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„Großartig, wie überlegt die Natur arbeitet!“ rief Balandin begeistert. „Auf der Erde und auf der Venus schafft sie einander ähnliche Wesen, die dem Leben im Wasser angepaßt sind.

Aber auf der Erde haben die Fische zwei Augen und hier, wo es bedeutend dunkler ist, gibt sie ihren Geschöpfen drei. Das ist einfach großartig!“ Neben Wasserbewohnern, deren Gestalt an entsprechende Arten der Erde erinnerte, entdeckten die Kosmonauten auch solche, die nichts mit irdischen Arten gemein hatten. Durchsichtig und kaum wahrnehmbar, schwammen seltsame Kugeln umher. Andere Fische wieder waren so flach, daß man sie nur von der Seite erkennen konnte. Ihr Körper schien nur aus einer Außenhaut zu bestehen. Oft stießen die Männer auf noch seltsamere Geschöpfe; sie erinnerten in ihrer Form an Gymnastikhanteln, und ihre Kugeln leuchteten verschiedenfarbig, blau und grün, grün und weiß, weiß und grellrot. Aus den Tiefen des Ozeans stiegen endlos lange, wunderliche Schlangen mit quadratischen Köpfen senkrecht auf. Wenn der Lichtstrahl sie erfaßte, ringelten sie sich augenblicklich zusammen und sanken wie ein Stein in die Tiefe.

Weit voraus, wohin das Scheinwerferlicht nicht mehr reichte, waren kurz aufflackernde, verschiedenfarbige Lichter zu sehen, aber es gelang nicht, ihnen näher zu kommen. Sogar wenn die Scheinwerfer abgeschaltet wurden, blieben sie dem Boot fern.

„Ich mußte einmal im Taucheranzug aussteigen“, erklärte Balandin.

„Das wird Ihnen niemand erlauben“, antwortete Melnikow.

„Wir haben diese leichten Anzüge nur mitgebracht, weil wir den Venusozean für unbewohnt hielten. Aber hier ist es zu gefährlich.“ Tatsächlich zeigten sich des öfteren ungeheuer große Fische, die offenbar zur Gattung der Raubfische gehörten. Ihre elastischen starken Leiber mit den riesigen Schwimmflossen schossen mit einer solchen Geschwindigkeit vorüber, daß keiner sie richtig ansehen konnte. Als einer dieser Fische das Boot streifte, schlingerte es dadurch eine ganze Weile sehr heftig. Über diesen Zusammenstoß verblüfft, verharrte der Fisch sekundenlang regungslos, so daß die Forscher seinen mit Reißzähnen gespickten Rachen und den fünf Meter langen Rumpf genau betrachten konnten, der wie beim Katzenhai gefleckt war.

„Wenn ein Taucher einem solchen Fisch begegnet, ist er erledigt“, sagte Saizew.

Der Meeresgrund hob sich dann und wann, und an diesen Stellen konnten die Männer auch die Bewohner des Meeresgrundes studieren. Im Gegensatz zu den Fischen flüchteten diese Lebewesen nicht, und man konnte sie, wenn das Boot stoppte, beobachten, solange man wollte.

Hier wuchsen unübersehbare Mengen von Aktinien, Korallenbüschen und verschiedenfarbigen Wasserpflanzen. Zwischen ihnen wimmelte es von Tieren.

Die Sternfahrer erblickten sonderbare phantastische Sterne, die aus mehreren, gleichsam miteinander verwachsenen Schlangen bestanden. Sie krochen auf dem Meeresgrund umher, wobei sie ihre sieben oder acht quadratischen Köpfe hin und her schüttelten. An den Seiten dieser Köpfe ragten lange Auswüchse hervor, und wie Laternen glommen verschiedenfarbige Lichter darauf. Überall bewegten sich pausenlos grellrote, schwarzgestreifte „Seile“, sie wanden sich hin und her.

„Das sind doch die ›Lianen‹, die mich gepackt haben, als wir den ersten Tag hier waren!“ sagte Wtorow.

„Ja, sie sehen ebenso aus“, bestätigte Balandin. Außer den „Lianen“ entdeckten sie auch die schon bekannten „Bänder“ wieder. Ihre spitzen Dornen wirkten wie lebend. An einigen hingen, frisch gefangen und wie an Bratspießen zappelnd, Fische.

„Wenn wir doch das Licht nicht einzuschalten brauchten!“ Der Professor seufzte. „Dann würden wir sehen, wie diese vermeintlichen Pflanzen jagen. Aber unser Scheinwerfer vertreibt das ganze Wild.“

„Wir haben doch den Radarschirm“, erinnerte Saizew.

