Выбрать главу

Das waren aber nicht jene Giganten, aus denen der Wald bestand, sondern dünne gerade Stämme mit Ästen, an denen keine Blätter, sondern lange rote Dornen wuchsen.

„Damit hätte sich der Kreis meiner Beobachtungen denn geschlossen“, sagte Melnikow in einem Ton, der aufhorchen ließ.

Und erst in diesem Augenblick sah Balandin, was ihm zunächst nicht aufgefallen war.

Es war kaum zu glauben, verblüffend und einfach unerklärlich! Und doch war es kein Wunder, sondern reale Wirklichkeit.

Die Bäume lagen geordnet mit den Spitzen in einer Richtung.

Die Männer standen nicht vor einem Haufen Baumstämme, sondern vor einem Stapel. Auf der dem Fluß zugekehrten Seite stützten ihn in den Boden gerammte Pfähle aus unbehauenen, gewaltsam abgebrochenen Stämmen der gleichen Art.

Am Waldrand erblickte Balandin einen zweiten Stapel…

Orangefarbene Stämme. Sie waren bereits entästet.

Die Welt unter Wasser

Minuten vergingen, bis der Professor endlich wieder reden konnte.

„Was ist denn das?“ fragte er verdattert.

„Die Enträtselung der Herkunft des Lineals“, antwortete Melnikow. „Der endgültige Beweis, daß es auf der Venus vernunftbegabte Wesen gibt, die auf einer niederen Entwicklungsstufe zu stehen scheinen. Auf die Hypothese von dem unbekannten Raumschiff müssen wir nun verzichten.“

„Aber wo sind sie, diese vernünftigen Geschöpfe? Warum sehen wir sie nicht?“

„Weil wir überhaupt noch nichts gesehen haben. Sie müssen dort irgendwo sein.“ Melnikow wies auf den Wald. „Im Schutz dieser Baumriesen konnte sich Leben entwickeln, und wie wir sehen, hat es sich auch tatsächlich entwickelt. Hier werden wir die ›Menschen‹ der Venus, höchstwahrscheinlich Wilde, finden.“

„Wie kommen Sie auf den Gedanken?“ entgegnete Balandin.

„Das Lineal…“

„Was beweist es denn?“ unterbrach ihn Melnikow. „Die Fähigkeit zu linearer Einteilung finden wir schon bei den wildesten Stämmen Afrikas. Das ist noch keine Zivilisation. Sehen Sie sich lieber diese Stämme an. Sie sind ganz primitiv gefällt, die Zweige abgebrochen, nicht abgehackt worden. So arbeiten Geschöpfe, die Säge und Beil nicht kennen, aber über große Körperkraft verfügen.“

„Aber solch ein Lineal kann man doch nicht ohne Werkzeug machen!“ Der Professor gab sich nicht geschlagen.

„Die Australier stellten mit Steinmessern ein solch treffsicheres Wurfgerät wie das Bumerang her. Ein flaches Brett zu schneiden ist bedeutend einfacher.“

„Die Australier und Afrikaner besaßen aber keine Lineale.“

„Richtig! Doch wir sind nicht auf der Erde, sondern auf einem anderen Planeten. Man kann nicht mechanisch die Geschichte des Erdmenschen auf die Venus übertragen.“

„Anscheinend haben Sie sich eine bestimmte Meinung gebildet“, sagte Balandin, „und zwar schon, bevor wir von Bord gingen. Was hat Sie dazu bewogen?“

„Na, ganz so war es nicht“, antwortete Melnikow. „Zunächst hatte ich bloß erst meine Vermutungen. Ich kann meinen Gedankengang in wenigen Worten schildern. Als wir feststellten, daß wir auf einem Fluß und nicht auf einer Bucht fuhren, mußte ich an die im Wasser schwimmenden Bäume denken, die wir bei unserer vorigen Expedition gesichtet hatten. Warum waren sie jetzt verschwunden? Weder auf dem Fluß noch auf dem Ozean, in den der Fluß ja mündet und in den er die Bäume hinaustreiben müßte, sind welche zu entdecken. Ich vermutete daher, daß stromaufwärts ein Hindernis sein müsse, das die Stämme aufhält.“

„Völlig logisch“, bestätigte Balandin.

„Aber an solch einem Hindernis“, fuhr Melnikow fort, „hätte sich in mehreren tausend Jahren eine riesige Menge Baumstämme ansammeln müssen. Unter der Last immer neuer, stromabwärts treibender Stämme hätten sie im Wasser versinken und schon seit geraumer Zeit den Fluß aufstauen und unterbrechen müssen. Aber das war nicht geschehen. Ich habe mir einzureden versucht, daß wir nur zufällig keinen Stämmen begegnet waren.

