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„Leider kann ich Sie nicht begleiten. Ich habe wenig Zeit, und es ist noch viel zu tun. Konstantin Jewgenjewitsch hat zum dritten Male angeordnet, alle Gerate und Apparaturen zu überprüfen. Und heute ist schon der Achte!“ Melnikow lächelte. Er wußte genau, daß Belopolski Larin vertraute und niemals Anweisungen erteilte; der Ingenieur prüfte von sich aus, und zwar nicht dreimal, sondern fünfmal und noch häufiger.

„Wir finden uns schon allein zurecht“, sagte er. „Lassen Sie sich durch uns nicht stören, lieber Semjon Pawlowitsch.“ Der Ingenieur verabschiedete sich und ging.

Das Betonfeld, das sich vor ihnen breitete, war völlig leer.

Nur ganz in der Ferne, beinahe am Horizont, zeichneten sich Erhebungen ab und rollten winzige Fahrzeuge. Dort, in zwei Kilometer Entfernung, befand sich das Raumschiff „SSSR-KS 3“.

„Womit werden wir fahren?“ fragte Olga. Sie sah weit und breit kein Auto.

Melnikow gab keine Antwort, er hing seinen Gedanken nach.

Olga wiederholte ihre Frage.

„Acht Jahre sind erst vergangen“, sagte er, „und wie hat sich alles verändert! Das Flugfeld gleicht sich ebensowenig wie ›KS 3‹ und ›KS 2‹. Alles in allem nur acht Jahre! Aber ›KS 2‹ ist schon eine veraltete Konstruktion… Kein Mensch wird heute mehr mit solch einem Schiff fliegen, und doch war es ein Wunderwerk der Technik. Als wir zum Mars flogen, war diese Fläche hier mit Gras bewachsen, das Raumschiff lag acht Kilometer entfernt, war nicht zu sehen, und unser Wagen fuhr auf einer Straße, die sich in nichts von einem Feldweg unterschied.

Du fragtest, womit wir fahren werden? Wir laufen! Du wirst gleich sehen!“ Er führte sie in den Bahnhof zurück. Als Olga die Halle betrat, erblickte sie einen jungen Mann, der sogleich auf sie zukam und ihren Mann begrüßte.

„Darf ich vorstellen“, sagte Melnikow, „meine Frau, Olga Sergejewna, und das, Olga, ist Leonid Nikolajewitsch Orlow; er wird mit uns fliegen.“ Der junge Mann verbeugte sich und gab Olga die Hand. Dies tat er so behutsam, daß sie sogleich spürte, welch gewaltige Körperkraft Orlow besaß. Da er sehr hager war, wirkte er größer, und Olga zweifelte nicht an seinen eisernen Muskeln.

Er hatte ein stark sonnverbranntes Gesicht, einen schmalen Mund und ungewöhnlich schöne Augen, deren Blau ins Grünliche spielte. Von langen schwarzen Wimpern eingefaßt, wirkten sie wie zwei makellos klare Aquamarine.

Olga wußte, wer Orlow war. Er hatte sich trotz seiner Jugend bereits als Astronom einen Namen gemacht. Belopolski, der mit seinem Urteil stets sehr vorsichtig war, nannte ihn seinen talentiertesten Schüler.

„Was führt Sie hierher?“ fragte Melnikow.

„Ich möchte mir endlich einmal unser Raumschiff ansehen.“

„Was?“ rief Olga erstaunt. „Sie haben es noch nicht gesehen?“ Orlow lachte. Sein Lachen war rein und glockenhell wie das eines jungen Mädchens. Das Weiß seiner Zähne schien sein Gesicht aufzuhellen.

„Ich bin kein enthusiastischer Kosmonaut“, sagte er. „Ich fliege nur deswegen mit, weil diese Expedition auch auf einem Asteroiden landen will. Asteroiden sind nämlich meine Spezialität.“

„Interessiert Sie etwa das Schiff nicht?“

„Wie Sie sehen, interessiert es mich. Aber ich hatte bisher keine Zeit, es mir anzusehen. Außerdem…“ Er beugte sich vor und flüsterte Olga ins Ohr: „Ich habe Angst vorm Fliegen. Ich fürchte, nach dem Anblick des Raumschiffes mein seelisches Gleichgewicht zu verlieren. Sagen Sie bloß Boris Nikolajewitsch nichts davon!“

„Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.“

„Aber gewiß doch! Ich habe Angst, und ich finde das gar nicht beschämend.“

„Warum haben Sie sich denn bereit erklärt, zu fliegen?“

„Es muß sein“, erwiderte er schlicht.

