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Cayn und Tomard halfen Ned gerade über die Brücke, als Lord Renly aus Maegor's Holdfast trat.»Lord Eddard«, rief er Ned hinterher,»einen Augenblick, wenn Ihr so freundlich wäret. «Ned blieb stehen.»Wie Ihr wünscht.«

Renly trat an seine Seite.»Schickt Eure Männer fort. «Sie trafen sich auf der Mitte der Brücke, den trockenen Graben unter sich. Mondlicht versilberte die gräßlichen Spitzen der Spieße, von denen er gesäumt war.

Ned machte eine Geste. Tomard und Cayn neigten die Köpfe und zogen sich voller Respekt zurück. Argwöhnisch warf Lord Renly einen Blick auf Ser Boros am anderen Ende des Brückenbogens, auf Ser Preston in der Tür hinter ihnen.»Dieser Brief. «Er beugte sich nah heran.»Ging es um die Regentschaft? Hat mein Bruder Euch zum Protektor gemacht?«Er wartete nicht auf eine Antwort.»Mylord, ich habe dreißig Mann in meiner Leibgarde, und daneben andere Freunde, Ritter und Lords. Gebt mir eine Stunde, und ich kann Euch hundert Streiter zur Verfügung stellen.«

«Und was sollte ich mit hundert Streitern tun, Mylord?«»Zuschlagen! Jetzt, während die Burg noch schläft. «Renly wandte sich noch einmal zu Ser Boros um und sprach mit drängendem Flüstern.»Wir müssen Joffrey seiner Mutter nehmen und in die Hand bekommen. Protektor oder nicht: Der Mann, der den König hat, hat auch das Königreich. Wir sollten auch Myrcella und Tommen mitnehmen. Wenn wir ihre Kinder haben, wird Cersei nicht wagen, sich gegen uns zu stellen. Der Rat wird Euch als Protektor bestätigen und Joffrey zu Eurem Mündel machen.«

Ned betrachtete ihn kalten Blickes.»Robert ist noch nicht tot. Vielleicht verschonen ihn die Götter. Wenn nicht, werde ich den Rat einberufen, um seine letzten Worte kundzutun und die Frage seiner Nachfolge erörtern, aber ich werde seine letzten Stunden auf Erden nicht entehren, indem ich unter seinem Dach Blut vergieße und verängstigte Kinder aus ihren Betten zerre.«

Lord Renly trat einen Schritt zurück, zum Zerreißen angespannt.»Jeder Augenblick, den Ihr verstreichen laßt, gibt Cersei Zeit, sich vorzubereiten. Wenn es soweit ist, daß Robert stirbt, könnte es zu spät sein für uns beide.«

«Dann sollten wir darum beten, daß Robert nicht stirbt.«

«Die Chancen stehen schlecht«, erwiderte Renly.

«Manchmal sind die Götter gnadenreich.«

«Die Lannisters sind es nicht. «Lord Renly wandte sich ab und kehrte über den Burggraben zurück zum Turm, in dem sein Bruder im Sterben lag.

Als Ned in seine Gemächer heimkehrte, war er müde und verzweifelt, doch konnte er unmöglich wieder schlafen gehen, nicht jetzt. Wenn man das Spiel um Throne spielt, gewinnt man, oder man stirbt, hatte Cersei Lannister ihm im Götterhain erklärt. Er stellte fest, daß er sich fragte, ob er einen Fehler damit begangen hatte, Lord Renlys Angebot auszuschlagen. Er fand keinen Geschmack an diesen Intrigen, und es lag kein Ruhm darin, Kinder zu bedrohen, und dennoch… falls Cersei den Kampf der Flucht vorzog, mochte er Renlys hundert Streiter wohl brauchen können, und mehr noch

«Holt Littlefinger«, erklärte er Cayn.»Wenn er nicht in seinen Gemächern ist, nehmt Euch so viele Männer, wie Ihr braucht, und sucht alle Weinstuben und Hurenhäuser in King's Landing ab, bis Ihr ihn findet. Bringt ihn mir vor Sonnenaufgang. «Cayn verneigte sich und ging, und Ned wandte sich Tomard zu.»Die Wind Witch segelt mit der Abendflut. Habt Ihr die Eskorte schon ausgewählt?«

«Zehn Mann, und Porther hat das Kommando.«

«Zwanzig, und Ihr habt das Kommando«, sagte Ned. Porther war ein tapferer Mann, aber halsstarrig. Er wollte jemanden, der verläßlicher und vernünftiger war, als Schutz für seine Töchter.

«Wie Ihr wünscht, M'lord«, sagte Tom.»Kann nicht eben sagen, daß ich traurig wäre, diesem Ort den Rücken zu kehren. Mir fehlt meine Frau.«

«Ihr werdet nah an Dragonstone vorüberkommen, wenn Ihr nach Norden fahrt. Dort müßt Ihr einen Brief für mich übergeben.«

Tom wirkte ängstlich.»Nach Dragonstone, M'lord?«Die Inselfestung des Hauses Targaryen hatte einen finsteren Ruf.

