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«Umgehend, Mylord.«

«Dann haben wir Eure Erlaubnis, unsere Vergeltung gegen Ser Gregor auszuführen?«fragte Marq Piper den Thron.

«Vergeltung?«sagte Ned.»Ich dachte, wir sprächen von Gerechtigkeit. Cleganes Felder niederzubrennen und seine Leute zu erschlagen wird nicht den Frieden des Königs wiederherstellen, sondern nur Euren verletzten Stolz. «Er wandte sich ab, bevor der junge Ritter seinen wütenden Protest vorbringen konnte, und sprach die Dorfbewohner an.»Bewohner von Sherrer, ich kann Euch weder Eure Häuser noch Eure Ernte wiedergeben, und auch Eure Toten kann ich nicht zum Leben erwecken. Aber vielleicht kann ich Euch etwas Gerechtigkeit zukommen lassen im Namen unseres Königs Robert.«

Alle Augen im Saal waren erwartungsvoll auf ihn gerichtet. Langsam erhob sich Ned auf die Beine, stieß sich mit der Kraft seiner Arme vom Thron ab, wobei sein zertrümmertes Bein im Gips vor Schmerzen schrie. Er gab sich alle Mühe, den Schmerz zu überhören. Es war nicht der rechte Augenblick, vor ihnen Schwäche zu zeigen.»Die Ersten Menschen glaubten, daß ein Richter, der den Tod forderte, selbst das Schwert schwingen sollte, und im Norden halten wir noch heute daran fest. Mir mißfällt es, einen anderen auszusenden, damit er für mich tötet… nur scheint es, als hätte ich keine Wahl. «Er deutete auf sein gebrochenes Bein.

«Lord Eddard!«Der Ruf kam von der Westseite der Halle, und ein ansehnliches Bürschchen von einem Jungen trat kühn vor. Ohne seine Rüstung wirkte Ser Loras Tyrell sogar noch jünger als seine sechzehn Jahre. Er trug hellblaue Seide, sein Gürtel war eine Kette aus goldenen Rosen, dem Siegel seines Hauses.»Ich bitte um die Ehre, an Eurer Stelle handeln zu dürfen. Übertragt mir diese Aufgabe, Mylord, und ich schwöre, ich werde Euch nicht enttäuschen.«

Littlefinger gluckste.»Ser Loras, wenn wir Euch allein gehen lassen, schickt uns Ser Gregor Euren Kopf mit einer Pflaume in Eurem hübschen Mund zurück. Der Berg gehört nicht zu den Männern, die sich dem Recht irgendeines anderen unterwerfen.«

«Ich fürchte Gregor Clegane nicht«, antwortete Ser Loras überheblich.

Langsam ließ sich Ned auf Aegons mißgestalteten Thron herab. Seine Augen suchten in den Gesichtern entlang der Wand.»Lord Beric«, rief er aus.»Thoros von Myr. Ser Gladden, Lord Lothar. «Einer nach dem anderen traten die genannten Männer vor.»Jeder von Euch soll sich zwanzig Männer nehmen und mein Wort zu Gregors Festung bringen. Zwanzig meiner eigenen Garde werden mit Euch gehen. Lord Beric Dondarrion, Ihr sollt das Kommando übernehmen, wie es Eurem Rang entspricht.«

Der junge Lord mit dem rotgoldenen Haar verneigte sich.»Wie Ihr befehlt, Lord Eddard.«

Ned sprach mit lauter Stimme, damit sie auch am anderen Ende des Thronsaales zu verstehen war.»Im Namen Roberts aus dem Hause Baratheon, dem Ersten seines Namens, König der Andalen und der Rhoynar und der Ersten Menschen, Lord der Sieben Königslande und Protektor des Reiches, durch das Wort Eddards aus dem Hause Stark, seiner Rechten Hand, befehle ich Euch, in aller Eile in die Westlande zu reiten, unter der Flagge des Königs den Roten Arm des Trident zu überqueren und dort den falschen Ritter Gregor Clegane und alle, die an seinen Untaten teilhatten, dem Recht des Königs zu unterwerfen. Ich klage ihn an, verurteile ihn zur Ehrlosigkeit und entbinde ihn allem Rang und Titel, sämtlicher Ländereien und Einkommen und Pachtungen und verurteile ihn hiermit zum Tode. Mögen die Götter Erbarmen mit seiner Seele haben.«

Als das Echo seiner Worte verhallt war, zeigte sich der Ritter der Blumen bestürzt.»Lord Eddard, was ist mit mir?«

Ned blickte auf ihn hinab. Von dort oben sah Loras Tyrell fast so jung wie Robb aus.»Niemand bezweifelt Euren Heldenmut, Ser Loras, hier jedoch geht es um Gerechtigkeit, und was Ihr sucht, ist Vergeltung. «Er wandte sich Lord Beric zu.»Reitet im ersten Morgenlicht. Solcherart Dinge erledigt man am besten gleich. «Er hob eine Hand.»Der Thron wird heute keine Bittgesuche mehr anhören.«

Alyn und Porther erklommen die steilen Eisenstufen, um ihm herabzuhelfen. Beim Abstieg spürte er Loras Tyrells verdrossenen Blick, doch war der Junge davonstolziert, bevor Ned den Boden des Thronraumes betreten hatte.

