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Die Begegnung mit einem Meteoriten dürfte praktisch doch kaum vorkommen.“ Diese Worte waren an Olga gerichtet, und Melnikow verstand. Er blickte den Astronomen dankbar an.

„Warum liegt das Schiff in dieser Mulde?“ fragte Olga. „Wie wird es starten?“ „Das ist die Startbahn. Im Vorschiff befinden sich ausfahrbare,Pfoten‘. Sie richten den Bug im entsprechenden Winkel auf.

Dieselben,Pfoten‘ dienen bei der Landung als Stoßdämpfer.

Übrigens wurde diese Konstruktion von Sergej Alexandrowitsch entwickelt, als er allein auf dem Mars zurückgeblieben war und sich für verloren hielt. Die früher verwendeten Fahrwerke besitzen viele Unzulänglichkeiten.“ „Ich habe keine Fragen mehr“, sagte Olga spitzbübisch.

„Dann fahren wir hinunter.“ Ein automatischer Fahrstuhl brachte sie in einigen Sekunden auf den Grund des fünfundzwanzig Meter tiefen Grabens.

Von dort unten wirkte das Schiff noch grandioser als von oben. Die glatten, gewölbten Bordwände schienen sich in den Himmel zu erheben. Etwa dreißig Meter hoch befand sich der obere Teil, der von unten nicht zu sehen war. Bug und Heck endeten in weiter Ferne. Das Auge vermochte das Schiff nicht mit einem Blick zu umfangen, es sah nur jenen unbedeutenden Teil, der unmittelbar vor ihm lag.

„Was für ein Koloß!“ Olga legte den Kopf in den Nacken.

Wie ein Dach hing die Schiffswand über ihnen. „Man kann sich kaum vorstellen, daß dieses Ungeheuer es fertigbringt, zu fliegen.“ Melnikow mußte lachen.

„Und ob es fliegt!“ sagte er. „Die Höchstgeschwindigkeit des Raumschiffs beträgt vierzig Kilometer in der Sekunde.“ „Ich weiß, kann es aber kaum glauben.“ Sie war ein wenig fassungslos. Die stumme und scheinbar drohende Metallmasse, die ihr zu Häupten hing, wirkte unwillkürlich auf ihre Nerven.

„Gehen wir hinein!“ Ganz in der Nähe war ein Eingang. Er stand offen, und eine Aluminiumtreppe führte ins Innere. Sie war steil und hatte kein Geländer.

Wie ein Artist vom Zirkus erklomm Orlow sie. Olga war das enge Kleid hinderlich. Melnikow faßte seine Frau unter und geleitete sie geschickt hinauf. Kaum konnte sie noch sagen: „Du wirst abrutschen!“ — als sie auch schon im Innern des Schiffes angelangt waren.

Sie standen in einem kleinen, völlig kahlen Raum. Nur an der einen Wand hing ein Armaturenbrett mit verschiedenen Knöpfen. Die Öffnung im Boden, durch die sie eingestiegen waren, konnte durch eine Schiebetür verschlossen werden.

„Das ist eine Ausgangsschleuse“, erklärte Melnikow. „Zur Zeit stehen beide Türen offen, aber auf der Venus werden sie sich nur nacheinander öffnen, damit die Luft des Planeten nicht in das Schiff eindringen kann.“ Die nach innen führende Tür befand sich an der Decke, und zu ihr stiegen sie eine weitere Treppe hinauf. Olga lehnte kategorisch jede Hilfe ab und kletterte allein.

Oben öffnete sich vor ihnen ein langer Korridor, der rund wie eine Röhre aussah; seine Wände waren durchgehend mit weichen „Lederkissen“ gepolstert. Darüber führte ein provisorischer Brettersteg.

