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Trotzig hob sie ihren Kopf.»Euer Robert hat mir einmal ein Kind gemacht«, erwiderte sie, und ihre Stimme war vor Verachtung ganz belegt.»Mein Bruder hat eine Frau gefunden, die mich davon befreit hat. Robert hat es nie erfahren. Wenn ich die Wahrheit sagen soll, kann ich kaum ertragen, daß er mich berührt, und ich habe ihn seit Jahren nicht mehr in mich gelassen. Ich kenne andere Möglichkeiten, ihm Freude zu bereiten, falls er lange genug von seinen Huren abläßt, daß er in meine Kammer torkeln kann. Was wir auch tun: Der König ist für gewöhnlich so betrunken, daß er am nächsten Morgen alles vergessen hat.«

Wie konnten sie alle so blind gewesen sein? Die Wahrheit lag die ganze Zeit vor aller Augen bloß, stand den Kindern ins Gesicht geschrieben. Ned fühlte sich elend.»Ich weiß noch, wie Robert an jenem Tag war, als er den Thron bestieg, von Kopf bis Fuß ein König«, sagte er leise.»Tausend andere Frauen hätten ihn von ganzem Herzen geliebt. Was hat er getan, daß Ihr ihn so sehr haßt?«

Ihre Augen brannten, grünes Feuer in der Dämmerung, erhaben wie die Löwin, die ihr Siegel war.»In der Nacht unserer Hochzeitsfeier, als wir zum ersten Mal das Bett teilten, rief er mich beim Namen Eurer Schwester. Er war auf mir, in mir, stank nach Wein, und er flüsterte Lyanna.«

Ned dachte an hellblaue Rosen, und für einen Augenblick hätte er weinen können.»Ich weiß nicht, wen von Euch beiden ich mehr bedauern soll.«

Das schien die Königin zu amüsieren.»Spart Euer Mitleid für Euch selbst, Lord Stark. Davon will ich nichts.«

«Ihr wißt, was ich tun muß.«

«Ihr müßt?«Sie legte ihre Hand auf sein gesundes Bein, kurz über dem Knie.»Ein echter Mann tut, was er will, nicht, was er muß. «Ihre Finger strichen leicht über seinen Oberschenkel — ein zärtliches Versprechen.»Das Reich braucht eine starke Hand. Es wird noch dauern, bis Joff das rechte Alter erreicht hat. Niemand will den Krieg, ich am allerwenigsten. «Ihre Hand strich über sein Gesicht, sein Haar.»Wenn Freunde zu Feinden werden können, können auch Feinde zu Freunden werden. Deine Frau ist tausend Wegstunden von hier entfernt, und mein Bruder ist geflohen.

Sei gut zu mir, Ned. Ich schwöre dir, du wirst es nie bereuen.«

«Habt Ihr Lord Arryn dasselbe Angebot unterbreitet?«

Sie schlug ihm ins Gesicht.

«Ich werde es als Ehrenzeichen tragen«, sagte Ned trocken.

«Ehre«, fuhr sie ihn an.»Wie könnt Ihr es wagen, mir den edlen Lord vorzuspielen! Wofür haltet Ihr mich? Ihr habt selbst einen Bastard, ich habe ihn gesehen. Ich frage mich, wer die Mutter war. Irgendeine dornische Bäuerin, die Ihr vergewaltigt habt, während ihre Festung niederbrannte? Eine Hure? Oder war es die trauernde Schwester, die Lady Ashara? Sie hat sich ins Meer gestürzt, wie man mir sagte. Wieso das? Wegen des Bruders, den Ihr erschlagen habt, oder wegen des Kindes, das Ihr mitnahmt? Verratet mir, mein ehrenhafter Lord Eddard, worin unterscheidet Ihr Euch so sehr von Robert oder mir oder Jaime?«

«Vor allem«, sagte Ned,»töte ich keine Kinder. Ihr tätet gut daran, mir zuzuhören, Mylady. Ich werde es nur einmal sagen. Wenn der König von der Jagd heimkehrt, beabsichtige ich, ihm die Wahrheit zu unterbreiten. Bis dahin müßt Ihr fort sein. Ihr und Eure Kinder, alle drei, und nicht nach Casterly Rock. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich ein Schiff zu den Freien Städten nehmen oder sogar noch weiter zu den Sommerinseln oder zum Hafen von Ibben. So weit Euch der Wind treibt.«

«Verbannung«, sagte sie.»Ein bitterer Trunk.«

«Ein süßerer Trunk als der, den Euer Vater Rhaegars Kinder kosten ließ«, sagte Ned,»und besser, als Ihr verdient hättet. Euer Vater und Eure Brüder täten gut daran, mit Euch zu gehen. Lord Tywins Gold wird für Eure Bequemlichkeit und für Streiter sorgen, damit Ihr sicher seid. Ihr werdet sie brauchen. Ich verspreche Euch, wohin Ihr auch fliehen mögt, Roberts Rache wird Euch verfolgen bis ans Ende der Welt, wenn es sein muß.«

Die Königin erhob sich.»Und was ist mit meiner Rache, Lord Stark?«fragte sie sanft. Ihr Blick suchte in seinem Gesicht nach etwas.»Ihr hättet das Reich selbst an Euch reißen sollen. Es stand Euch zur Verfügung. Jaime hat mir erzählt, daß Ihr ihn auf dem Eisernen Thron habt sitzen sehen, an jenem Tag, als King's Landing fiel, und daß Ihr ihn dazu gezwungen habt, ihn aufzugeben.