Am Fuße des Eisernen Thrones sammelte Varys Papiere vom Ratstisch zusammen. Littlefinger und Grand Maester Pycelle hatten sich bereits entfernt.»Ihr seid ein kühnerer Mann als ich, Mylord«, sagte der Eunuch mit sanfter Stimme.

«Wie das, Lord Varys?«fragte Ned barsch. In seinem Bein pochte es, und er war nicht in der Stimmung für Wortspiele.

«Hätte ich dort oben gesessen, hätte ich Ser Loras geschickt.

Er wollte es so sehr… und ein Mann, der die Lannisters zu Feinden hat, täte gut daran, die Tyrells zu seinen Freunden zu zählen.«

«Ser Loras ist jung«, erwiderte Ned.»Ich wage die Prophezeiung, daß er seine Enttäuschung überleben wird.«

«Und Ser Ilyn?«Der Eunuch strich über eine feiste, gepuderte Wange.»Schließlich übt er das Recht des Königs aus. Andere Männer auszusenden, um seine Aufgabe auszuführen… manch einer könnte das als schwerwiegende Beleidigung auffassen.«

«Eine Kränkung lag nicht in meiner Absicht. «In Wahrheit vertraute Ned dem stummen Ritter nicht, wenn auch vielleicht nur, weil er Henker nicht mochte.»Ich erinnere Euch daran, daß die Paynes Bundesgenossen des Hauses Lannister sind. Ich hielt es für das Beste, Männer auszuwählen, die Lord Tywin nicht zu Treue verpflichtet sind.«

«Zweifellos sehr umsichtig«, sagte Varys.»Allerdings habe ich Ser Ilyn hinten in der Halle zufällig gesehen, wie er uns mit diesen Augen angestarrt hat, und ich muß gestehen, er wirkte nicht eben erfreut, obwohl das bei unserem schweigsamen Ritter sicher schwer zu sagen ist. Ich hoffe, daß auch er seine Enttäuschung überwindet. Er liebt seine Arbeit so sehr…«

Sansa

«Er wollte Ser Loras nicht schicken«, erklärte Sansa am selben Abend Jeyne Poole, während sie im Lichterschein ihr Abendbrot zu sich nahmen.»Ich glaube, es war wegen seines Beines.«

Lord Eddard hatte sein abendliches Mahl mit Alyn, Harwin und Vayon Poole in seinem Bett eingenommen, um das gebrochene Bein besser lagern zu können, und Septa Mordane hatte über müde Füße geklagt, nachdem sie den ganzen Tag auf der Galerie gestanden hatte. Arya hatte sich ihnen anschließen sollen, doch kam sie zu spät von ihrer Tanzstunde zurück.

«Sein Bein?«sagte Jeyne unsicher. Sie war ein hübsches, dunkelhaariges Mädchen in Sansas Alter.»Hat sich Ser Loras am Bein verletzt?«

«Nicht sein Bein«, sagte Sansa und zupfte vorsichtig an einer Hühnerkeule.»Vaters Bein, Dummchen. Es tut ihm so weh, daß er manchmal ganz mürrisch ist. Ansonsten hätte er Ser Loras bestimmt geschickt.«

Die Entscheidung ihres Vaters verwunderte sie nach wie vor. Als sich der Ritter der Blumen zu Wort gemeldet hatte, war sie sicher gewesen, daß sie nun erleben würde, wie eine von Old Nans Geschichten wahr werden sollte. Ser Gregor war das Ungeheuer, und Ser Loras der wahre Held, der ihn erschlagen würde. Er sah sogar aus wie ein wahrer Held, so schlank und schön, mit goldenen Rosen um seine schmalen Hüften und dem vollen, braunen Haar, das ihm in die Augen fiel. Und dann hatte ihr Vater ihn zurückgewiesen! Das hatte sie mehr aufgeregt, als ihr bewußt war. Sie hatte mit Septa Mordane auf der Treppe von der Empore darüber gesprochen, aber die Septa hatte ihr nur gesagt, es stünde ihr nicht zu, Entscheidungen ihres Hohen Vaters anzuzweifeln.

In diesem Moment hatte Lord Baelish gesagt:»Ach, ich weiß nicht, Septa. Manchen Entscheidungen ihres Vaters könnte der eine oder andere Zweifel nicht schaden. Die junge Dame ist so weise, wie sie reizend ist. «Er verneigte sich schwungvoll vor Sansa, so tief, daß sie nicht sicher war, ob man ihr ein Kompliment machte oder sie verspottete.

Septa Mordane war höchst aufgebracht gewesen, als ihr klarwurde, daß Lord Baelish sie belauscht hatte.»Das Mädchen hat nur so dahingeredet, Mylord. Närrisches Geplapper. Sie hat es nicht so gemeint.«