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«Ja, Sir?«

«Ich möchte sie den anderen Familienmitgliedern gegenüber nicht erwähnen, das würde nur unnötige Unruhe verursachen.«

«Verstehe, Sir, sehr rücksichtsvoll von Ihnen.«

Zum Essen ging Julia zu Fuß zum Ritz Carlton, und sie fand das Hotel genauso wundervoll, wie ihre Mutter es geschildert hatte. Sonntags bin ich mit den Kindern oft zum Lunch dorthingefahren. Julia saß im Speisesaal und stellte sich ihre Mutter vor, wie sie mit Tyler, Woody und Kendall an einem Tisch gesessen hatte. Wie gern wäre ich mit ihnen zusammen groß geworden, dachte Julia, aber ich lerne sie ja jetzt kennen. Die erste Begegnung mit Tyler hatte sie allerdings doch ein wenig irritiert. Er war so kühl… nein, richtig kalt war er gewesen. Aber das ist doch natürlich, überlegte sie, wenn plötzlich eine Unbekannte mit der Behauptung, eine Halbschwester zu sein, vor der Tür steht. Da mußte er ja mißtrauisch reagieren. Aber ich werde ihn und die beiden anderen bestimmt überzeugen können, daß ich tatsächlich ihre Schwester bin.

Die Rechnung, die ihr der Ober brachte, versetzte ihr wegen der Höhe der Summe einen ziemlichen Schrecken. Ich muß aufpassen, sagte sie sich, damit ich für die Heimfahrt nach Kansas City noch genug Geld übrigbehalte.

Als sie beim Verlassen des Restaurants vor dem Hotel einen abfahrbereiten Citybus warten sah, stieg sie spontan ein, da sie den sehnsüchtigen Wunsch spürte, soviel wie möglich von der Stadt zu sehen, in der ihre Mutter einmal glücklich gewesen war.

Hal Baker schlenderte durchs Foyer des Copley Square Hotels, als ob er dort wohnen würde, ging die Treppe hinauf bis zur vierten Etage und schwor sich, daß diesmal wirklich alles plangemäß und fehlerlos laufen sollte. Das Zimmer 419 lag in der Mitte des Gangs. Hal Baker vergewisserte sich, daß sich auf dem Gang niemand aufhielt, und klopfte an. Keine Antwort. Er versuchte es noch einmal.»Miss Stanford?«Noch immer keine Antwort.

Er zog ein kleines Etui aus der Tasche, nahm einen Draht heraus und hatte das Schloß im Nu geöffnet. Er trat ein und zog die Tür hinter sich zu. Das Zimmer war leer.

«Miss Stanford?«

Er ging ins Bad — leer. Er ging wieder ins Zimmer zurück, zog sein Messer aus der Tasche, rückte einen Stuhl hinter die Tür und blieb wartend im Dunkeln sitzen. Nach etwa einer Stunde hörte er draußen Schritte näher kommen.

Sofort stand Hal Baker auf und nahm mit dem Messer in der Hand hinter der Tür seine Position ein. Er hörte, wie der Schlüssel im Schloß umgedreht wurde, sah, wie die Tür langsam aufging, hob das Messer und hielt es über seinen Kopf er war bereit zuzustoßen. Julia Stanford trat ins Zimmer und knipste das Licht an. Er hörte ihre Stimme —»Na gut, dann kommen Sie herein.«

Eine Horde von Reportern betrat das Zimmer.

Kapitel 25

Die Rettung ihres Lebens hatte Julia der Tatsache zu verdanken, daß im Copley Square Hotel der Manager Gordon Wellman Nachtdienst hatte, das heißt ihm und dem Zufall, denn Wellman wurde mißtrauisch, als er bei Dienstbeginn um achtzehn Uhr routinemäßig die Gästeliste checkte. Sein Blick fiel auf den Namen Stanford. Die Zeitungen waren seit Harry Stanfords Tod voll gewesen mit Geschichten über die StanfordFamilie, und die Journalisten hatten auch den alten Skandal wegen Stanfords Verhältnis mit der Gouvernante seiner Kinder und den Selbstmord seiner Frau wieder ans Licht gezerrt und auch, daß Harry Stanford aus dieser Liaison eine uneheliche Tochter namens Julia hatte, die einem Gerücht zufolge heimlich in Boston angereist und nach einem Einkaufsbummel unerwartet nach Südamerika wieder abgeflogen sei. Das konnte nur bedeuten, überlegte Wellman aufgeregt, daß Julia Stanford wieder nach Boston zurückgekehrt war — und sie wohnte in seinem Hotel!

