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«Den will ich Euch leisten, meine Königin«, sagte Ser Jorah und kniete nieder, um ihr sein Schwert zu Füßen zu legen.

«Ich schwöre, daß ich Euch dienen will, daß ich Euch folgen will, daß ich gar für Euch sterben will, sollte es das Schicksal fordern.«

«Was immer auch geschehen mag?«.

«Was immer auch geschehen mag.«

«Ich werde Euch bei Eurem Eid nehmen. Ich bete darum, daß Ihr nie bereuen sollt, ihn mir geleistet zu haben. «Dany zog ihn auf die Beine. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um an seine Lippen heranzureichen, küßte den Ritter sanft und sagte:»Ihr seid der erste meiner Königinnengarde.«

Sie spürte die Blicke des khalasar, während sie auf ihr Zelt zuging. Die Dothraki murmelten und warfen ihr merkwürdige Seitenblicke aus den Augenwinkeln ihrer dunklen Mandelaugen zu. Sie hielten sie für irre, das fühlte Dany. Vielleicht war sie es. Bald genug schon würde sie es wissen. Wenn ich mich umsehe, bin ich verloren.

Das Bad war kochend heiß, als Irri ihr in die Wanne half, doch? Dany zuckte weder, noch schrie sie auf. Sie mochte die Hitze. Sie gab ihr das Gefühl, rein zu sein. Jhiqui hatte die Öle ins Wasser gegeben, die sie auf dem Markt von Vaes Dothrak gefunden hatte. Feucht und duftend stieg der Dampf auf. Doreah wusch ihr Haar und kämmte es aus, löste die Knoten und Hexen. Irri schrubbte ihr den Rücken. Dany schloß die Augen und ließ sich vom Duft und der Wärme umfangen. Sie spürte, wie die Hitze die Wunde zwischen ihren Schenkeln tränkte. Ein Schauer durchfuhr sie, als diese in sie drang, und Schmerz und Starre schienen sich aufzulösen. Sie schwamm.

Als sie sauber war, halfen ihr die Dienerinnen aus dem Wasser. Irri und Jhiqui wedelten sie trocken, während Doreah ihr Haar bürstete, bis es wie ein Sturzbach von flüssigem Silber über ihren Rücken fiel. Sie parfümierten sie mit Würzblumen und Zimt, ein Hauch an beide Handgelenke, hinter die Ohren, an die Spitzen ihrer milchschweren Brüste. Der letzte Tupfer galt ihrem Geschlecht. Irris Finger fühlte sich so leicht und kühl wie der Kuß eines Geliebten an, als er sanft zwischen ihre Lippen glitt.

Danach schickte Dany alle fort, damit sie Khal Drogo auf seinen letzten Ritt in die Länder der Nacht vorbereiten konnte. Sie wusch seinen Leib und bürstete und ölte sein Haar, fuhr zum letzten Mal mit ihren Fingern hindurch, spürte, wie schwer es war, erinnerte sich an das erste Mal, als sie es berührt hatte, in der Nacht ihres Hochzeitsritts. Sein Haar war nie geschnitten worden. Wie viele Männer starben, ohne daß ihr Haar jemals geschnitten worden war? Sie vergrub ihr Gesicht darin und atmete den dunklen Duft der Öle ein. Er roch nach Gras und warmer Erde, wie Rauch und Samen und Pferde. Er roch nach Drogo. Vergib mir, Sonne meines Lebens, dachte sie. Vergib mir für alles, was ich getan habe und was ich tun muß. Ich habe den Preis bezahlt, mein Stern, doch war er zu hoch, zu hoch…

Dany flocht sein Haar, schob die silbernen Ringe auf seinen Bart und hängte die Ringe einen nach dem anderen hinein. So viele Glöckchen, Gold und Silber und Bronze. Glöckchen, damit seine Feinde ihn kommen hörten und vor Angst zitterten. Sie zog ihm Hosen aus Pferdehaar und hohe Stiefel an, schnallte ihm einen schweren Gürtel voll goldener und silberner Medaillons um die Hüften. Um seine vernarbte Brust legte sie eine bemalte Weste, alt und verblaßt, die Drogo stets die liebste gewesen war. Für sich selbst wählte sie weite Hosen aus roher Seide, Sandalen, die das halbe Bein hinauf geschnürt wurden, und eine Weste wie Drogos.

Die Sonne ging unter, als sie die anderen rief, damit sie seine Leiche zum Scheiterhaufen trugen. Die Dothraki sahen schweigend zu, wie Jhogo und Aggo ihn aus dem Zelt trugen. Dany ging hinter ihnen. Sie legten ihn auf seine Kissen und Tücher, sein Kopf der Mutter aller Berge weit drüben im Nordosten zugewandt.

«Öl«, befahl sie, und sie brachten die Krüge und gössen sie über dem Scheiterhaufen aus, tränkten die Tücher und Büsche und die Bündel von trockenem Gras, bis das Öl unter den Scheiten heraustropfte und die Luft von dessen Geruch erfüllt war.»Bringt mir die Eier«, befahl Dany ihren Dienerinnen. Ein Unterton in ihrer Stimme ließ sie laufen.

