Выбрать главу

«Nein, bleib«, befahl ihr Bran.»Sag mir, was du gemeint hast, daß du die Götter hörst.«

Osha musterte ihn.»Du hast sie gefragt, und sie antworten. Sperr deine Ohren auf, lausch ihnen, und du wirst es vernehmen.«

Bran lauschte.»Das ist nur der Wind«, sagte er nach einem Augenblick unsicher.»Die Blätter rascheln.«

«Was glaubst du, wer den Wind schickt, wenn nicht die Götter?«Sie setzte sich ihm gegenüber an den Teich, klirrte leise, wenn sie sich bewegte. Mikken hatte ihr eiserne Fesseln an die Füße geschmiedet, mit einer schweren Kette verbunden. Sie könnte gehen, solange sie kleine Schritte machte, doch konnte sie unmöglich rennen oder klettern oder auf ein Pferd steigen.»Sie sehen dich, Junge. Sie hören dich reden. Dieses Rascheln, das ist ihre Antwort.«

«Was sagen sie?«

«Sie sind traurig. Dein Hoher Bruder wird keine Hilfe von ihnen bekommen, nicht dort, wohin er geht. Die alten Götter haben im Süden keine Macht. Die Wehrholzhaine wurden alle abgeholzt, vor Tausenden von Jahren schon. Wie können sie über deinen Bruder wachen, wo sie keine Augen haben?«

Das hatte Bran nicht bedacht. Angst durchfuhr ihn. Wenn nicht einmal die Götter seinem Bruder helfen konnten, welche Hoffnung blieb dann noch? Vielleicht hörte Osha sie nicht richtig. Er neigte den Kopf und versuchte, erneut zu lauschen. Jetzt glaubte er, die Trauer zu hören, doch nicht mehr als das.

Das Rascheln wurde lauter. Bran hörte gedämpfte Schritte und leises Summen. Hodor tappte zwischen den Bäumen hervor, nackt und lächelnd.»Hodor!«

«Er muß unsere Stimmen gehört haben«, sagte Bran.»Hodor, du hast deine Kleider vergessen.«

«Hodor«, stimmte Hodor zu. Er war vom Hals abwärts triefend naß, dampfte in der kühlen Luft. Sein Leib war braun behaart, dick wie ein Pelz. Lang und schwer schwang seine Männlichkeit zwischen den Beinen.

Osha betrachtete ihn mit säuerlichem Lächeln.»Na, das ist mal ein großer Mann«, befand sie.»Wenn der nicht Riesenblut in seinen Adern hat, bin ich die Königin.«

«Maester Luwin sagt, es gäbe keine Riesen mehr. Er sagt, sie wären alle tot wie die Kinder des Waldes. Von denen sind nur alte Knochen in der Erde übrig, die die Menschen hin und wieder beim Pflügen ausgraben.«

«Laß Maester Luwin hinter die Mauer reiten«, entgegnete Osha.»Da wird er Riesen finden, oder sie finden ihn. Mein Bruder hat eine Riesenfrau getötet. Zehn Fuß war sie groß, und dabei verkrüppelt. Man weiß, daß sie bis zu zwölf Fuß, sogar dreizehn werden. Widerliche Viecher sind sie, nur Haare und Zähne, und die Frauen haben Bärte wie ihre Männer, so daß man sie nicht auseinanderhalten kann. Die Frauen nehmen sich menschliche Männer zum Liebhaber, und von denen stammen dann die Mischlinge. Schlimmer ist es für die Frauen, die sie fangen. Die Männer sind so groß, daß sie eine Maid zerreißen, bevor sie ihr ein Kind machen. «Sie grinste ihn an.»Aber du weißt gar nicht, was ich meine, was, Junge?«

«Weiß ich doch«, beharrte Bran. Er kannte die Paarung. Er hatte Hunde auf dem Hof gesehen und einen Hengst, der auf eine Stute stieg. Trotzdem, darüber zu reden war ihm unangenehm. Er sah Hodor an.»Geh und hol dir deine Sachen, Hodor«, sagte er.»Zieh dich an.«

«Hodor. «Er nahm den Weg, den er gekommen war, und duckte sich unter einem tiefhängenden Ast hindurch.

Er ist wirklich groß, dachte Bran, als er ihm hinterhersah.»Gibt es tatsächlich Riesen hinter der Mauer?«fragte er Osha unsicher.

