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Der Eingang zum Aufbewahrungsraum war für die Luft also immer noch abgeschlossen.

Selbst daran hatten die Phaetonen gedacht! Sie waren um die Gesundheit der ihnen unbekannten Menschen besorgt gewesen, hatten damit gerechnet, daß sich die Luft der Erde in der langen Zelt verändern könnte, und warnten davor, ohne Sicherheitsmaßnahmen einzutreten.

„Ja“, sagte Melnikow. „Wir müssen Gasmasken aufsetzen.“ Als erster passierte er, gefolgt von den andern, die Öffnung und stieg die Treppe hinab. ‘ Die Treppe hatte sechzehn Stufen. An ihrem Fuße angelangt, blickten Melnikow und Wtorow noch einmal nach oben. Sie waren gewohnt, daß sich die phaetonischen Türen wieder hinter ihnen schlossen.

Doch Minuten vergingen, ohne daß sich die fünfeckige Öffnung mit Metall überzogen hätte. Sie blieb offen. Das Scheinwerferlicht drang ungehindert ein, und auf dem Metallfußboden zeichnete sich deutlich das Fünfeck ab. Der übrige Raum lag in trübem Halbdunkel. Der Fußboden reflektierte das Lieht nicht.

Wtorow „ordnete an“, es solle Licht werden. Gleich darauf leuchtete der ihnen bereits bekannte bläuliche Nebel auf.

Es wurde hell.

Der Raum hatte die Form eines Würfels, die Seitenlänge betrug etwa fünf Meter. Wände, Fußboden und Decke bestanden aus Metall, wenigstens schien es so.

Der Raum war ganz leer. Keine Gegenstände, nichts, was an verborgene Türen erinnerte — kahle Wände und nackter Fußboden. Absolut nichts!

Die vier blickten einander verblüfft an. Die Phaetonen hatten die Menschen doch wohl kaum auf so komplizierte und verwirrende Weise hierhergeführt, um ihnen dann diese leere „Metallkammer“ zu zeigen.

„Der Durchmesser des Gesamtbaus beträgt zwölf Meter“, sagte Semjonow (seine Stimme klang unter der Maske dumpf).

„Der dieser Kammer aber höchstens fünf.“ Wie gelangte man jedoch in die anderen Räume?

Wtorow stellte sich der Reihe nach, zunächst an allen vier Wänden, dann am Fußhoden eine offene Tür vor. Doch vergeblich. Er rief sich in die Erinnerung zurück, was die Facettenkugeln ihnen im fernen Laboratorium erklärt hatten. Sie hatten „gesagt“, an dieser Stelle befinde sich das Wesentliche, um derentwillen die Menschen den Pol aufsuchen sollten. Und sie hatten hinzugefügt, nähere Angaben werde man ebenhier erhalten. Dabei hatten sie von genauso einem Apparat gesprochen, wie man ihn von der Arsena geborgen hatte. Er und seine Kameraden erwarteten daraufhin, eine Facettenkugel zu finden. Doch dieser Gedanke brauchte nicht unbedingt von den Phaetonen zu stammen, es konnte auch ihr eigener gewesen sein. Warum sollte der Apparat unbedingt die Form einer Kugel haben? Womöglich steckte die Aufzeichnung in den Wänden?

Plötzlich kam es Wtorow so vor, als finge die Wand an zu sprechen. Nein, es kam ihm nicht nur so vor! Er „hörte“ es wirklich.

In seinem Kopf setzte sich hartnäckig der Gedanke an Wissenschaftler fest.

„Sie verlangen, daß eine wissenschaftliche Kommission zugezogen wird“, sagte Kamow.

„Augenscheinlich“, bestätigten Melnikow und Semjonow.

„Und das ist auch ganz logisch.“ Die vier kehrten an die Erdoberfläche zurück. Der Eingang zum Aufbewahrungsort blieb auch diesmal offen.

Am Südpol hatten sich zahlreiche Wissenschaftler aus den verschiedensten Ländern eingefunden. Sie konnten unmöglich alle auf einmal zum Aufbewahrungsort hinunterklettern. Man legte fest, daß die von den Phaetonen geforderte Kommission, die offenbar außerordentlich wichtige Dinge zu „hören“ bekommen würde, aus zwölf Mann, einschließlich Melnikow und Wtorow, bestehen sollte.

Kamow oblag die nicht leichte Aufgabe, eine Auswahl zu treffen, ohne jemand zu kränken. Die von ihm vorgeschlagene Liste, die die Namen von Vertretern aus sechs Ländern enthielt, stieß auf keinen Widerspruch.

Und nun standen die zwölf Menschen im Licht des bläulichen Nebels auf dem metallenen Fußboden.

Was hatte weiter zu geschehen?