„Ich fürchte, er wird wenig helfen.“

„Versuchen wir es trotzdem I“ Der Professor behielt recht. Als das Scheinwerferlicht erloschen war und blaßgrün das Rechteck des Schirms aufleuchtete, erblickten sie darauf nur verschwommene Schatten. Nichts war deutlich zu erkennen.

„Was wir brauchten, wäre kein Radargerät, sondern ein Ultraschallbildschirm“, sagte Saizew.

„Wer konnte voraussehen, daß wir dergleichen brauchen würden! Niemand hat geglaubt, daß es im Ozean der Venus Leben gibt.“ Es geschah zum erstenmal, daß der Expedition, die so sorgfältig und wohlüberlegt ausgerüstet worden war, ein Gerät fehlte.

Ob man wollte oder nicht — man mußte zu dem bisherigen Verfahren der Beobachtung zurückkehren.

Aufmerksam betrachteten die Männer kleine Eidechsen, die sich unter den Wasserpflanzen verborgen hielten. Sie besaßen entfernte Ähnlichkeit mit Hatterias, Brückenechsen — bloß, daß sie nicht grün, sondern blau waren —, mit Gekkos, Agamiden, gehörnten Phrini oder Schlangenköpfen.

„Tja, die Venus ist tatsächlich eine Schwester der Erde“, stellte Melnikow fest. „Wie sehr sich ihre Bewohner ähneln!“ An einer Stelle stießen sie auf eine riesige Ansammlung von gepanzerten Tieren, in denen sie sogleich Verwandte der irdischen Schildkröten erkannten. Sie waren verschieden groß; während einige einen Durchmesser von einigen Zentimetern aufwiesen, maßen andere zwei und drei Meter. Langsam bewegten sie sich auf vier äußerst langen Gliederfüßen vorwärts. Ihre Panzer waren verschieden getönt, vom Zartrosa bis zum Dunkelrot. Es sah so aus, als bewegten sich lebende kleine Gartenlauben, deren Dächer auf vier Pfosten stünden, auf dem Grund.

Die Schildkröten taten, als bemerkten sie das Unterseeboot gar nicht, das über ihnen hing, aber sie hüteten sich, ihre Köpfe zu zeigen.

Melnikow riet, einen Augenblick das Licht auszuschalten. Die List führte zum Erfolg. Als nach einigen Minuten der Scheinwerfer wieder aufflammte, konnten die Männer gerade noch die dreiäugigen Köpfe sehen, die sogleich wieder unter den Panzern verschwanden.

Nachdem die Sternfahrer dieses Manöver mehrmals wiederholt hatten, wußten sie, daß sich diejenigen Schildkröten, die keinen runden, sondern einen ellipsoiden Panzer trugen, anders benahmen als die übrigen. Beim Aufleuchten des Scheinwerfers konnte man feststellen, daß sie sich auf die Hinterbeine gestellt und das Boot offenbar im Dunkeln gemustert hatten. Sie erinnerten mit ihren langen Vorderbeinen, die wie Arme herabhingen, und mit ihren dreieckigen und dreiäugigen Schädeln entfernt an häßliche Affen. Sobald das Licht anging, fielen die sonderbaren Tiere wieder auf den Meeresgrund zurück, versteckten sich in ihren Panzern und glichen dann nur noch roten, regungslosen Hügeln. Kein einziges Mal erhob sich eines dieser Geschöpfe, wenn es hell war.

Ein zweites Mal wurde der Radarschirm eingeschaltet. Nachdem die Männer den Funkstrahl auf äußerste Schärfe eingestellt hatten, wurde das Bild ziemlich klar.

Die vier Männer erkannten deutlich, wie sich drei längliche Schatten bei Eintritt der Dunkelheit flugs erhoben. Die verschwommenen Konturen ihrer Schädel bewegten sich hin und her, neigten sich wie bei einer Unterhaltung zueinander. Ein langer Gliederarm hob und senkte sich wieder.

„Er hat auf uns gezeigt“, flüsterte Balandin aufgeregt. „Kein Tier ist einer derartigen Geste fähig.“

„Meiner Meinung nach war das bloß eine bedeutungslose Bewegung mit der Pfote“, entgegnete Saizew. „Sie übertreiben, Sinowi Serapionowitsch.“

„Sehen Sie genauer hin!“ Aber die Schildkröten machten keine Bewegung mehr, die man als Handbewegung hätte deuten können. Beinahe eine Stunde beobachteten die Astronauten diese Tiere, ohne das Licht einzuschalten. Ein vierter Schatten gesellte sich zu den dreien. Dann verschwanden alle vier.

Der Scheinwerfer flammte auf. Nirgends waren mehr ellipsoide Panzer zu sehen. Wie zuvor krochen behäbig die runden Lauben auf dem Grund dahin und schienen sich nicht um das Boot zu kümmern. Jedoch die seltsamen Geschöpfe, die auf den Hinterbeinen zu stehen verstanden, waren fort.