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«Machen Sie keine Witze, ich finde es furchtbar.«

«Ich kann Sie gut verstehen«, erwiderte Steve reumütig,»ich bitte um Entschuldigung. «Er fand den Umgang mit ihr angenehm und problemlos und mußte daran denken, wie unhöflich er sich bei ihrer ersten Begegnung verhalten hatte.

«Sind Sie… sind Sie wirklich der Meinung, daß ich in Gefahr bin, Mr. Sloane?«fragte Julia.

«Nennen Sie mich doch bitte Steve. Ja, leider befinden Sie sich wirklich in Gefahr, aber nur für eine kurze Zeit. Sobald das Testament Ihres Vaters vom Nachlaßgericht freigegeben ist, werden wir erfahren, wer hinter der ganzen Sache steckt. Und bis dahin werde ich persönlich für Ihre Sicherheit sorgen.«

«Vielen Dank. Ich… weiß es zu schätzen.«

Sie sahen sich in die Augen. Der herbeieilende Kellner, der den Ausdruck auf den Gesichtern der beiden bemerkte, zog es vor, sie nicht zu stören.

«Ist das Ihr erster Besuch in Boston?«fragte Steve, als sie wieder in seinem Wagen saßen.

«Ja.«

«Eine faszinierende Stadt. «Sie passierten gerade das historische Hancock Building, und Steve deutete auf den Turm.»Sehen Sie dort oben den Leuchtturm?«

«Ja.«

«Er funktioniert als Wettervorhersage.«

«Aber wie kann denn ein Leuchtturm…?«

«Eine gute Frage. Wenn der Leuchtturm ein gleichmäßig blaues Licht aussendet, so bedeutet das klares Wetter. Ein knalliges Blau signalisiert Bewölkung, ein gleichmäßiges Rot bedeutet Regen und rote Blitze Schneefälle.«

Julia lachte.

Sie erreichten die Harvard Bridge, wo Steve die Fahrt verlangsamte.»Diese Brücke verbindet Boston mit Cambridge. Die Länge beträgt präzise 364,4 Smoots und ein Ear.«

Julia schaute ihn verständnislos an.»Wie bitte?«

Steve lachte.»Sie haben richtig gehört.«

«Was ist denn ein Smoot?«

«Ein Smoot ist die Maßeinheit einer Körperlänge von Oliver Reed Smoot — sie betrug genau einen Meter und zweiundsiebzig Zentimeter. Das Ganze wurde immer als Witz aufgefaßt, doch bei der Brückenrenovierung hat die

Stadtverwaltung dann die alten Markierungen beibehalten, und im Jahr 1958 ist der Smoot dann sogar als offizielles Längenmaß eingeführt worden.«

«Das ist ja unglaublich«, rief sie lachend.

Als sie am Bunker Hill Monument vorbeifuhren, rief Julia aus:»Aha! Und hier hat die Schlacht von Bunker Hill stattgefunden.«

Steve widersprach.»Mitnichten.«

«Was soll das heißen?«

«Die Schlacht von Bunker Hill ist auf Breed's Hill ausgetragen worden.«

Steve wohnte im Bostoner Bezirk Newbury Street in einem entzückenden, zweigeschossigen Haus, das recht behaglich eingerichtet war und an dessen Wänden hübsche Farbdrucke hingen.

«Sie leben hier allein?«fragte Julia.

«Ja. Ich habe allerdings eine Haushälterin, die zweimal wöchentlich kommt. Ich werde ihr sagen, daß sie in den nächsten Tagen frei hat, weil ich vermeiden möchte, daß irgend jemand etwas von Ihrem Aufenthalt bei mir erfährt.«

Julia sah Steve in die Augen.»Sie sollten wissen, daß ich Ihnen von ganzem Herzen dankbar bin für alles, was Sie für mich tun.«

«Ist mir ein Vergnügen. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Schlafzimmer.«

Er führte sie zum Gästezimmer im oberen Stock.»Ich hoffe, daß Sie es hier bequem haben.«

«Ganz bestimmt. Ich finde es sehr schön«, erwiderte Julia.

«Ich werde Lebensmittel besorgen, normalerweise geh’ ich zum Essen immer aus.«

«Ich könnte ja…«Sie brach mitten im Satz ab.»Wenn ich's mir recht überlege, vielleicht doch besser nicht. Meine Wohngenossin in Kansas City behauptet, daß meine Kochprodukte tödlich sind.«

«Ich glaube, daß ich eine ziemlich glückliche Hand am Herd habe«, erwiderte Steve.»Also werde ich für uns beide kochen. «Er betrachtete sie nachdenklich und sagte dann gedehnt:»Ich habe schon lange nicht mehr für einen anderen Menschen gekocht.«

Halt dich zurück! ermahnte er sich. Sie ist für dich eine Nummer zu groß. Du verdienst nicht einmal genug, um für ihre Taschentücher aufkommen zu können!

«Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte er laut,»und machen Sie sich's gemütlich.«

Sie sah ihm lange in die Augen und sagte dann mit einem freundlichen Lächeln:»Vielen Dank.«

Sie gingen zurück ins Erdgeschoß, und Steve zeigte ihr die Einrichtung.»Fernseher, Videogerät, Radio, CD-Spieler… Steht alles zu Ihrer Verfügung.«

«Wie angenehm!«Am liebsten hätte sie gesagt: Vor allem mit Ihnen.

«Also, wenn Sie weiter keine Wünsche haben…«, meinte er verlegen.

Julia schenkte ihm ein warmes Lächeln.»Im Augenblick fällt mir jedenfalls nichts ein.«

«Dann fahr ich zurück ins Büro. Es gibt noch eine ganze Menge offener Fragen.«

Sie folgte ihm zur Tür.

«Steve?«

Er wandte sich um.»Ja?«

«Ist es in Ordnung, wenn ich meine Wohngenossin anrufe? Sie macht sich bestimmt Sorgen um mich.«

Er schüttelte den Kopf.»Nein, das wäre überhaupt nicht in Ordnung. Ich muß Sie bitten, nicht zu telefonieren und auch das Haus nicht zu verlassen. Davon könnte Ihr Leben abhängen.«

Kapitel 28

«Ich bin Dr. Westin. Sie wissen, daß unser Gespräch jetzt auf Band aufgezeichnet wird?«

«Ja, Herr Doktor.«

«Fühlen Sie sich jetzt ruhiger?«

«Ich bin ganz ruhig, aber voll Zorn.«

«Worüber empfinden Sie Zorn?«

«Ich dürfte überhaupt nicht in dieser Klinik sein, ich bin keine Verrückte. Das hat man mir angehängt.«

«Ach ja? Und wer sollte Ihnen das angehängt haben?«

«Tyler Stanford.«

«Richter Tyler Stanford?«

«So ist es.«

«Und warum sollte er so etwas tun?«

«Weil er mir Geld stehlen will.«

«Besitzen Sie denn soviel Geld?«

«Nein. Ich meine, ja… das heißt, ich hätte das Geld bekommen sollen. Er hat mir eine Million Dollar versprochen, dazu einen Nerzmantel und Juwelen.«

«Warum hätte Richter Stanford Ihnen das versprechen sollen?«

«Dazu müßte ich Ihnen die ganze Geschichte von Anfang an erzählen. Wenn Sie gestatten — ich bin nicht Julia Stanford, ich heiße Margo Posner.«

«Als Sie bei uns eingeliefert wurden, haben Sie sich aber nachdrücklich als Julia Stanford ausgegeben.«

«Vergessen Sie's, ich bin's wirklich nicht. Schauen Sie… Das alles hat folgendermaßen angefangen: Richter Stanford hat mich angeheuert, damit ich als seine Schwester auftrete.«

«Aus welchem Grund sollte er das getan haben?«»Damit ich einen Anteil am Erbe von Harry Stanford erhalte und ihn ihm übereigne.«

«Und dafür hat er Ihnen eine Million Dollar, einen Nerzmantel und Juwelen versprochen?«

«Sie glauben mir wohl nicht, wie? Nun, ich kann's beweisen. Er hat mich nach Rose Hill geholt — Rose Hill ist der Familiensitz der Stanfords in Boston, und ich kann Ihnen das Haus genauestens beschreiben. Ich kann Ihnen auch die Familie beschreiben und den ganzen Haushalt.«

«Sind Sie sich dessen bewußt, daß Ihre Behauptungen eine schwere Anschuldigung darstellen?«

«Und ob ich das bin. Aber Sie werden vermutlich trotzdem nichts gegen ihn unternehmen, weil er zufälligerweise Richter ist.«

«Da irren Sie sich. Ich versichere Ihnen, daß die Vorwürfe gründlich und penibel überprüft werden.«

«Gut! Der Mistkerl soll auf die gleiche brutale Art hinter Gitter gebracht werden wie ich. Ich will hier raus!«

«Es ist Ihnen klar, daß, außer mir, noch zwei Kollegen Sie auf Ihre geistige Gesundheit hin untersuchen werden?«

«Sollen sie nur. Ich bin geistig genauso gesund wie Sie.«

«Wenn Dr. Gifford im Haus ist — er hat erst heute nachmittag Dienst —, werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden.«