Das war Euer Augenblick. Ihr hättet nur diese Stufen erklimmen und Euch setzen müssen. Welch trauriger Fehler!«

«Ich habe mehr Fehler begangen, als Ihr Euch auch nur im entferntesten vorstellen könnt«, sagte Ned,»aber das gehört sicher nicht hierher.«

«O doch, das tut es, Mylord«, beharrte Cersei.»Wenn man das Spiel um Throne spielt, gewinnt man, oder man stirbt. Dazwischen gibt es nichts.«

Sie setzte die Kapuze auf, um ihr geschwollenes Gesicht zu verbergen, und ließ ihn in der Dunkelheit unter der Eiche zurück, in der Stille des Götterhains, unter blauschwarzem Himmel. Die Sterne kamen heraus.

Daenerys

Das Herz dampfte in der kühlen Abendluft, als Khal Drogo es vor ihr ablegte, roh und blutig. Seine Arme waren bis zu den Ellenbogen rot. Hinter ihm knieten seine Blutreiter im Sand neben dem Kadaver eines wilden Hengstes, steinerne Messer in Händen. Im flackernden Orange des Fackelscheins, der die hohen Kreidewände der Grube umgab, wirkte das Blut des Rosses schwarz.

Dany berührte die weiche Wölbung ihres Bauches. Schweiß perlte auf ihrer Haut und tropfte an der Stirn herab. Sie konnte spüren, daß die alten Frauen sie beobachteten, die alten Weiber von Vaes Dothrak, mit Augen, die wie polierter Feuerstein in ihren faltigen Gesichtern glänzten. Sie durfte weder zucken noch ängstlich wirken. Ich bin das Blut des Drachen, sagte sie sich selbst, als sie das Herz des Hengstes in beide Hände nahm, es an den Mund hob und die Zähne in das zähe, sehnige Fleisch grub.

Warmes Blut füllte ihren Mund und lief ihr übers Kinn. Der Geschmack drohte sie zu ersticken, trotzdem zwang sie sich, zu kauen und zu schlucken. Das Herz eines Hengstes würde ihren Sohn stark und schnell und furchtlos machen — dies zumindest glaubten die Dothraki — , doch nur, wenn die Mutter es ganz essen konnte. Sollte sie vom Blut würgen müssen oder das Fleisch erbrechen, fielen die Omen ungünstiger aus. Das Kind mochte tot geboren werden oder schwach sein, deformiert oder weiblich.

Ihre Mägde hatten geholfen, sie für die Zeremonie vorzubereiten. Trotz des empfindlichen Magens, mit dem sie seit zwei Monaten geschlagen war, hatte Dany Schalen mit halb geronnenem Blut zu sich genommen, um sich an den Geschmack zu gewöhnen, und Irri hatte ihr Kaustreifen aus getrocknetem Pferdefleisch zu essen gegeben, bis ihr Unterkiefer schmerzte. Vor der Zeremonie hatte sie einen Tag und eine Nacht gefastet, in der Hoffnung, daß der Hunger helfen würde, das rohe Fleisch bei sich zu behalten.

Das Herz des wilden Hengstes bestand nur aus Muskeln, und Dany mußte es mit den Zähnen reißen und jeden Mundvoll lange kauen. Stahl war innerhalb der heiligen Schranken von Vaes Dothrak verboten, im Schatten der Mutter aller Berge. Sie mußte das Herz mit Zähnen und Fingernägeln zerreißen. Ihr wollte sich der Magen umdrehen, dennoch kaute sie weiter, das Gesicht mit Herzblut beschmiert, das manchmal an ihren Lippen zu explodieren schien.

Khal Drogo stand über sie gebeugt, während sie aß, das Gesicht hart wie ein Bronzeschild. Sein langer, schwarzer Zopf glänzte vom Öl. Er trug goldene Ringe im Bart, goldene Glöckchen im Zopf und einen schweren Gurt aus goldenen Medaillons um die Hüften, doch seine Brust war nackt. Sie sah ihn an, sobald die Kraft sie zu verlassen schien, sah ihn an und kaute und schluckte, kaute und schluckte, kaute und schluckte. Zum Ende hin glaubte Dany, grimmigen Stolz in seinen dunklen, mandelförmigen Augen zu erkennen, nur konnte sie sich dessen nicht sicher sein. Die Miene des khal verriet selten, was in ihm vorging.

Und schließlich war es vollbracht. Ihre Wangen und Hände klebten, als sie den Rest herunterwürgte. Da erst wandte sie die Augen wieder den alten Frauen zu, den alten Weibern der dosh khaleen.