Aber warum gab es ausgerechnet in der Mündung des Flusses keine, wo die Kraft der Strömung doch am geringsten ist?“

„Ja, das ist schwer zu verstehen.“

„Danach dachte ich zum erstenmal an ein künstliches Flößen von Holz. Ich verwarf die Vermutung zwar sogleich wieder, doch immer häufiger befiel mich dieser ›törichte‹ Gedanke.

Haben Sie die Zweige beachtet, die uns unterwegs begegnet sind? Sie schwammen nicht einzeln, sondern in Haufen. Als hätte jemand jeweils einen Armvoll in den Fluß geworfen.

Zweige trieben im Fluß, aber keine Stämme. Schließlich stand es für mich beinahe fest, daß wir ein künstliches Hindernis zu Gesicht bekommen würden, das die Bäume aufhält Als wir dann hier vor den Stromschnellen stoppten, schienen sich meine Erwartungen aber doch nicht zu erfüllen. Ich hielt die Felsen im Fluß zunächst für ein natürliches Hindernis.“

„Wirklich?“ Balandin blickte Melnikow verdutzt an.

„Ja, im ersten Augenblick. Dann fiel mir ein sonderbarer Umstand auf. Der Fluß ist in seiner ganzen Länge sehr breit. Die ›SSSR-KS 2‹ stieß damals ein wenig nördlich von hier auf ihn und verfolgte seinen Lauf noch weiter nach Norden. Bis zu den Bergen, wo er entspringt, verengt sich der Fluß nirgends so sehr wie an dieser Stelle. Einzig und allein hier treten die Ufer so dicht zusammen. Und gerade hier, wo auch jeder Ingenieur der Erde empfehlen würde, einen Staudamm zu bauen, steht dieses Wehr.“

„Das ließe sich auch anders erklären“, widersprach Balandin.

„Der Fluß kann in mehreren tausend Jahren viele Steine von den Bergen talwärts getragen haben. Und weil das Flußbett sich hier verengt, haben sie sich an dieser Stelle abgelagert.“

„Nehmen wir an, es verhält sich so“, antwortete Melnikow.

„Allerdings erscheint es kaum glaubhaft, daß die Strömung, selbst wenn sie noch so stark ist, solche Felsblöcke hierherbefördern konnte. Wir beide haben uns das Wehr von oben angesehen, vom Ufer aus. Ist Ihnen dabei nichts Ungewöhnliches aufgefallen?“

„Eigentlich nicht. Es sind gewöhnliche Stromschnellen.“

„Da irren Sie sich, Sinowi Serapionowitsch! Diese Stromschnellen sind ganz ungewöhnlich. Kommen Sie, wir werden einmal auf diesen Stapel steigen und genauer hinschauen.“ Balandin maß den dichten Wald, der ganz nahe war, mit einem skeptischen Blick.

„Aber wenn nun die Besitzer des Holzes plötzlich erscheinen?“ sagte er.

„Ich würde sie brennend gern sehen. Aber sie werden sich nicht blicken lassen. Darüber habe ich mir schon meine Meinung gebildet. Ich werde es Ihnen nachher erläutern.“ Mühelos kletterten sie auf die fest gestapelten Stämme. Von oben konnten sie die Stromschnellen vortrefflich überblicken.

„Ich bin einfach blind gewesen“, stieß Balandin plötzlich hervor. „Das ist ja klarer als klar!“

„Sie haben es vorher nicht gemerkt, weil Ihnen der Gedanke daran fern lag. Ich war darauf vorbereitet und entdeckte es deshalb sofort.“ Ungestüm schossen die Wasser des Flusses zwischen den riesigen Steinen hindurch, die alle annähernd gleichgroß waren.

Damit nicht genug — Balandin sah, daß die Steine nicht kreuz und quer durcheinanderlagen, sondern in drei Reihen schachbrettartig angeordnet.

„Durch dieses Wehr schlüpft kein einziger Stamm hindurch“, stellte Melnikow fest. „Wir können dieses Hindernis nicht mehr Stromschnellen nennen. Es ist ein Wehr, ein sehr primitives zwar, aber doch ein Wehr, ein Bau, der ingenieurmäßig vorgeplant wurde. Es ergibt sich also folgendes Bild: Viele hundert Kilometer stromaufwärts besteht der Wald aus kleineren Bäumen einer anderen Art als derjenigen, die hier wächst. Deswegen werden die Bäume dort gefällt, mit der Flußströmung befördert und hier an Land gezogen und zu Brettern verarbeitet. All das, wohlgemerkt, mit bloßer Hand. Was für eine schwere und undankbare Arbeit wird dabei geleistet, bloß um Nutzholz zu gewinnen, von dem es hier auch jede Menge gibt. Aber die hiesigen Bäume sind zu groß, als daß sie von diesen unglücklichen Geschöpfen gefällt werden könnten.“