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Frau werden können, aber man gab mir keine Chance. Für seine Freunde war ich eben bloß 'ne Kellnerin. Ich habe das Baby dann übrigens nicht verloren, ich hab's abgetrieben, weil ich dachte, daß Woody sich vielleicht von mir scheiden lassen würde, wenn ich kein Kind kriegte. Das hat er aber nicht getan nur um zu zeigen, was er doch für ein feiner, moderner, demokratischer Typ ist. Na schön, und dann will ich dir noch was verraten, meine Dame. Mitleid brauch ich nicht, darauf kann ich verzichten. Ich bin nicht schlechter als du oder jede andere.«

Die Worte trafen wie Schläge.»Hast du Woody überhaupt einmal geliebt?«

Peggy zuckte mit den Schultern.»Er war ein gutaussehender Mann, ein fröhlicher Kerl, aber dann kam der schlimme Sturz vom Pferd beim Polospiel, und auf einmal war alles anders. Im Krankenhaus hat er starke Mittel gekriegt; man hat sich dort darauf verlassen, daß er nach seiner Entlassung damit wieder aufhören würde. Eines Nachts litt er unter besonders starken Schmerzen, da hab ich zu ihm gesagt: >Ich hab was für dichc, hab ich gesagt, und sobald er wieder Schmerzen kriegte, hab ich ihm jedesmal seine kleine Dosis geholt. Es hat gar nicht lang gedauert, bis er darauf angewiesen war, ob er nun Schmerzen hatte oder nicht, das war völlig egal. Mein Bruder war ein Dealer, ich hatte also überhaupt kein Problem, die nötigen Mengen zu besorgen. Ich bekam alles Heroin, das ich brauchte, und manchmal hab ich einfach so getan, als ob ich von dem Zeug nichts mehr hätte, nur um zu sehen, wie Woody ins Schwitzen kam und zu jammern anfing — ach, wie der gute Mr. Woodrow Stanford mich auf einmal brauchte! Dann war er gar nicht mehr der hochnoble, starke Herr! Ich hab ihn richtig provoziert, damit er mich schlug, danach hatte er nämlich immer fürchterliche Schuldgefühle und kam wieder mit Geschenken angekrochen. Verstehst du? Wenn Woody von den Drogen runter ist, dann bin ich gar nichts mehr, aber wenn er süchtig ist, dann bin ich jemand — nämlich diejenige, die alles hat, was er braucht. Da mag er ein Stanford sein und ich vielleicht bloß eine einfache Kellnerin, aber ich hab ihn total in der Hand.«

Kendall hatte vor Entsetzen die Augen weit aufgerissen.

«Dein Bruder hat versucht, davon loszukommen. Und wenn's ganz schlimm mit ihm wurde, haben seine Freunde ihn in eine Klinik zum Entzug geschleppt, und ich hab ihn dort besucht und beobachtet, wie der große Stanford Höllenqualen litt. Und wenn er wieder herauskam, hab ich mit meiner kleinen Belohnung auf ihn gewartet, um es ihm heimzuzahlen.«

Kendall konnte kaum mehr atmen.»Du bist ein richtiges Monster«, stieß sie hervor.»Verlaß bitte sofort dieses Haus.«

«Darauf kannst du Gift nehmen. Ich kann's gar nicht abwarten, von hier wegzukommen. «Sie grinste.»Aber ich verschwinde natürlich nicht einfach mit leeren Händen. Wie hoch wird meine Abfindung sein?«

«Die Summe ist völlig egal«, erwiderte Kendall.»Sie wird sowieso viel zu hoch sein. Und jetzt verschwinde!«

«Okay. «Und dann fügte sie noch in affektiertem Ton hinzu:»Mein Anwalt wird sich mit Ihrem Anwalt in Verbindung setzen.«

«Sie will mich wirklich verlassen?«

«Ja.«

«Das heißt…«

«Ich weiß, was das für dich bedeutet, Woody. Kommst du damit zurecht?«

Er schaute seine Schwester zaghaft lächelnd an.»Ich glaub schon. Ja, ich denke, ich kann es schaffen.«

«Ich bin ganz sicher, daß du es kannst.«

Er holte tief Luft.»Danke, Kendall. Ich hätte selber nie den Mut aufgebracht, mich von ihr zu trennen.«

Kendall strahlte.»Wofür hast du eine Schwester?«

Am Nachmittag fuhr Kendall nach New York. Bis zu ihrer Modenschau war es nur noch eine Woche, und ihre Anwesenheit bei den letzten Vorbereitungen war dringend erforderlich.

