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«Vielen Dank.«Wird mir der Aufenthalt hier Vergnügen bereiten? überlegte Julia. Oder wird's eine Katastrophe? Sie ging zu der Rezeption.

«Guten Tag. Kann ich etwas für Sie tun?«fragte der Angestellte.

«Ich hätte gern ein Zimmer.«

«Ein Einzelzimmer?«

«Ja.«

«Wie lange werden Sie bleiben?«

Sie zögerte mit der Antwort. Eine Stunde? Zehn Jahre?» Ich weiß es nicht.«

«Okay. «Er überprüfte das Schlüsselregal.»Ich hätte ein hübsches Zimmer für Sie im vierten Stock.«

«Ja, gerne. «Sie trug sich mit einer schönen, geschwungenen Handschrift ins Melderegister ein: JULIA STANFORD.

Der Mann an der Rezeption reichte ihr einen Schlüssel.»So, das war's. Angenehmen Aufenthalt.«

Es war ein kleines Zimmer, ordentlich und sauber. Und nach dem Auspacken rief Julia sofort Sally an.

«Julia? Mein Gott, wo bist du?«

«Ich bin in Boston.«

«Ist auch alles okay?«Sally klang beinahe hysterisch.

«Ja, wieso fragst du?«

«Du hattest Besuch — von einem Mann, ich glaube, er wollte dich umbringen.«

«Was sagst du da?«

«Er hatte ein Messer bei sich… du hättest den Ausdruck auf seinem Gesicht sehen sollen…«Sie rang nach Atem.»Als er merkte, daß er mich mit dir verwechselt hatte, ist er getürmt!«

«Das glaube ich nicht!«

«Angeblich arbeitet er bei A. C. Nielsen — aber ich habe dort angerufen, und die kannten nicht mal seinen Namen! Kennst du jemanden, der es auf dich abgesehen hat?«

«Selbstverständlich nicht, Sally! Sei nicht albern! Hast du die Polizei angerufen?«

«Natürlich. Die hat mir aber auch nicht weiterhelfen können und mir den Rat gegeben, in Zukunft fremden Männern gegenüber vorsichtiger zu sein.«

«Also, mir geht's echt prima, du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. «Sie hörte, wie Sally erleichtert aufatmete.

«Na schön, solange dir's nur gutgeht. Julia?«

«Ja.«

«Paß gut auf dich auf, ja?«

«Selbstverständlich.«Was Sally sich bloß immer zusammenfantasiert! Wer sollte sie umbringen wollen?

«Weißt du schon, wann du wieder zurückkommst?«

Die gleiche Frage, die der Mann an der Rezeption gestellt hatte.»Nein.«

«Du bist dort hingefahren, um deine Verwandten kennenzulernen, nicht wahr?«»Ja.«

«Viel Glück.«

«Danke, Sally.«

«Ruf mal wieder an.«

«Bestimmt.«

Julia legte auf, blieb aber bewegungslos sitzen, da sie nicht wußte, was sie unternehmen sollte. Wenn ich Grips hätte, würde ich mich in den nächsten Bus setzen und wieder heimfahren. Ich habe bisher nur die Zeit in die Länge gezogen, um mich vor den nächsten Schritten zu drücken. Bin ich etwa nach Boston gekommen, um die Stadt zu besichtigen? Nein. Ich bin hier, um meine Angehörigen zu besuchen. Soll ich sie wirklich auf suchen? Nein… Ja… Und wenn sie mich nun hassen? Aber das darf ich mir gar nicht erst einreden. Sie werden mich liebhaben, und ich werde sie auch liebhaben. Sie starrte den Telefonapparat an und überlegte: Vielleicht wär's besser, wenn ich vorher anriefe. Nein! Dann könnte es passieren, daß sie es ablehnen, mich zu empfangen. Sie ging zum Schrank und nahm ihr bestes Kleid heraus. Jetzt oder nie.

Und eine halbe Stunde später saß sie im Taxi nach Rose Hill, um die Bekanntschaft ihrer Familie zu machen.

