Выбрать главу

Nachdem die ersten aufgestanden waren, wandte sich Belopolski, schon an der Tür stehend, an Saizew.

„Konstantin Wassiljewitsch“, sagte er so selbstverständlich wie möglich, „rechnen Sie aus, wieviel Treibstoff wir noch haben und wieviel wir brauchen würden, um eine Stunde in dreihundert Kilometer Höhe über den Wolken zu fliegen. Boris Nikolajewitsch wird Ihnen dabei helfen.“ Am nächsten Tag, dem 22. Juli, wurde die „SSSR-KS 3“ von den Motorbooten mit dem Bug nach Osten gedreht, damit die Kronen der Korallenbäume beim Start nicht störten, und zwölf Uhr zwanzig breitete sie die Tragflächen aus. Nachdem sie über anderthalb Kilometer auf dem Wasser dahingerast war, erhob sie sich in die Lüfte.

Belopolski und Melnikow saßen nebeneinander am Steuerpult. In weiten Spiralen stieg das Schiff immer höher. Über die kleine Unstimmigkeit vom vorhergehenden Tag fiel kein Wort, aber Konstantin Jewgenjewitsch sprach mit seinem Schüler besonders freundlich, und Melnikow bat, indem er jedes Wort des Kommandanten äußerst bereitwillig aufnahm, seiner Schroffheit wegen gleichsam um Entschuldigung. Kleinliche Eitelkeit, die jeder lebendigen Sache so abträglich ist, war beiden fremd.

Weit unter ihnen blieben die Wellen des Ozeans zurück, die düsteren Wolken, die Gewitterfronten und die zahllosen Blitze, die auf den Wellen tanzten. Über dem Raumschiff spannte sich das blaßblaue reine Himmelsgewölbe, in dem blendendhell und riesengroß die Sonne ruhte.

Sie stiegen noch höher. Immer mehr verdunkelte sich der Himmel. Seine Farbe ging allmählich in kräftiges Blau, dann in Dunkelblau und schließlich in Violett über.

In einer Höhe von achtzig Kilometern sackte das Schiff plötzlich ein Stück ab. Die verdünnte Luft bot seinen Tragflächen nicht mehr genügend Widerstand. Daraufhin wurden die beiden Haupttriebwerke eingeschaltet. Mit ihrer Hilfe stieg die „SSSR-KS 3“ weitere hundert Kilometer.

Der Himmel wurde beinahe schwarz, und auf seinem Grund funkelten die Sterne.

Nachdem auch das dritte und danach das vierte Triebwerk eingeschaltet waren, fuhr Melnikow die Tragflächen ein. Sie waren überflüssig geworden; das Düsenflugzeug hatte sich wieder in eine Rakete verwandelt.

Die ionisierte Schicht, die den Funkwellen den Weg verlegte, begann zweihundert Kilometer über der Oberfläche des Planeten und endete in zweihundertsechzig Kilometer Höhe.

Kaum zeigten die Geräte an, daß das Ziel erreicht war, da schaltete Toporkow schon den Sender ein. Die Richtantenne war bereits ausgefahren und auf die Erde eingestellt. Nach der Sonne und den Sternen hatte Paitschadse die genaue Richtung leicht ermitteln können.

Die Schiffsbesatzung war überzeugt, daß die Funkstation des Kosmischen Instituts täglich erwartungsvoll auf ihre Wellenlänge eingestellt war. Es konnte gar nicht anders sein.

Genau zwölf Uhr fünfundfünfzig Moskauer Zeit trat ein Funkspruch, der knapp, aber aufschlußreich über die Ereignisse auf der Venus berichtete, seinen langen Weg an.

„Wann könnte Antwort hier sein?“ fragte Melnikow.

„Als wir auf der Venus landeten“, antwortete Belopolski ausführlich wie immer, „betrug die Entfernung zwischen den beiden Planeten neunzig Millionen Kilometer. Seitdem sind zweihundertachtzig Stunden vergangen. Die Venus holt die Erde ein, und die Entfernung verringert sich. Zur Zeit sind es einundachtzig Millionen Kilometer. Die Funkwellen brauchen viereinhalb Minuten, um diese Entfernung einmal zurückzulegen.“

„Also wird die Antwort in neun Minuten hier eintreffen?“

„Rechne noch eine Minute fürs Lesen des Funkspruchs und eine weitere Minute fürs Zusammenstellen der Antwort hinzu.

In elf Minuten werden wir die Antwort erhalten. Wenn unser Funkspruch sein Ziel erreicht“, schloß Belopolski.