Die Kleiderindustrie ist der bedeutendste Industriezweig New Yorks, und der Erfolg einer Modeschöpferin kann sogar weltweite wirtschaftliche Auswirkungen haben. Der Einfluß, den die Einfälle eines Designers haben, reicht von den Baumwollpflückern Indiens bis zu den Wollwebern Schottlands und der Seidenraupenzucht in China und Japan. Persönlichkeiten wie Donna Karan, Calvin Klein und Ralph Laurens stellen einen Wirtschaftsfaktor dar — und zu dieser Elite gehörte inzwischen auch Kendall. Einem Gerücht zufolge wollte das Council of Fashion Designers of America sie zur» Modeschöpferin des Jahres «küren: Eine prestigereichere Auszeichnung konnte man sich kaum vorstellen.

Kendall Stanford Renaud war eine vielbeschäftigte Frau. Im September galt es eine Vielzahl von Stoffen zu begutachten, und im Oktober traf sie ihre Auswahl für ihre neuen Kreationen. Die Monate Dezember und Januar waren den Entwürfen der neuen Mode gewidmet, und der Februar ihrer Perfektionierung. Und im April führte sie ihre neue Herbstmode vor.

Die Firma Kendall Stanford Designs residierte im Haus 55 Seventh Avenue, im gleichen Gebäude wie Billie Blass und Oscar de la Renta. Die nächste Modenschau sollte im Zeltpavillon des Bryant Parks stattfinden, der bis zu tausend Gästen faßte. Beim Betreten des Büros wurde Kendall sofort von ihrer Sekretärin Nadine bestürmt.»Ich hab eine gute Nachricht: Bei der Modenschau sind alle verfügbaren Sitzplätze reserviert.«

«Danke«, sagte Kendall ein wenig geistesabwesend.

«Übrigens«, fuhr Nadine fort,»da ist ein Brief eingetroffen, mit dem Vermerk EILT auf dem Kuvert. Er ist eben per Boten gekommen.«

Nadines Worte trafen Kendall wie Pfeilspitzen. Sie trat an ihren Schreibtisch und warf einen Blick auf das Kuvert. Als Absender war angegeben: Wild Animal Protection Association, 3000 Park Avenue, New York. Sie überlegte blitzschnell — an der Park Avenue gab es überhaupt kein Gebäude mit dieser Nummer.

Mit zitternden Fingern öffnete Kendall den Umschlag:

Sehr geehrte Mrs. Renaud,

wie ich soeben von meiner Schweizer Bank erfahre, ist die Summe von einer Million Dollar, die mein Verband gefordert hat, noch immer nicht auf unserem Konto eingegangen. In Anbetracht der Größe Ihres Verbrechens muß ich Sie davon in Kenntnis setzen, daß unsere Erfordernisse jetzt auf fünf Millionen Dollar angestiegen sind. Falls diese Zahlung ausgeführt wird, werden wir Sie in Zukunft nicht mehr belästigen. Sie haben fünfzehn Tage Zeit, um die Summe auf unserem Konto zu hinterlegen, falls Sie der Aufforderung nicht nachkommen sollten, werden wir die zuständigen Behörden benachrichtigen.

Der Brief war ohne Unterschrift. Kendall wurde von einer panischen Angst ergriffen und las den Brief mehrmals durch. Fünf Millionen Dollar! Das ist absolut unmöglich, sagte sie sich. Eine so hohe Summe kann ich in der kurzen Zeit nie und nimmer auftreiben. Wie habe ich nur so dumm sein können!

Als Marc abends nach Hause kam, zeigte ihm Kendall sofort den Brief.

Er rief wütend:»Fünf Millionen Dollar! Das ist doch grotesk! Für wen halten die dich eigentlich?«

«Sie wissen leider genau, wer ich bin«, erwiderte Kendall.»Das ist ja der Grund für mein Problem mit ihnen. Ich muß mir rasch Geld beschaffen, aber wie?«

«Ich weiß auch nicht… Wahrscheinlich würde dir eine Bank gegen die Sicherheit deiner Erbschaft das Geld leihen, allerdings ist das ein Gedanke, der mir gar nicht behagt…«

«Marc, es geht um mein Leben! Um unser Leben! Ich werde versuchen, ein Darlehen zu bekommen.«

George Meriwether war stellvertretender Generaldirektor und für die Geschäfte der Unionsbank in New York verantwortlich ein Mann in den Vierzigern, der als kleiner Kassierer angefangen und sich bis an die Spitze hochgearbeitet hatte, ein ehrgeiziger Mann, der von einem Sitz im Aufsichtsrat träumte, und dann… Bei diesen Träumen wurde er von seiner Sekretärin gestört.

«Miss Kendall Stanford würde Sie gern sprechen.«

Er spürte eine angenehme Erregung. Als Modedesignerin war sie seit langem eine gute Kundin, und jetzt zählte sie auch noch zu den reichsten Frauen der Welt. Er hatte sich mehrmals erfolglos um Harry Stanford bemüht; und nun…