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Sie waren noch zweihundert Meter über dem Ozean.

Ein schrecklicher Schlag rüttelte am Flugzeug. Das ohrenbetäubende Gepolter einer elektrischen Entladung … eine grelle Stichflamme…

Die Triebwerke blieben stehen.

Wie zum Hohn hörte ausgerechnet in diesem Augenblick das Gewitter auf. Die unheilverkündenden Wolken zogen ab.

Der letzte Blitz des abziehenden Gewitters hatte in die Düsentriebwerke eingeschlagen! Hilflos trudelte das Flugzeug, kippte vornüber und schoß wie ein Pfeil in die Tiefe.

Melnikow verlor nicht die Nerven. Energisch handhabte er das Steuer und fing das Flugzeug dreißig Meter über dem Wasser ab.

„Tragflächen abwerfen?“ rief Wtorow.

„Noch nicht! Wie müssen noch tiefer gehen.“ Sacht schwebte die Maschine im Gleitflug in die Tiefe. Gischt riesiger Wogen besprühte die Schwimmer der Maschine.

Eine Minute verging. Eine zweite … Sie flogen immer noch.

Das Gewitter war abgezogen, aber die Funkverbindung noch nicht wiederhergestellt. Über der Insel schien es immer noch zu regnen.

Der Wind riß die Wellenkämme ab. Sprühender Gischt verhängte die Sicht wie Nebel.

Zäh hielt sich die Maschine in der Luft.

Plötzlich legte sich die Bewegung des Wassers. Die tosenden Wogen glätteten sich. Beinahe reglos dehnte sich unter den Tragflächen die See. Der Nebel verflog.

„Land in Sicht!“ rief Wtorow verzweifelt.

Bedrohlich nahe, wie vom Meeresgrund emporgestiegen, reckte sich dem Flugzeug ein unbekanntes, felsiges Ufer entgegen.

Melnikow riß instinktiv den Steuerknüppel an sich. Aber die Maschine konnte sich ohne Triebwerke nicht mehr erheben.

Die Katastrophe war unvermeidbar.

Schon wasserte die Maschine und raste, auf den Schwimmern gleitend, geradewegs auf die Felsen zu …

Zu Hilfe!

Die ganze Besatzung von „SSSR-KS 3“ war in der Funkkabine versammelt.

Toporkow saß am Empfänger, bereit, sobald der verfluchte Regen aufhörte, die Funkverbindung mit dem Flugzeug wiederaufzunehmen.

In den Lautsprechern knatterte es pausenlos, manchmal so stark, daß alle glaubten, der Empfänger würde es nicht aushalten. Die Geräte zeigten an, daß die Außenluft gefährlich mit Elektrizität gesättigt war. Das Raumschiff befand sich gleichsam inmitten eines ungeheuren, nicht enden wollenden Blitzes.

Das Donnergepolter war sogar in der Funkkabine zu hören, obwohl sie im Innern des Schiffsrumpfes lag.

„Sollten wir die Antenne nicht doch lieber einziehen?“ schlug Saizew vor.

Toporkow schüttelte verneinend den Kopf.

Schon vor fünfzig Minuten hatte das Gewitter die Insel zugedeckt, und noch immer war nicht abzusehen, wann es endlich aufhören würde. Solch ein heftiges Unwetter hatten sie noch nie erlebt.

Äußerlich ruhig saß Belopolski neben Toporkow und sah alle Augenblicke nach der Uhr.

Sehr selten ließ jemand ein Wort fallen und — verstummte wieder, weil niemand antwortete. Die Gedanken der Sternfahrer waren in weiter Ferne, dort, wo das einsame Flugzeug mit ihren beiden Genossen in der Luft schwebte, durch die Regenwand von Insel und Schiff abgeschnitten.

Wo war die Maschine? Wie weit vom Schiff entfernt? Sie wußten es nicht. Vielleicht erstreckte sich das Gewitter in beiden Richtungen über Hunderte von Kilometern? Die Zeit verging quälend langsam. Dann endlich war die Front abgezogen.

Toporkow schaltete die Sendeanlage ein. Obwohl das Prüfgerät noch eine außerordentlich starke Ionisierung der Luft anzeigte, begann er, auf der vereinbarten Funkwelle Melnikow zu rufen. Wenn sich freilich Melnikow und Wtorow allzuweit von der Insel entfernt hatten, konnte die Verbindung nicht zustande kommen.

Minuten vergingen, nichts.

Die wütenden Donnerschläge verhallten. Im Äther trat völlige Stille ein. Der Zeiger des lonometers sank auf Null, die Luft war frei von Elektrizität.

