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Bei ihren leisen Worten wurde Sansa ganz kalt.»Was für Neuigkeiten?«

«Dein Vater ist ein Verräter, meine Liebe«, sagte Lord Varys.

Grand Maester Pycelle hob seinen alten Kopf.»Mit meinen eigenen Ohren habe ich gehört, wie Lord Eddard unserem geliebten König Robert geschworen hat, er würde die jungen Prinzen beschützen, als wären sie seine eigenen Söhne. Im selben Augenblick jedoch, als unser König starb, rief er den Kleinen Rat zusammen, um Prinz Joffrey seinen rechtmäßigen Thron zu nehmen.«

«Nein«, platzte Sansa heraus.»Das würde er nicht tun. Das würde er nicht!«

Die Königin nahm einen Brief auf. Das Papier war zerrissen und starr von trockenem Blut, doch das aufgebrochene Siegel war das ihres Vaters, der Schattenwolf in hellem Wachs.»Das haben wir beim Hauptmann eurer Leibgarde gefunden, Sansa. Es ist ein Brief an Stannis, den Bruder meines verstorbenen Mannes, in dem er aufgefordert wird, die Krone für sich zu beanspruchen.«

«Bitte, Majestät, das muß ein Mißverständnis sein. «Plötzliche Panik umnebelte ihre Sinne.»Bitte, schickt nach meinem Vater, er wird es Euch erklären, er würde niemals einen solchen Brief schreiben, der König war sein Freund.«

«Das glaubte Robert«, sagte die Königin.»Dieser Verrat hätte ihm das Herz gebrochen. Die Götter sind gnädig, daß er es nicht mehr erleben mußte. «Sie seufzte.»Sansa, Süße, du mußt verstehen, in welch schreckliche Lage uns das gebracht hat. Du bist unschuldig an dem, was geschehen ist, wir alle wissen es, dennoch bist du die Tochter eines Hochverräters. Wie kann ich dir erlauben, meinen Sohn zu heiraten?«

«Aber ich liebe ihn«, weinte Sansa verwirrt und verängstigt. Was hatten sie mit ihr vor? Was hatten sie mit ihrem Vater gemacht? So hatte es nicht kommen sollen. Sie hatte Joffrey heiraten sollen, sie waren verlobt, er war ihr versprochen, sie hatte sogar davon geträumt. Es war nicht fair, ihn ihr wegen etwas zu nehmen, das ihr Vater getan haben mochte.

«Wie gut ich das weiß, Kind«, sagte Cersei mit freundlicher Stimme.»Warum sonst wärest du zu mir gekommen und hättest mir vom Plan deines Vaters erzählt, daß er dich fortschicken will, wenn nicht aus Liebe?«

«Es war aus Liebe«, sagte Sansa aufgebracht.»Vater wollte mir nicht die Erlaubnis geben, Lebewohl zu sagen. «Sie war das gute Mädchen, das gehorsame Mädchen, doch hatte sie sich an jenem Morgen so ungezogen wie Arya gefühlt, war von Septa Mordane fortgeschlichen und hatte sich ihrem Vater widersetzt. Noch nie hatte sie etwas derart Eigensinniges getan, und sie hätte auch nicht daran gedacht, wenn sie nicht Joffrey so sehr liebte.»Er wollte mich nach Winterfell zurückschicken und mich mit irgendeinem kleinen Ritter verheiraten, obwohl ich doch Joffrey will. Ich habe es ihm gesagt, aber er wollte nicht auf mich hören. «Der König war ihre letzte Hoffnung gewesen. Der König konnte ihrem Vater befehlen, sie in King's Landing zu lassen und Prinz Joffrey zu heiraten, Sansa wußte, daß er es konnte, nur hatte der König ihr stets angst gemacht. Er war laut und hatte eine rauhe Stimme und war so oft betrunken, und wahrscheinlich hätte er sie einfach zu Lord Eddard zurückgeschickt, falls man sie überhaupt zu ihm vorgelassen hätte. Also ging sie statt dessen zur Königin und schüttete ihr das Herz aus, und Cersei hatte ihr zugehört und freundlich gedankt… danach hatte Ser Arys sie ins hohe Zimmer von Maegor's Holdfast geleitet und Wachen aufgestellt, und ein paar Stunden später hatten draußen die Kämpfe begonnen.»Bitte«, endete sie,»Ihr müßt mich Joffrey heiraten lassen, ich will ihm eine gute Frau sein, Ihr werdet sehen. Ich werde eine Königin wie Ihr sein, ich verspreche es.«

Königin Cersei sah die anderen an.»Meine edlen Herren vom Rat, was meint Ihr zu ihrem Flehen?«

«Das arme Kind«, murmelte Varys.»Eine Liebe, so wahr und unschuldig, Majestät, es wäre grausam, sie dem Kinde zu verweigern… und doch, was können wir tun? Ihr Vater ist verurteilt.«

Seine weichen Hände wuschen einander in einer Geste von hilflosem Kummer.

