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Vielleicht hatten die Phaetonen gerade das beabsichtigt? Vielleicht hatten sie auf einen kollektiven Gedanken gerechnet, der es ihnen ermöglichte, die Konstruktion und die Einstellung, ihres Apparates zu vereinfachen?

Tatsächlich! Die Lösung erwies sich als richtig.

Hinter der Wand klickte es, als falle etwas Metallenes zu Boden. Melnikow und Wtorow erkannten das Geräusch sofort wieder. Genauso hatte es im Raumschiff der Phaetonen geklungen.

Und was seinerzeit mit den Türfünfecken geschehen war, wiederholte sich nun mit einer der Wände. Sie „schmolz“ und verschwand.

Eine dunkle Ferne tat sich auf, vor der ein dichter blauer Nebel wogte. Nichts war zu erkennen. Dann tauchten glitzernde kristallartige Fäden auf, die das blaue Halbdunkel nach allen Richtungen durchdrangen.

Es wurden ihrer immer mehr, und bald füllten sie den ganzen sichtbaren Raum.

Jetzt sahen die Menschen auch deutlich, daß die „verschwundene“ Wand nach wie vor da war. Die Kristallfäden prallten heftig gegen ihre unsichtbare Oberfläche und knickten jäh um.

Die Fäden, die wie Lichtstrahlen aussahen, waren offenbar Ströme unbekannter Teilchen.

Das dauerte eine ganze Weile. Dann verschwanden Fäden und Nebel urplötzlich.

Die Außenwand des Baues jedoch, die höchstens sechs Meter entfernt sein konnte, blieb immer noch unsichtbar.

Statt durch blauen Nebel war sie nun durch milchig-weißes Licht verdeckt.

Ganz dicht vor den Menschen, wie es schien, an derselben Stelle, wo noch unlängst die Wand gewesen war, wurde die Gestalt eines Phaetonen sichtbar.

Er sah genauso aus wie jene, die Melnikow und Wtorow im ringförmigen Raumschiff gesehen hatten. Das dunkle Trikot lag eng an seinem Körper an. Um den Hals hatte er eine silbrig schimmernde Kette hängen.

Der Phaetone glich in allem den Menschen der Erde, nur daß er kleiner war, knapp eineinviertel Meter groß.

Seine untere Gesichtspartie schien im Vergleich zu dem großen Oval der Augen und der mächtigen Stirn unverhältnismäßig klein‘. Die Brauen waren lang und buschig, zu den Schläfen hin scharf gebogen. Ebenso dicht und lang waren die Wimpern.

Man spürte, daß hinter der gewölbten Stirn ein Gehirn lag, das um ein vielfaches entwickelter war als daß des Erdenmenschen.

So verging eine Weile.

Die Menschen betrachteten den ungewöhnlichen „Gast“, der ein wirkliches Wesen aus Fleisch und Blut zu sein schien.

Der Phaetone streckte beide Arme vor (es entstand der Eindruck, als reichten sie über die Grenze der unsichtbaren Wand hinaus) und lächelte.

In den Köpfen der zwölf Menschen bildeten sich die Worte: „Mein Name ist…“ Dann hörten sie schon nicht mehr nur in Gedanken, sondern auch mit den Ohren die melodischen Laute der phaetonischen Sprache: „… Iaja.“ Wo sich der Apparat befand, der mit den „Schemen“ verbunden war und für ihn sprach, blieb ungewiß.

„Ich bin gekommen, um Ihnen vom Untergang unseres Planeten und vom Schicksal seiner Bewohner zu erzählen, damit Sie mit unseren fernen Nachkommen in ihrer neuen Heimat Kontakt aufnehmen können …“ Jeder der zwölf Männer „hörte“ deutlich jedes Wort. Vier machten sich Notizen. Man wußte ja nicht, ob die Phaetonen noch eine zweite Vorstellung geben würden, und allein aufs Gedächtnis durfte man sich nicht verlassen.

Iajas Rede erklang in sechs Sprachen. Über wieviel Phantasie und Exaktheit des Denkens mußten die Phaetonen verfügt haben, damit sich die Sätze ihrer Sprache in Bilder und Begriffe verwandelten, die vom menschlichen Gehirn leicht erfaßt wurden!

Iajas letzte Worte versetzten alle in Erstaunen. „Neue Heimat … Ferne Nachkommen…“ Das bedeutete, daß die Bewohner des fünften Planeten nicht, wie man geglaubt hatte, umgekommen waren. Sie hatten sich retten können und waren auf einen andern Planeten übergesiedelt, der offenbar nicht zu unserem Sonnensystem gehörte.