Alle blickten Wtorow an und warteten, daß er das Notwendige veranlasse. Dabei wußte er sich selbst keinen Rat.

Wie sollte er den längst gestorbenen Phaetonen sagen, daß ihre Forderung erfüllt sei und irdische Wissenschaftler sich versammelt hätten, um ihnen zuzuhören?

Vielleicht könnten die Phaetonen selbst… Wtorow dachte den Gedanken nicht zu Ende. Er „verlangte“, daß die Wand spreche.

Die zwölf vernahmen eine Stimme. Sie sagte in sechs Sprachen dasselbe, was die vier schon vorher gehört hatten.

Die Männer waren versucht zu antworten: „Wir sind hier, sprecht!“ Aber wie drückte man so etwas nicht mit Worten, sondern durch Vorstellungen aus?

„Helfen Sie mir!“ bat Wtorow.

„Kehren wir nach oben zurück und überlegen wir dort“, schlug Kamow vor.

Die Aufgabe war klar, aber sie wurde dadurch nicht leichter.

Der phaetonische Automat sprach offensichtlich nur auf eine ganz bestimmte einzige Vorstellung an. Sobald er diese Vorstellung oder dieses Bild wahrnahm, würde er es an einen anderen Mechanismus weiterleiten, der seinerseits den Aufzeichnungsmechanismus in Gang setzte. Erst dann würden die Menschen zu „hören“ bekommen, was weiter zu geschehen hatte. Eine andere Prozedur war nicht denkbar.

Welches Bild, welche Vorstellung aber mußte vor dem inneren Auge Wtorows erstehen? Welche Tätigkeit war für Wissenschaftler typisch? Es gab ihrer doch Tausende.

Das Ganze glich der Suche nach einer unbekannten Zahl, die man zu finden hoffte, indem man alle möglichen Zahlenkombinationen durchging.

Hoffnungslos!

„Aber darüber müßten sich die Phaetonen doch im klaren gewesen sein“, war die einhellige Meinung. „Es gilt, eine einfachere Lösung zu suchen.“ Wie oft vergessen die Menschen die weisen Lehren der Anekdote vom Ei des Kolumbus oder der Krylowschen Fabel von der Schatulle. So merkwürdig es klingt, aber es ist gar nicht so leicht, einfach zu denken. Oft vermuten die Menschen Kompliziertheit dort, wo sie gar nicht vorhanden ist!

So war es auch in diesem Falle.

Wieder wies, wie seinerzeit im Laboratorium, Semjonow den richtigen Weg.

„Sie suchen ein Bild, das mit dem Wort ‚Wissenschaftler‘ im Zusammenhang steht“, sagte er. „Aber schafft nicht schon das Wort selbst die notwendige Vorstellung? Wenn wir das Wort ‚Wissenschaftler‘ hören oder aussprechen, stellen wir uns doch nicht einen Fußballspieler oder Opernsänger vor.“ „Ihrer Meinung nach brauchte ich also nur zu sagen: ‚Die Wissenschaftler sind hier‘?“ fragte Wtorow skeptisch. „Und das Wort,hier‘ erweckt ebenfalls eine ganz bestimmte Vorstellung?“ „Ja, meiner Meinung nach ist es so“, erwiderte Semjonow.

„Warum genügt es dann bei den fünfeckigen Türen nicht, wenn ich sage:,Öffnet euch‘?“ „Haben Sie es denn überhaupt schon versucht? Vielleicht sind die Automaten der Phaetonen viel empfindlicher, als wir glauben. Das hier ist doch etwas völlig anderes als ein Raumschiff.“ „Auf jeden Fall scheint Ihre Hypothese recht einleuchtend“, meinte Kamow. „Ganz mechanisch sind wir bisher genauso vorgegangen wie im phaetonischen Raumschiff. Machen wir also einen Versuch.“ „Und wenn es wirklich so ist“, fügte Melnikow hinzu, „müßten außer Gennadi Andrejewitsch auch noch andere den Automaten in Gang setzen können.“ „Das hieße, daß jeder von uns …“ „Ja, jeder“, erwiderte Melnikow überzeugt.

Die zwölf stiegen wieder in den Schacht.

In ganz normalem Ton, als spreche er mit einem unsichtbaren Gesprächspartner, sagte Wtorow: „Die Wissenschaftler sind hier.“ Bei diesen Worten achtete jeder der Anwesenden darauf, daß auch in seinem Gehirn die bestimmte, notwendige Vorstellung entstand: Hier, in diesem Raum, befinden sich Menschen, die mit der Wissenschaft zu tun haben.

Da alle im voraus gewußt hatten, was gesagt werden würde, konnten auch die des Russischen nicht Mächtigen mitwirken. So entstanden zwölf, der Frequenz nach unterschiedliche, aber dem Sinn nach gleiche Bioströme.