Ser Jorah nahm sie beim Arm.»Meine Königin, Drogo wird in den Ländern der Nacht keine Verwendung für Dracheneier haben. Verkauft sie lieber an die Asshai. Verkauft nur eines, und wir können ein Schiff erstehen, das uns in die Freien Städte bringt. Verkauft drei, und Ihr werdet Euer Leben lang eine wohlhabende Frau sein.«

«Ich habe sie nicht geschenkt bekommen, damit ich sie verkaufe«, erklärte ihm Dany.

Sie selbst erklomm den Scheiterhaufen und drapierte die Eier um ihre Sonne, ihre Sterne. Das Schwarze neben seinem Herzen, unter seinem Arm. Das Grüne neben seinem Kopf, sie schlang den Zopf darum. Das Cremefarben-Goldene unten zwischen seine Beine. Als sie ihn zum letzten Mal küßte, schmeckte Dany das süße Öl an seinen Lippen.

Sie stieg vom Scheiterhaufen und bemerkte, daß Mirri Maz Duur sie beobachtete.»Ihr seid wahnsinnig«, sagte das Götterweib mit rauher Stimme.

«Ist es denn so weit vom Wahnsinn bis zur Weisheit?«fragte Dany.»Ser Jorah, nehmt diese maegi und bindet sie an den Scheiterhaufen.«

«An den… meine Königin, nein, hört mich an…«

«Tut, was ich sage. «Er zögerte noch, bis ihr Zorn aufflammte.»Ihr habt geschworen, mir zu folgen, was immer auch komme möge. Rakharo, hilf ihm.«

Das Götterweib schrie nicht, als man sie zu Khal Drogos Haufen schleppte und inmitten seiner Schätze fesselte. Dany goß der Frau das Öl eigenhändig über den Kopf.»Ich danke dir, Mirri Maz Duur«, sagte sie,»für die Lektionen, die du mir erteilt hast.«

«Ihr werdet mich nicht schreien hören«, antwortete Mirri, während das Öl aus ihrem Haar tropfte und ihre Kleider tränkte.

«Doch«, sagte Dany,»aber es sind nicht deine Schreie, die ich will, nur dein Leben. Ich weiß noch, was du mir gesagt hast. Nun mit dem Tod kann man für das Leben bezahlen. «Mirri Maz Duun öffnete den Mund, doch kam nichts heraus. Indem sie zurücktrat sah Dany, daß die Verachtung aus den schwarzen Augen der maegi gewichen war. An deren Stelle trat nun etwas, das Angst sein mochte. Dann blieb nichts mehr zu tun, als die Sonne zu betrachten und nach dem ersten Stern zu suchen.

Wenn ein Reiterlord stirbt, wird sein Pferd mit ihm getötet, damit er stolz in die Länder der Nacht reiten kann. Beide werden unter offenem Himmel verbrannt, und der khal steigt mit seinem feurigen Roß auf, um seinen Platz unter den Sternen einzunehmen. Je wilder der Mann zu Lebzeiten gebrannt hat, desto heller wird sein Stern im Dunkel leuchten.

Jhogo entdeckte ihn zuerst.»Dort«, sagte er mit leiser Stimme. Dany blickte auf und sah ihn am östlichen Horizont. Der erste Stern war ein Komet, flammend rot. Blutrot. Feuerrot. Der Drachenschweif. Sie hätte sich kein deutlicheres Zeichen wünschen können.

Dany nahm Aggo die Fackel aus der Hand und warf sie zwischen die Scheite. Augenblicklich fing das Öl Feuer, die

Büsche und das trockene Gras nur einen Herzschlag später. Winzige Flammen schössen wie flinke, rote Mäuse am Holz hinauf, glitten über das Öl und sprangen von Borke zu Zweig zu Blatt. Glühende Hitze schlug ihr ins Gesicht, weich und plötzlich wie der Atem eines Geliebten, Sekunden später nur wurde es jedoch zu heiß, sie zu ertragen. Dany trat zurück. Das Holz knackte und knisterte lauter und immer lauter. Mirri Maz Duur fing mit schriller, klagender Stimme an zu singen. Die Flammen wirbelten und wanden sich, scheuchten sich gegenseitig die Plattform hinauf. Die Dämmerung erglühte, als die Luft selbst in der Hitze flüssig zu werden schien. Dany hörte die Scheite zischen und bersten. Die Flammen umfingen Mirri Maz Duur. Ihr Lied wurde lauter, schriller… dann stöhnte sie, wieder und wieder, und ihr Lied wurde zu bebendem Wehklagen, dünn und hoch und voller Pein. Und dann erreichten die Flammen ihren Drogo, und schon waren sie überall um ihn. Seine Kleider fingen Feuer, und für einen Augenblick war der khal in Fetzen von fließender, gelbroter Seide und Ranken von sich kräuselndem Rauch gehüllt, grau und ölig. Danys Lippen öffneten sich, und sie merkte, daß sie die Luft anhielt. Etwas in ihr wollte zu ihm, wie Ser Jorah schon befürchtet hatte, wollte in die Flammen eilen, um ihn um Vergebung zu bitten und ihn ein letztes Mal nur in sich aufnehmen, während das Feuer ihnen das Fleisch von den Knochen schmolz, bis sie eins waren auf ewig.