„Jetzt dürfen Sie mir Fragen stellen“, fuhr Iaja fort. „Ich werde sie beantworten. Natürlich nur die, die wir vorhersehen konnten. In dem Apparat, aus dem Sie meine Stimme hören, sind mehrere Dutzend Antworten aufgezeichnet.“ Der Phaetone schwieg. Er stand vor den Menschen und sah sie aus seinen auf einen Punkt gerichteten großen Augen an.

Seine Arme waren immer noch ausgestreckt, er schien in dieser Pose erstarrt zu sein. Und so lebendig wirkte er, daß man unwillkürlich dachte, er müsse ermüden, wenn er die Arme nicht herunternehme.

„Kehren Sie an die Oberfläche des Planeten zurück“, sagte Iaja. „Überlegen Sie sich die Fragen. Kommen Sie in einem Zweitausendstel der Zeit wieder, die Ihr Planet braucht, um einmal um die Sonne zu kreisen. Und schützen Sie sich vor der Ermüdung. Unser Gespräch wird sehr lange dauern.“ Natürlich hatten die Phaetonen die Zeitberechnung der Erdbewohner nicht voraussehen können und daher eine Form der Zeitangabe gefunden, die unabhängig von der Einheit der Zeitmessung alle verstanden.

Das Bild Iajas verschwand, und die Menschen sahen wieder die gelbgraue Wand vor sich.

„Das heißt in vier Stunden und dreiundzwanzig Minuten“, teilte Paitschadse nach kurzem Rechnen mit.

„An die Arbeit, Freunde!“ sagte Kamow auf englisch, damit ihn alle verstanden. „Die Phaetonen haben uns nicht viel Zeit zur Vorbereitung gelassen!“ Wahrend die Wissenschaftler eine Liste der Fragen zusammenstellten, die sie Iaja vorlegen wollten, wurden zwölf Sessel in den unterirdischen Raum geschafft und im Halbkreis vor der Wand aufgestellt, hinter der der Phaetone wieder erscheinen mußte.

Melnikow erzählte unterdessen allen, die nicht unten gewesen waren, ausführlich, was sie gesehen hatten. Es drängte sich die Frage auf: Wozu brauchten die Phaetonen diesen Theatereffekt?

Warum beschränkten sie sich nicht auf die „sprechende“ Maschine, sondern hielten es für nötig, den Menschen einen „lebendigen“ Phaetonen zu zeigen?

Darauf gab es nur eine Antwort. Sie waren nicht davon überzeugt gewesen, daß die Menschen jemals den Film im ringförmigen Raumschiff finden würden, wollten aber auf jeden Fall zeigen, wie diejenigen aussahen, mit denen es die Menschen später einmal zu tun haben würden. Hatte Iaja doch verkündet, daß er die Verbindung zu den fernen Nachkommen der Phaetonen herstellen werde.

Genau zur festgesetzten Zeit, nach vier Stunden und dreiundzwanzig Minuten, waren die zwölf Männer wieder vor der Metallwand versammelt. Sie hatten es sich in den Sesseln bequem gemacht und waren auf eine längere Unterhaltung vorbereitet.

Ohne Übertreibung ließ sich sagen, daß auf der Erde noch nie ein merkwürdigeres Gespräch stattgefunden hatte.

Melnikow und Wtorow trugen Filmkameras bei sich.

Augenscheinlich brauchte diesmal weder Wtorow noch jemand anderes einzugreifen. Die Phaetonen hatten selbst den Zeitpunkt bestimmt, und es war anzunehmen, daß ihre Automatik selbsttätig zu arbeiten anfangen würde. So war es auch, allerdings begann das Gespräch mit sieben Minuten Verspätung.

Weshalb diese Verzögerung? Viele Ursachen waren möglich.

Erstens konnten die Phaetonen den zweitausendsten Teil eines Jahres einfach deswegen als Frist angegeben haben, weil eine runde ‘Zahl gedanklich bequemer wiederzugeben war und sie die sieben Minuten Verspätung für unwesentlich hielten. Zweitens konnte das Uhrwerk — etwas Derartiges mußte ja vorhanden sein — nach so langer Zeit ein wenig gelitten haben. Drittens war eine Verschiebung der Umlaufzeit der Erde um die Sonne in den verflossenen Jahrtausenden, wenn nicht Jahrmillionen, durchaus möglich.

Aber die Menschen wunderten sich dennoch sehr. Unwillkürlich fiel ihnen ein merkwürdiger Umstand in die Augen: Dreiundzwanzig Minuten plus sieben ergeben dreißig. Damit hätte die von den Phaetonen vorgesehene „Pause“ mit verblüffender Genauigkeit viereinhalb Stunden gedauert.

Andererseits konnten die Phaetonen doch aber nicht die gleiche Zeitrechnung gehabt haben wie die heutigen Menschen.