«Ein Mädchen, das mit dem Samen eines Verräters gezeugt wurde, wird merken, daß der Verrat ihr ganz natürlich kommt«, sagte Grand Maester Pycelle.»Jetzt ist sie ein so süßes Ding, aber in zehn Jahren, wer kann schon sagen, was sie alles ausbrütet?«

«Nein«, sagte Sansa entsetzt.»Ich werde nicht, ich will nie… ich würde Joffrey nie verraten, ich liebe ihn, ich schwöre es.«

«Oh, wie ergreifend«, sagte Varys.»Und doch ist es wahr gesprochen: Blut spricht lauter als alle Schwüre.«

«Sie erinnert mich an die Mutter, nicht den Vater«, befand Lord Petyr Baelish leise.»Seht sie an. Das Haar, die Augen. Sie ist das Abbild von Cat im selben Alter.«

Die Königin blickte sie an, beunruhigt zwar, und trotzdem konnte Sansa die Wärme in ihren klaren, grünen Augen erkennen.»Kind«, sagte sie,»wenn ich wahrlich glauben könnte, daß du nicht wie dein Vater wärst, nun, nichts würde mich mehr freuen, als zu sehen, wie du meinen Joffrey ehelichst. Ich weiß, daß er dich von ganzem Herzen liebt. «Sie seufzte.»Dennoch fürchte ich, daß Lord Varys und der Grand Maester recht behalten könnten. Das Blut wird sich durchsetzen. Ich muß nur daran denken, wie deine Schwester ihren Wolf auf meinen Sohn gehetzt hat.«

«Ich bin nicht wie Arya«, platzte Sansa heraus.»Sie hat das Verräterblut, nicht ich. Ich bin gut, fragt Septa Mordane, sie wird es Euch bestätigen, ich will nur Joffreys treue und liebende Frau sein.«

Sie spürte das Gewicht von Cerseis Blicken, als die Königin ihr ins Gesicht sah.»Ich glaube, du meinst es ernst, mein Kind. «Sie wandte sich den anderen zu.»Mylords, mir scheint, wenn sich der Rest ihrer Sippe in diesen schrecklichen Zeiten loyal verhalten sollte, wären unsere Befürchtungen damit noch lange nicht ausgeräumt.«

Grand Maester Pycelle strich sich durch den mächtigen, weichen Bart, die breite Stirn in Falten.»Lord Eddard hat drei Söhne.«

«Noch Jungen«, sagte Lord Petyr achselzuckend.»Ich würde mir mehr Sorgen um Lady Catelyn und die Tullys machen.«

Die Königin nahm Sansas Hände in die ihren.»Kind, hast du

dein Alphabet gelernt?«

Sansa nickte sorgenvoll. Sie konnte besser lesen und schreiben als ihre Brüder, nur mit dem Rechnen war es bei ihr hoffnungslos.

«Ich freue mich, das zu hören. Vielleicht gibt es noch Hoffnung für dich und Joffrey… «

«Was soll ich tun?«

«Du sollst deiner Hohen Mutter und deinem Bruder, dem Ältesten, schreiben… wie heißt er gleich?«

«Robb«, sagte Sansa.

«Die Nachricht vom Verrat deines Hohen Vaters wird sie sicher bald erreichen. Es wäre besser, wenn sie es von dir erfahren. Du mußt ihnen erklären, wie Lord Eddard seinen König verraten hat.«

Sansa wollte Joffrey unbedingt, doch glaubte sie nicht, daß sie den Mut hätte zu tun, worum die Königin sie bat.»Aber er hat nie… ich weiß nicht… Eure Majestät, ich wüßte nicht, was ich schreiben sollte…«

Die Königin tätschelte ihre Hand.»Wir sagen dir, was du schreiben sollst, Kind. Wichtig ist, daß du Lady Catelyn und deinen Bruder drängst, den Frieden des Königs zu wahren.«

«Es würde schwer für sie, wenn sie es nicht täten«, sagte Grand Maester Pycelle.»Bei aller Liebe, die du für sie empfindest, mußt du sie drängen, den Pfad der Weisheit nicht zu verlassen.«

«Ohne Zweifel wird sich deine Hohe Mutter furchtbar um dich sorgen«, sagte die Königin.»Du mußt ihr sagen, daß es dir gutgeht und du in unserer Obhut bist, daß wir dich gut behandeln und du alles hast, was du dir wünschst. Bitte sie alle, nach King's Landing zu kommen, um Joffrey Treue zu schwören, wenn er seinen Thron besteigt. Sollten sie das tun… nun, dann werden wir wissen, daß dein Blut nicht verdorben ist, und wenn du in der Blüte deiner Weiblichkeit stehst, wirst du den König in der Großen Septe von Baelor heiraten, vor den Augen der Götter und der Menschen.«