«Sagt Kapitän Qos, er soll mein Banner hissen, sobald er in Sichtweite der Insel kommt. Es könnte sein, daß man unerwartete Besucher dort mit Argwohn betrachtet. Falls er sich weigert, bietet ihm, was immer er verlangt. Ich werde Euch einen Brief geben, den Ihr Lord Stannis Baratheon übermittelt. Niemand anderem. Nicht seinem Haushofmeister, nicht dem Hauptmann seiner Garde und auch nicht seiner Frau, nur Lord Stannis persönlich.«

«Wie Ihr befehlt, M'lord.«

Nachdem Tomard ihn verlassen hatte, saß Lord Eddard Stark da und starrte in die Flamme der Kerze, die neben ihm auf dem Tisch brannte. Einen Moment lang übermannte ihn die Trauer. Nichts wollte er lieber, als in den Götterhain zu gehen, vor dem

Herzbaum niederzuknien und für das Leben Robert Baratheons zu beten, der ihm mehr als nur ein Bruder gewesen war. Später würde man flüstern, Eddard Stark habe die Freundschaft seines Königs verraten und dessen Söhne enterbt. Er konnte nur hoffen, daß die Götter es besser wußten und daß Robert die Wahrheit im Land jenseits des Grabes erfahren würde.

Ned nahm den letzten Brief des Königs hervor. Eine Rolle von frischem, weißem Pergament, mit goldenem Wachs versiegelt, ein paar kurze Worte und verschmiertes Blut. Wie nah waren sich doch Sieg und Niederlage, Leben und Tod.

Er nahm ein frisches Blatt Papier hervor und tunkte seine Feder in das Tintenfaß. An Seine Majestät, Stannis aus dem Haus Baratheon, schrieb er. Wenn Euch dieser Brief erreicht, wird Euer Bruder Robert, seit fünfzehn Jahren unser König, tot sein. Er wurde bei der Jagd im Kingswood von einem Keiler angefallen…

Die Buchstaben schienen sich auf dem Papier zu winden und zu wenden, als seine Hand zur Ruhe kam. Lord Tywin und Ser Jaime waren keine Männer, die eine Schande fromm hinnahmen. Sie würden eher kämpfen denn fliehen. Zweifellos war Lord Stannis nach dem Mord an Jon Arryn wachsam, nur blieb es unabdinglich, daß er baldmöglichst mit seiner Streitmacht nach King's Landing segelte, bevor die Lannisters marschieren konnten.

Ned wählte jedes Wort mit Bedacht. Als er fertig war, unterschrieb er den Brief mit Eddard Stark, Lord von Winterfell, Rechte Hand des Königs und Protektor des Reiches, löschte das Papier ab, faltete es zweimal und schmolz das Siegelwachs über der Kerze.

Seine Regentschaft wäre von kurzer Dauer, dachte er, während das Wachs weich wurde. Der neue König würde seine eigene Rechte Hand wählen. Ned würde heimkehren können. Der Gedanke an Winterfell rief ein mattes Lächeln auf sein

Gesicht. Er wollte wieder Brans Lachen hören, mit Robb auf Falkenjagd gehen, Rickon beim Spielen zusehen. Er wollte in traumlosen Schlaf hinüberdämmern, in seinem eigenen Bett, die Arme um seine Frau geschlungen, Catelyn.

Cayn kehrte zurück, als er das Siegel mit dem Schattenwolf ins weiche, weiße Wachs drückte. Desmond war bei ihm, und zwischen ihnen Littlefinger. Ned dankte seinen Männern und schickte sie fort.

Lord Petyr trug einen blauen Samtrock mit Puffärmeln, sein silbriger Umhang war mit Nachtigallen gemustert.»Ich denke, Glückwünsche wären angebracht«, sagte er, indes er sich setzte.

Ned sah ihn böse an.»Der König ist verwundet und dem Tode nah.«

«Ich weiß«, sagte Littlefinger.»Aber ich weiß auch, daß Robert Euch zum Protektor des Reiches ernannt hat.«

Neds Augen zuckten zum Brief des Königs auf dem Tisch neben ihm, das Siegel ungebrochen.»Und wie geschieht es, daß Ihr davon wißt, Mylord?«

«Varys hat es angedeutet«, sagte Littlefinger,»und Ihr habt es mir eben bestätigt.«

Ned verzog den Mund vor Zorn.»Verdammter Varys mit seinen kleinen Vögeln! Catelyn hat die Wahrheit gesagt, der Mann beherrscht die schwarzen Künste. Ich traue ihm nicht.«