich waren Halbleiterbatterien, die bei kleinem Umfang in bedeutender Menge Elektroenergie erzeugen, für den Bau einer Kompressionsvorrichtung wie dieser, die sogar in einen kleinen Tornister paßte, Voraussetzung. Aber stets sind die Errungenschaften der Wissenschaft eng mit dem Niveau der Technik verknüpft.

Belopolski ließ beschleunigt eine Startbahn für Flugzeuge anlegen. Er wollte die Insel von oben betrachten und gleichzeitig versuchen, ein Festland ausfindig zu machen. Am Ufer der Insel hatte man Spuren entdeckt, die deutlich darauf hinwiesen, daß die Flut hier sehr hoch stieg. Das diente nach Balandins Meinung als Beweis für die Nähe eines Festlandes. Auf hoher See, fern von anderen Ufern, konnte die Flut nicht so hoch steigen.

Mit der Anlage einer Startbahn wurden Paitschadse, Wtorow, Romanow und Knjasew beauftragt. Saizew leitete die Arbeit.

Als Flugfeld konnte die Bucht dienen; die Düsenflugzeuge, die an Bord von „SSSR-KS 3“ mitgeführt wurden, waren alle Wasserflugzeuge. Es tauchte jedoch die Frage auf, wo sie montiert und vor allem wo sie untergestellt werden sollten. Auf dem Wasser würde das erste beste Gewitter ihre Tragflächen zerschmettern. Deshalb wurde beschlossen, einen geschützten Hangar zu bauen und ihn mit einer Vorrichtung zum Wassern der Flugzeuge vorm Start sowie zur Wiederaufnahme nach der Landung zu versehen.

Das war eine schwierige Aufgabe, wenn man die Höhe des Ufers und die unzähligen Schwammsträucher und Korallenbäume berücksichtigte. Aber Zähigkeit und Erfindergeist siegten.

Mit Flammenwerfern und mächtigen Ultraschallgeräten vernichteten sie auf einer Fläche von dreihundert Quadratmetern alles, was das Ufer bedeckte. Mit Stücken der Korallenbäume schütteten sie die zahlreichen Gruben zu. Über diesem Platz errichteten sie ein festes Dach, das an einigen Stammen befestigt wurde, die eigens zu diesem Zweck nicht gefallt worden waren.

Gezielte Sprengungen rissen einen Teil des Ufers ein, so daß ein schräger Hang entstand. Als sie dann noch eine Elektrowinde aufgestellt hatten, war der Flughafen fertig.

Zwar drückten Regengüsse das Dach noch mehrmals ein, und es mußte neu errichtet werden. Aber schließlich konnten selbst die schrecklichsten Gewitter dem Hangar nichts mehr anhaben.

Das Wasserflugzeug im Hangar unterzustellen war nun nicht mehr schwierig. Es wurde ans Ufer bugsiert und mit der Winde den Hang hinaufgezogen. An der Montage und Anbringung der Tragflächen beteiligten sich fast alle Besatzungsmitglieder.

Am sechsten Tag, dem 15. Juli, stand die Maschine startbereit.

Belopolski beauftragte Melnikow und Wtorow mit dem ersten Flug. Sie sollten die Insel aus der Luft fotografieren.

Balandin und Korzewski hatten während dieser Tage vergeblich versucht, Wassertiere zu fangen. Ihre Netze blieben leer.

Aber zweifellos gab es im Ozean der Venus schwimmende Lebewesen; denn sonst wäre das Verhalten der Aktinien und der anderen Organismen an Land schwerlich zu erklären gewesen.