„Hier spricht das Raumschiff! Wo seid, ihr? Wo seid ihr?

Antwortet! Hier spricht das Raumschiff!“

„Sofort das zweite Flugzeug montieren!“ befahl Belopolski.

„So schnell wie möglich!“ Außer Toporkow stürzten alle zur Tür.

„Paitschadse, Andrejew und ich bleiben an Bord. Konstantin Wassiljewitsch, sorgen Sie dafür, daß die Maschine schnellstens startklar wird!“

„Selbstverständlich!“ antwortete Saizew.

„Hier spricht das Raumschiff! Wo seid ihr? Antwortet! Antwortet!“

„Wenn das Flugzeug zu weit entfernt ist“, sagte Andrejew, „könnte zwischen ihm und uns ein Gewitter stehen, das die Funkwellen aufhält.“

„Wieviel Luft haben die beiden?“ fragte Paitschadse.

„Sie reicht für zwei Menschen vierundzwanzig Stunden.“

„Hier spricht das Raumschiff! Wo seid ihr?…“ Stunden vergingen.

Kurze Gewitter zwangen die fünf Männer mehrmals, die Arbeit am zweiten Flugzeug einzustellen. Die Montage der Tragflächen dauerte an sich schon nicht weniger als zwölf Stunden, diese erzwungenen Unterbrechungen aber reizten die ohnehin gespannten Nerven bis zum äußersten. Der stets ruhige und ausgeglichene Saizew fluchte wie ein Besessener, wenn er warten mußte, bis es wieder aufklarte.

Belopolski schickte zur Unterstützung auch noch Andrejew und Paitschadse. An Bord blieben nur zwei Mann. Das war ein grober Verstoß gegen die Vorschriften, die bei Raumfahrten zu beachten waren.

Es wurde in wahnsinnigem Tempo gearbeitet. Alle wußten genau, daß Melnikow, wenn er sehr weit abseits geflogen war, die Insel ohne Funkverbindung auf dem unendlichen Ozean nicht würde finden können. Eine Funkverbindung war immer noch nicht zustande gekommen.

Sie fürchteten sich vor dem Gedanken, daß alles aus sei und ihre beiden Kameraden längst den Tod gefunden hätten. Die fehlende Funkverbindung erklärten sie sich mit Gewitterfronten.

Die letzte Meldung vom Flugzeug hatte besagt, daß es Kurs Süd einschlage. Also würde man in dieser Richtung suchen müssen. Vorher aber mußte erst die Montage abgeschlossen, ein günstiger Moment abgewartet und dann endlich gestartet werden. Und wohin?

Nach Süden! sagten sich die Männer im stillen und unterdrückten den Gedanken, daß „Süden“ ein äußerst ungenauer Begriff sei Würden sie die kleine Maschine finden, wo man keine tausend Meter weit sehen konnte und dauernd manövrieren mußte, um dem Platzregen auszuweichen — es wäre ein reiner Zufall. Aber ihnen blieb nichts als die Hoffnung auf einen solchen Zufall. Solange nicht die verhängnisvollen vierundzwanzig Stunden abgelaufen waren, würde keiner den Versuch aufgeben, die Genossen zu retten.

Nach fünf Stunden Arbeit war die eine Tragfläche bereits montiert. Falls keine Gewitter dazwischenkamen, würde die Maschine zwei Stunden eher startklar sein.

Zwei Stunden! Unter solchen Umständen war dies sehr viel!

Die Natur der Venus erbarmte sich anscheinend ihrer Gäste.

Die Arbeit verlief ohne Unterbrechungen. Die Gewitter umgingen die Insel.

Belopolski und Toporkow lösten sich am Mikrofon ab, riefen unaufhörlich Melnikow und lauschten gespannt auf Antwort.

Aber die Stille im Äther wurde nur durch nahe oder ferne Gewitterstörungen unterbrochen.

„Wenn Gewitter die Funkverbindung behindern“, sagte Toporkow, „können sie doch keine lückenlose Front bilden. Zumindest zeitweise müßten Schneisen aufbrechen.“ Belopolskis Miene verdüsterte sich. Immer häufiger kam ihm der Gedanke, Melnikow und Wtorow seien verunglückt. Er wußte, daß die Männer draußen ihre Kräfte für eine nahezu aussichtslose Aktion einsetzten, konnte sich aber nicht entschließen, den Befehl zur Einstellung der Arbeit zu erteilen. Theoretisch konnten Melnikow und Wtorow noch sechzehn Stunden leben. Niemand sollte sagen dürfen, daß sie vom Schiff ihre Pflicht nicht bis zum letzten erfüllt hätten.