«Riesen und Schlimmeres als Riesen, kleiner Lord. Ich habe versucht, es deinem Bruder zu sagen, als er seine Fragen stellte, er und euer Maester und dieser grinsende Jüngling Greyjoy. Der kalte Wind kommt auf, und Menschen lassen ihre Feuer hinter sich und kehren nie zurück… oder wenn sie es tun, so sind sie keine Menschen mehr, sondern nur noch Wesen mit blauen Augen und kalten, schwarzen Händen. Was meinst du, wieso ich mit Stiv und Hali und den anderen Dummköpfen nach Süden gezogen bin? Mance glaubt, er kann kämpfen, der tapfere, süße, sture Mann, als wären die weißen Wanderer nicht mehr als Grenzer, aber was weiß er schon? Er kann sich König- hinter-der-Mauer nennen, soviel er will, aber er ist und bleibt nur eine unter vielen schwarzen Krähen, die vom Shadow Tower herabgeflogen sind. Den Winter hat er nie erlebt. Ich bin da oben geboren, Kind, wie meine Mutter und ihre Mutter vor ihr, und deren Mutter vor ihr. Ich bin vom Freien Volk. Wir erinnern uns. «Osha stand auf, und ihre Ketten rasselten.»Ich habe versucht, es deinem kleinen Lordbruder zu erklären. Erst gestern, als ich ihn auf dem Hof getroffen habe. >M'lord Stark<, habe ich gerufen, so respektvoll wie möglich, aber er hat durch mich hindurchgesehen, und schon stößt mich dieser verschwitzte Ochse Greatjon Umber beiseite. Sei es, wie es sei.

Ich trage meine Eisen und hüte meine Zunge. Ein Mann, der nicht hören will, kann nichts verstehen«

«Erzähl es mir. Robb wird auf mich hören, das weiß ich genau.«

«Ob er es tut? Wir werden sehen. Sag es ihm, kleiner Lord. Sag ihm, er ist auf dem besten Wege, in die falsche Richtung zu marschieren. Nach Norden sollte er seine Schwerter richten. Norden, nicht Süden. Begreifst du?«

Bran nickte.»Ich werde es ihm sagen.«

Doch an jenem Abend, als sie in der Großen Halle feierten, war Robb nicht unter ihnen. Statt dessen nahm er sein Mahl im Solar ein, mit Lord Rickard und dem Greatjon und den anderen verbündeten Lords, um die letzten Pläne für den bevorstehenden langen Marsch zu schmieden. Es blieb Bran überlassen, seinen Stuhl am Kopf des Tisches zu besetzen und den Gastgeber für Lord Karstarks Söhne und ehrenwerte Freunde zu spielen. Sie saßen bereits an ihren Plätzen, als Hodor Bran auf seinen Schultern in die Halle trug und neben dem Thronsitz kniete. Zwei Diener hoben ihn aus seinem Korb. Bran spürte die Blicke jedes einzelnen Fremden in der Halle. Stille war eingekehrt.»Mylords«, verkündete Hallis Mollen,»Brandon Stark von Winterfell.«

«Ich heiße Euch an unseren Feuern willkommen«, sagte Bran steif,»und entbiete Euch Speis und Trank zu Ehren Eurer Freundschaft.«

Harrion Karstark, der älteste von Lord Rickards Söhnen, verneigte sich, und nach ihm seine Brüder, doch während sie sich wieder setzten, hörte er durchs Klirren der Weinbecher, wie sich die jüngeren der beiden mit leiser Stimme unterhielten.»… eher sterben, als so zu leben«, murmelte der eine, der Namensvetter seines Vaters Eddard, und sein Bruder Torrhen sagte, wahrscheinlich sei der Junge innerlich ebenso gebrochen wie äußerlich, zu feige, sich das Leben selbst zu

nehmen.

Gebrochen, dachte Bran verbittert und griff zum Messer. Das war er nun? Bran, der Gebrochene?» Ich will nicht gebrochen sein«, flüsterte er Maester Luwin wütend zu, der zu seiner Rechten saß.»Ich will ein Ritter sein.«

«Es gibt manchen, der meinen Orden den der Ritter des Geistes nennt«, erwiderte Luwin.»Du bist ein trefflich kluger Junge, wenn du daran arbeitest, Bran. Hast du schon je daran gedacht, die Ordenskette eines Maesters anzulegen? Grenzen dessen, was sich lernen ließe, gibt es nicht.«

«Ich möchte die Magie erlernen«, erklärte Bran.»Die Krähe hat versprochen, daß ich fliegen würde.«

Maester Luwin seufzte.»Ich kann dich in der Historie unterrichten, in der Heilkunst, in der Pflanzenkunde. Ich kann dich die Sprache der Raben lehren, wie man eine Burg baut und wie ein Seemann sein Schiff nach den Sternen lenkt. Ich kann dich lehren, die Tage zu messen und die Jahreszeiten zu benennen, und in der Citadel von Oldtown kann man dich noch in tausend anderen Dingen unterweisen. Aber, Bran, kein Mensch kann dir Magie beibringen.«

«Die Kinder konnten es«, sagte Bran.»Die Kinder des Waldes. «Das erinnerte ihn an das Versprechen, das er Osha im Götterhain gegeben hatte, also berichtete er Luwin, was sie erzählt hatte.