«Wissen Sie, was so eine Geschichte dem Hotel an Werbung bringen würde!?«sagte er zu seinem Kollegen an der Rezeption. Und er hatte sich sofort ans Telefon gehängt, um die Presse zu verständigen.

Als Julia von ihrer Besichtigungstour ins Hotel zurückkehrte, wurde sie im Foyer von einer Horde von Reportern erwartet, die sich sofort auf sie stürzten, als sie eintrat.

«Miss Stanford! Ich komme vom Boston Globe. Wir hatten nach Ihnen gesucht, dann aber gehört, daß Sie die Stadt wieder verlassen hätten. Könnten Sie uns mitteilen…?«

Eine Fernsehkamera richtete sich auf sie.»Miss Stanford, ich bin vom Sender WCVB. Wir hätten von Ihnen gern eine Stellungnahme… «

«Miss Stanford, ich bin Reporter des Boston Phoenix. Wir hätten gern Ihre Aussage zu…«

«Bitte hierher schauen, Miss Stanford! Und lächeln!«

Blitzlichter.

Julia stand völlig verdattert da und dachte nur: O mein Gott! Jetzt werden meine Geschwister mich auch noch für mediengeil halten. Sie sagte zu den Reportern:»Tut mir leid, aber ich habe Ihnen nichts mitzuteilen!«

Als sie in Richtung Aufzug flüchtete, stürzten ihr die Reporter nach.

«Die Zeitschrift People möchte eine Story über Ihr bisheriges Leben bringen — wie es einem Menschen ergeht, der gezwungen ist, die ersten sechsundzwanzig Jahre seines Lebens von seiner Familie getrennt zu verbringen… «

«Nach unseren Informationen waren Sie nach Südamerika geflogen…«

«Haben Sie die Absicht, sich in Boston niederzulassen…«

«Wieso wohnen Sie jetzt nicht in Rose Hill…«

Sie stieg im vierten Stock aus dem Lift und rannte über den Flur, aber die Reporter blieben ihr auf den Fersen.

Julia zog den Schlüssel aus der Tasche, schloß auf, trat in ihr Zimmer und machte Licht.»Na schön, dann kommen Sie herein.«

Hal Baker, der mit gezücktem Messer hinter der Tür stand, wurde von den Ereignissen überrascht. Es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, das Messer in der Tasche verschwinden zu lassen, als die Reporter an ihm vorbei ins Zimmer drängten, und sich unter sie zu mischen.

Julia drehte sich zu den Reportern um.»Also gut, aber immer der Reihe nach. Nicht alle Fragen durcheinander.«

Hal Baker, dessen Absichten auf diese Weise vereitelt wurden, verdrückte sich unauffällig in Richtung Tür und schlich sich in dem quälenden Bewußtsein davon, daß Richter Stanford wieder einmal nicht mit ihm zufrieden sein würde.

Eine halbe Stunde lang beantwortete Julia die Fragen, so gut sie konnte. Und als die Reporter endlich verschwunden waren, schloß Julia ihr Zimmer ab und legte sich erschöpft ins Bett.

Die Berichte über Julia Stanford erschienen am nächsten Morgen in den Fernsehnachrichten und Tageszeitungen.

Als Woody und Kendall sich zu Tyler an den Frühstückstisch setzten, schäumte er innerlich vor Wut, weil er gerade die Zeitung gelesen hatte.

«Was soll der ganze Unsinn mit dieser Frau, die sich als Julia Stanford ausgibt?«wollte Woody wissen.

«Sie ist eine Fälschung«, erwiderte Tyler glatt.»Sie kam gestern hierher und wollte Geld. Ich habe sie weggeschickt. Daß sie uns mit einer solch billigen Tour kommen würde — damit konnte ich ja nicht rechnen. Aber keine Sorge, mit der werde ich schon noch fertig.«

Er rief Simon Fitzgerald an.»Haben Sie schon die Morgenzeitungen gelesen?«

«Natürlich.«

«Dann wissen Sie ja, daß eine Hochstaplerin in Boston herumläuft und vorgibt, unsere Schwester zu sein.«

«Soll ich alles Nötige tun, damit sie inhaftiert wird?«fragte Fitzgerald.

«Nein!«erwiderte Tyler,»das würde ihr ja nur noch mehr Publicity verschaffen. Ich hätte sie gern aus der Stadt hinauskomplimentiert.«

«In Ordnung, ich werde dafür sorgen, Richter Stanford.«»Vielen Dank.«

Simon Fitzgerald ließ Steve Sloane rufen.

«Es gibt ein Problem«, bemerkte er.

Steve nickte verständnisvoll.»Ich weiß, ich hab’ die Fernsehnachrichten gesehen und Zeitung gelesen. Wer ist diese Frau?«