Kapitel 24

Tyler musterte Clark mit einem Ausdruck blanken Entsetzens.»Julia Stanford… draußen an der Tür?«

«Ja, Sir. «In der Stimme des Butlers lag Verwirrung.»Es ist aber nicht die gleiche Miss Stanford, die vorher da war.«

Tyler zwang sich zu einem Lächeln.»Natürlich nicht. Es muß sich wohl um eine Betrügerin handeln.«

«Eine Hochstaplerin, Sir?«

«Ja, von der Sorte, wie sie jetzt haufenweise aus den Löchern kommen werden, Clark, um Anspruch auf einen Teil des Familienerbes zu erheben.«

«Eine entsetzliche Vorstellung, Sir. Soll ich die Polizei holen?«

«Nein!«erwiderte Tyler wie aus der Pistole geschossen; die Polizei wäre wirklich das letzte, was er jetzt brauchen könnte.»Ich werde die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Führen Sie die Frau in die Bibliothek.«

«Jawohl, Sir.«

Tylers Gedanken überschlugen sich. Nun war also die echte Julia Stanford doch noch aufgetaucht. Welch ein Glück, daß seine Geschwister gerade nicht anwesend waren. Er mußte diese junge Frau unverzüglich wieder loswerden.

Tyler ging in die Bibliothek. Julia, die mitten im Raum stand, war in die Betrachtung von Harry Stanfords Porträt vertieft. Tyler blieb kurz stehen, um sie sich genau anzusehen: Die Frau war schön. Wirklich schade, daß sie…

Julia drehte sich um und sah ihn.»Hallo.«

«Hallo.«

«Sie sind Tyler.«

«Stimmt. Und wer sind Sie?«

Ihr Lächeln verblaßte.»Hat denn der Butler nicht… Ich bin Julia Stanford.«

«Wirklich? Verzeihen Sie meine Frage: Aber haben Sie dafür einen Beweis?«

«Einen Beweis? Nun ja… ich… das heißt… einen Beweis nicht. Ich hatte nur angenommen…«

Er trat auf sie zu.»Und aus welchem Grund sind Sie hierhergekommen?«

«Ich fand, daß es Zeit wäre, meine engsten Angehörigen persönlich kennenzulernen.«

«Nachdem Sie sechsundzwanzig Jahre damit gewartet haben?«

«Ja.«

Als Tyler sie genauer betrachtete und ihr zuhörte, gab es für ihn jedoch keinen Zweifel mehr daran, daß hier die echte Julia Stanford vor ihm stand — und mit ihr eine Gefahr, die er unverzüglich aus dem Weg räumen mußte.

Tyler zwang sich zu einem Lächeln.»Also, man kann sich wohl meinen Schreck vorstellen — ich meine, da steht plötzlich wie aus heiterem Himmel jemand an unserer Haustür, und…«

«Ich weiß, Entschuldigung, ich hätte vorher anrufen sollen.«

«Ganz allein in Boston?«erkundigte sich Tyler wie nebenbei.

«Ja.«

Seine Gedanken rasten.»Weiß jemand von Ihrer Reise hierher?«

«Nein. Das heißt, meine Wohngenossin Sally in Kansas City…«

«Und in welchem Hotel wohnen Sie?«

«Im Copley Square Hotel.«

«Ein hübsches Hotel. Und die Zimmernummer?«

«419. «

«Schön. Vielleicht wäre es das beste, wenn… ich zuerst allein mit Woody und Kendall spreche und sie auf die Situation vorbereite. Die beiden werden im ersten Moment bestimmt genauso überrascht reagieren wie ich. Wir könnten dann später kommen, ich meine, ins Hotel.«

«Entschuldigung, aber ich hätte wirklich vorher anru…«

«Kein Problem. Nachdem wir jetzt zueinandergefunden haben, wird alles gut — davon bin ich fest überzeugt.«

Sie zögerte kurz.»Ich danke dir, Tyler«, sagte sie dann mit fester Stimme.

«Gern geschehen…«, doch bei dem Gedanken, sie mit dem Vornamen anzureden, sie duzen zu müssen, wäre er fast erstickt,»Julia. Ich bestell sofort ein Taxi für dich.«

Fünf Minuten später war sie bereits wieder aus dem Haus.

Hal Baker war eben in seinem Hotelzimmer in Boston eingetroffen, als auch schon das Telefon läutete. Er hob ab.

«Hal?«

«Tut mir leid, Richter, ich kann Ihnen noch nichts melden. Ich habe die ganze Stadt durchkämmt, bin zum Flughafen gefahren und… «

«Sie ist bereits da, Sie Idiot!«

«Was?«

«Sie ist schon in Boston und wohnt im Copley Square Hotel, Zimmer 419. Ich will die Sache heute abend erledigt haben. Und diesmal vermasseln Sie es mir nicht! Haben Sie mich verstanden?«

«Es war nicht mein Fehler, daß…«

«Haben Sie mich verstanden?«

«Ja.«

«Dann machen Sie sich an die Arbeit!«Tyler knallte den Hörer auf die Gabel und rief nach Clark.

«Clark — was diese junge Frau von vorhin angeht, die sich als meine Schwester ausgab.«