„Es gibt sechs solcher Korridore, die vom Heck bis zum Bug durch das ganze Schiff führen“, sagte Melnikow. „Und jeder besitzt eine Ausgangsschleuse. Zwischen ihnen liegen die Räume für die Besatzung, die Werkstätten, die Laboratorien und sonstigen Arbeitsplätze. Das Achterschiff beherbergt die Triebwerke. Dieser Teil ist von den übrigen Räumen durch eine sehr dicke Dreifachwand aus einer festen Legierung abgeteilt. Die Hohlräume zwischen den Einzelwänden sind mit hitzebeständigem und geräuschundurchlässigem Material gefüllt. Demzufolge ist das Raumschiff eigentlich nur neunzig Meter lang. Jeder der siebzig Meter langen Korridore endet in dem größten Raum, in dem astronomischen Observatorium, das im Vorschiff eingebaut ist.“ „In jenem Reich also, in dem Belopolski, Paitschadse und ich regieren“, ergänzte Orlow.

„Das Schiff ist so groß, daß man müde wird, darin umherzulaufen“, bemerkte Olga.

„Man braucht übrigens gar nicht zu laufen. Wenn man schnell durch einen Korridor muß, kann man sich hier dieser Einrichtung bedienen.“ Melnikow trat an die Wand und drückte auf einen unauffälligen Knopf. Eine kleine schmale, horizontal gelagerte Tür öffnete sich und gab den Blick auf einen langen Gegenstand frei, der einem Torpedo glich.

„Das ist einer der zahlreichen Fahrstühle des Schiffes“, sagte Melnikow. „Er befördert dich binnen Sekunden ans entgegengesetzte Ende des Korridors, beziehungsweise zu der Tür, zu der du willst. Es gibt Fahrstühle, die alle sechs Korridore miteinander verbinden und dir helfen, von dem einen in den anderen zu gelangen. Willst du es ausprobieren?“ „Nein, nicht nötig! Gehen wir weiter! Aber in diesem,Torpedo‘ kann man doch nur liegen?“ „Im Bereich der Schwerelosigkeit verlieren die Begriffe ‚liegen‘ oder,stehen‘ ihren Sinn. Der Mensch kann sich in beliebiger Richtung bewegen und fühlt sich in jeder Lage wohl.“ „Wie merkwürdig!“ sagte Olga.

„Daran gewöhnt man sich schnell.“ Hintereinander gingen sie auf dem Brettersteg, der so schmal war, daß sie nicht nebeneinander laufen konnten. Den Korridor beleuchteten elektrische Lampen hinter dickem, bauchigem Glas.

Sie gruppierten sich in gleichmäßigen Abständen an der Wandung, und wenn man nach vorn sah, wirkten sie wie eine eigenartige leuchtende Spirale.

Es mutete seltsam an, auch zu Füßen Lampen zu entdecken, die von unten her Licht spendeten, aber Olga fiel ein, was ihr Mann soeben erklärt hatte, und sie verstand, warum dies so eingerichtet war. Während des Fluges würden natürlich in diesem Gang keine Bretter liegen. Sobald die Anziehungskraft der Erde geschwunden war, würden die Menschen ohne weiteres auch an der „Decke“ entlanggehen können.

Übrigens würden sie ja gar nicht gehen können, sann sie. — Wie soll man denn gehen können, wenn die Schwerkraft fehlt?

Sie hatte sich oft Gedanken über die Bedingungen eines Raumfluges gemacht, aber nie eine so klare Vorstellung von ihnen gehabt wie in diesem Augenblick. An Bord des Raumschiffes war alles ungewöhnlich und nicht mit den Verhältnissen auf der Erde zu vergleichen. Der Mensch, der diese Planken betrat, löste sich gleichsam von der Erde und ihrem Leben und wurde in eine andere, fremdartige Welt versetzt, die nach ihren besonderen Gesetzen lebte.

Und so war es wirklich. Das Raumschiff gehörte seinem Wesen nach nicht der Erde an. Es war auf ihr nur ein vorübergehender Gast. Sein wahres Leben verlief in den Weiten des Kosmos, für die der Mensch es geschaffen hatte. Im Gegensatz zu ausnahmslos allen anderen Werken von Menschenhand wurde es auf Erden nicht gebraucht.