„Warum sollte er nicht ankommen? Die ionisierte Schicht liegt doch unter uns!“

„Wir kennen die Atmosphäre der Venus nur ungefähr. Vielleicht besitzt sie eine zweite ionisierte Schicht, die gar noch mächtiger als die erste ist?“ Außer den Kommandanten hatte sich die ganze Besatzung in der Funkkabine eingefunden. Neun Männer verfolgten den Lauf des Sekundenzeigers auf der Uhr.

Neun, zehn, elf Minuten vergingen. Keine Antwort kam.

Zwölf…

Niemand sprach. Alle hielten den Atem an. Der Mißerfolg schien eindeutig, der Funkspruch hatte offenbar die Erde nicht erreicht. Das Schiff hätte noch höher steigen und in den interplanetaren Raum hinausfliegen müssen.

Alle wehrten sich gegen den Gedanken, die Funkstation auf der Erde sei vielleicht nicht besetzt. Das war unmöglich, undenkbar __ Den zutiefst aufgewühlten Menschen kamen die Sekunden wie Minuten vor.

Als es schließlich für alle schon feststand, daß der Versuch gescheitert wäre, antwortete jemand deutlich aus dem Lautsprecher: „Haben euren Funkspruch erhalten. Danken euch, daß ihr das Risiko eingegangen seid, um uns zu beruhigen. Raten, unverzüglich auf die Venus zurückzukehren. Wünschen vollen Erfolg in der Arbeit und ihren glücklichen Abschluß. Die Familien der Besatzungsmitglieder sind gesund, und bei ihnen ist alles in Ordnung. Bestätigt den Empfang unseres Funkspruchs und landet sofort wieder. Sehr herzlichen Gruß! Sergej Kamow.“ Als flammten die elektrischen. Lampen heller auf und als würde selbst die Luft klarer — so war den Männern plötzlich zumute. Eine drückende Last war von ihren Herzen genommen.

„Funkspruch empfangen. Verstanden. Nächste Verbindung 27. August. Schalte Sender ab“, sagte Toporkow.

Kaum waren die Worte verhallt, als das Raumschiff die Flughöhe verringerte und dorthin zurückflog, wo sich in weiter Ferne wie eine schneeweiße Masse der endlose Wolkenozean breitete.

Zufällig streifte Melnikows Blick den Kommandanten, und der junge Wissenschaftler staunte über das ungewöhnliche Bild, das sich ihm bot: Konstantin Jewgenjewitsch lächelte. Das war nicht nur der Anflug eines Lächelns, wie er es schon mehrmals auf dem strengen Antlitz Belopolskis wahrgenommen hatte, sondern es war das breite, freundliche Lächeln eines Menschen, dem ein Stein vom Herzen gefallen ist. Noch eine Sekunde — so schien es —, und Belopolski würde aus vollem Halse lachen.

Wenn ich das Arsen erzähle, wird er es nicht glauben wollen!

dachte Melnikow.

Die Landung dauerte bei weitem nicht so lange wie der Start.

Nach achtzehn Minuten tauchte das Schiff bereits in die Wolken, und nachdem es sie hinter sich gelassen hatte, geriet es — wie vor zwölf Tagen — mitten hinein in ein Gewitter. Die Venus schien ihre Gäste nicht anders empfangen zu können.

„Zum dritten Male nähern wir beide uns nun der Venus“, sagte Melnikow. „Wenn ich bedenke, daß wir in wenigen Minuten den orangeroten Wald wieder vor uns haben… Wenn es doch wenigstens etwas Grün dort gäbe!“

„Bei Ihnen zeigt sich das Resultat der geistigen Verbindung mit der Erde“, entgegnete Belopolski leicht spöttisch.

„Nicht einen einzigen Augenblick habe ich diese Verbindung jemals verloren“, stieß Melnikow beleidigt hervor.

„Das glaube ich Ihnen gern. Aber bisher unterdrückte das Interesse an der Arbeit alles andere. Was für ein Unterschied ist das schon — Grün oder Orange!“ Er ist trotz allem ein sonderbarer Mensch, dachte Melnikow.

Man durchschaut ihn nicht ganz.

Das Festland lag zu dieser Zeit beinahe auf der Grenze zwischen der Tag- und Nachthälfte des Planeten. Wenn sie nach Westen flogen, konnten sie es nicht verfehlen. Und wirklich war nach zwanzig Minuten Flug auf dem Bildschirm orangeroter Wald zu sehen, Melnikow, der das Schiff gerade steuerte, drehte nach Norden ab, um die Flußmündung zu suchen.