Aus dem Ton, in dem diese Worte gesprochen wurden, schloß Olga, daß Orlow vor nichts zurückschrecken würde, was immer die Wissenschaft von ihm auch verlangen mochte.

Melnikow öffnete eine hohe zweiflügelige Tür. Olga hatte erwartet, in einen weiteren Raum zu treten, aber es war ein Irrtum.

Hinter der Tür führte eine schmale Marmortreppe nach unten.

Sie gelangten auf einen Bahnsteig, der so sehr einem Bahnsteig der Metro glich, daß Olga verdutzt auf der untersten Stufe stehen blieb.

Alles war hier unten wie auf einer U-Bahn-Station. Blanker Steinfußboden, Marmorwände mit Bronzeverzierungen, eine schwarze Tunnelöffnung, Schienen und figurative Beleuchtungskörper an der halbrunden Decke. Aber alles war so klein gehalten, daß es eher wie das Modell einer Station wirkte. Am Bahnsteig stand ein winziger hellblauer Wagen, der ebenso wie die Metrozüge Schiebetüren besaß. Im Innern befanden sich Polstersitze. Den Abmessungen und der Anzahl der Sitze nach war der Wagen offenbar für zehn Personen berechnet. Stehen konnte man darin nicht, sondern nur sitzen wie in einem Auto.

„Was ihr hier seht“, sagte Melnikow, „ist das Verkehrsmittel unseres modernen Raketenflughafens. Na, wie gefällt es euch?“

„Ich finde es interessant“, antwortete Orlow.

„Und wer steuert den Wagen?“ fragte Olga.

„Niemand. Unsere Metro ist voll automatisiert. Seht einmal, auf der Tafel brennt ein grünes Lämpchen. Das heißt: Die Strecke ist frei, Sie können fahren. Ich bitte, Platz zu nehmen!“

„Also ist dies nicht der einzige Wagen?“

„Setzt euch! Ihr werdet es gleich sehen.“ Olga bückte sich, stieg ein und setzte sich. Ihre Begleiter folgten ihr. Vorn, hinten und an den Seiten des Wagens befanden sich Fenster, und wenn man voraus in den Tunnel blickte, der sich ins Ungewisse verlor, konnte man eine lange Reihe von grünen Lichtern erkennen. Auch hinter sich sah man eine Lichterkette. Allerdings war der Tunnel nach vorne zu gerade und lief in der Ferne zu einem Punkt zusammen, während er nach hinten seitwärts abbog.

Melnikow setzte sich neben Olga.

„Drück auf den Knopf mit der Aufschrift ›Zentrale‹“, sagte er.

„Das ist ja ganz wie im Fahrstuhl.“

„Es ist dasselbe Prinzip.“ An jedem Sitz war eine kleine Tafel mit zwei Knöpfen angebracht. Auf dem einen stand „Zentrale“, auf dem anderen „Hafen“. Olga drückte auf den ersten.

Die Türen schlossen sich, der Wagen fuhr weich an.

„Schaut einmal nach hinten“, sagte Melnikow.

Als sie sich umdrehten, sahen sie, daß ein Triebwagen, der wie der ihre aussah, auf dem frei gewordenen Platz hielt.

„Wieviel solcher Wagen gibt es hier?“ fragte Olga.

„Vier. Zwei am einen Ende der Linie und zwei am anderen.“

„Aber dann können sich doch manchmal alle vier an einem Ende stauen“, sagte Orlow.

„Nein. Wenn niemand von der Zentrale zum Flughafen fahren will, rollt, sobald unser Wagen auf halber Strecke ist, automatisch ein Wagen von dort ans andere Ende des Gleisnetzes.

Unsere Metro ist mit Verstand gebaut“, setzte Melnikow hinzu.

„Und wo verläuft der Gegenverkehr?“

„Nebenan. In einem parallel angelegten Tunnel.“ Während dieses kurzen Gesprächs hatte der Wagen seine volle Geschwindigkeit erreicht. Die grünen Lichter huschten an den Fenstern vorüber. In der Ferne war schon der helle Fleck einer Station zu erkennen.

„Drei Minuten“, sagte Melnikow, „es sind zwei Kilometer.“

„Kann uns der Wagen, der hinter uns fährt, einholen?“

„Er rührt sich nicht von der Stelle, bis wir angekommen sind und unser Wagen den Bahnsteig geräumt hat. Ich habe ja schon gesagt — hier ist alles automatisiert.“

Der Wagen verlangsamte seine Geschwindigkeit, erreichte den Bahnsteig und hielt. Die Türen öffneten sich. Kaum waren sie ausgestiegen, setzte sich der Wagen wieder in Bewegung und verschwand, um dem nachfolgenden Platz zu machen.