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Shagga hielt in beiden Händen eine Axt. Er schlug sie aneinander und ließ sie klingen.»Halbmensch!«rief er. Andere Stone Crows nahmen den Schlachtruf auf, und auch die Black Ears und Moon Brothers. Die Burned Men schrien nicht, doch rasselten sie mit ihren Schwertern und Speeren.»Halbmensch! Halbmensch! Halbmensch!«

Tyrion wendete sein Roß im Kreis, um das Feld zu überblicken. Hier, nah am Fluß, war der Boden hügelig und uneben, weich und morastig, stieg zur Kingsroad in einem sanften Hang an, dahinter nach Osten hin steinig und aufgebrochen. Ein paar Bäume standen an den Hängen, allerdings war das Land größtenteils gerodet und beackert. Das Herz schlug wild in seiner Brust, im Rhythmus der Trommeln, und unter all den Schichten aus Leder und Stahl war seine Stirn kalt vom Schweiß. Er beobachtete Ser Gregor, den Berg, wie er vor seinen Reihen auf und ab ritt, schreiend und gestikulierend. Auch diese Flanke war nur Kavallerie, doch auf der Rechten stand eine gepanzerte Faust aus Rittern und schweren Lanzenreitern, die vorderste Reihe bestand aus dem Abschaum des Westens: berittene Bogenschützen in Lederwesten, eine schwärmende Masse aus undisziplinierten, freien Reitern und Söldnern, Knechten auf Ackergäulen, mit Sensen und den rostigen Schwertern ihrer Väter bewaffnet, halbwegs ausgebildete Jungen aus den Elendsvierteln von Lannisport und Tyrion mit seinen Bergbewohnern.

«Krähenfutter«, murmelte Bronn neben ihm und verlieh dem, was Tyrion ungesagt gelassen hatte, Worte. Er konnte nur nicken. War sein Hoher Vater von allen guten Geistern verlassen? Keine Pikeniere, zu wenige Bogenschützen, kaum eine Handvoll Ritter, und all diese schlecht oder gar nicht Bewaffneten unter dem Kommando eines gedankenlosen Grobians, der sie mit seinem Zorn lenkte… wie konnte sein Vater erwarten, daß diese Karikatur einer Armee seine Linke hielt?

Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Trommeln waren so nah, daß ihm die Schläge schon unter die Haut gingen und seine Hände zittern ließen. Bronn zog sein Langschwert, und plötzlich stand der Feind vor ihnen, ergoß sich über die Hügelkuppen, drang gemessenen Schrittes hinter einer Wand von Schilden und Spießen vor.

Verdammt sollen die Götter sein, sieh sich einer all die Menschen an, dachte Tyrion, obwohl er wußte, daß sein Vater mehr Männer auf dem Feld hatte. Ihre Hauptleute ritten auf gepanzerten Kriegspferden voran, Standartenträger mit Bannern an ihrer Seite. Er sah den Elchbullen der Hornwoods, die Sonne der Karstarks, Lord Cerwyns Streitaxt und die gepanzerte Faust der Glovers… und die Zwillingstürme von Frey, blau auf grau.

Soviel zur Überzeugung seines Vaters, daß Lord Frey sich nicht rühren würde. Überall sah man das Weiß des Hauses Stark, die grauen Schattenwölfe schienen zu rennen und zu springen, wenn die Banner an ihren hohen Stecken flatterten. Wo ist der Junge? fragte sich Tyrion.

Ein Kriegshorn ging. Haroooooooooooooooooooooo, heulte es, der Ton so lang und tief und kalt wie der Wind aus dem Norden. Die Trompeten der Lannisters antworteten, da-DA daDA da-DAAAA-AAAA, metallisch und herausfordernd, und doch erschienen sie Tyrion irgendwie kleiner, ängstlicher. Er fühlte ein Flattern in seiner Magengrube, ein eklig flüssiges Gefühl. Er hoffte, er mußte nicht erbrechend sterben.

Als der Klang der Hörner erstarb, war die Luft von Zischen erfüllt. Ein mächtiger Schwarm von Pfeilen stieg zu seiner Rechten auf, wo die Bogenschützen die Straße flankierten. Die Nordmänner begannen ihren Sturmlauf, schrien dabei, doch prasselten die Pfeile der Lannisters wie Hagel auf sie hernieder, Hunderte von Pfeilen, Tausende, und Geschrei wurde zu Geheul, als Männer taumelten und fielen. Schon sirrte ein zweiter Schwarm durch die Luft, und die Schützen legten einen dritten Pfeil auf ihre Sehnen.

Wieder gellten die Trompeten; da-DAAA da-DAAA da-DA da DA da-DAAAAAAA. Ser Gregor schwenkte sein riesiges Schwert und bellte ein Kommando, und eintausend andere Stimmen erwiderten das Brüllen. Tyrion gab seinem Pferd die Sporen, fügte der Kakophonie eine weitere Stimme hinzu, und die vorderste Reihe drängte voran.»Der Fluß!«rief er seinen Stammesbrüdern im Reiten zu.»Denkt daran, haltet euch am Fluß!«Noch immer ritt er voraus, und sie verfielen in einen leichten Kanter, bis Chella einen Schrei ausstieß, der einem Mark und Blut gefrieren ließ, und an ihm vorübergaloppierte. Shagga heulte und folgte ihr. Die Stammesbrüder stürmten ihnen nach; Tyrion blieb in ihrem Staub zurück.

Ein Halbmond von feindlichen Speerkämpfern hatte sich voraus geformt, ein doppelter Igel mit stählernen Stachern, der hinter hohen Eichenschilden wartete, auf denen die Sonne der Karstarks abgebildet war. Gregor Clegane erreichte sie als erster, führte einen Keil von gepanzerten Veteranen. Die Hälfte der Pferde scheute in letzter Sekunde, brach den Angriff vor der Reihe von Speeren ab. Die anderen starben, als sich ihnen Stahlspitzen in den Brustkorb bohrten. Tyrion sah ein Dutzend Männer zu Boden gehen. Der Hengst des Berges scheute, schlug mit seinen eisenbeschlagenen Hufen aus, als eine Speerspitze mit Widerhaken über seinen Hals harkte. Rasend sprang das Tier zwischen die Reihen. Speere flogen ihm von allen Seiten entgegen, die Mauer aus Schilden brach jedoch unter dem Gewicht zusammen. Die Nordmänner stolperten fort vom Todeskampf des Tieres. Als das Pferd fiel, blutschnaubend und mit seinem letzten, roten Atem um sich beißend, erhob sich der Berg unversehrt und schlug mit seinem beidhändigen Großschwert um sich.

Shagga brach durch die Bresche, bevor die Schilde ihre Reihen schließen konnten, und führte weitere Stone Crows mit sich. Tyrion rief:»Burned Men! Moon Brothers! Mir nach!«, nur waren die meisten schon voraus. Er sah, wie Timett, Sohn des Timett, absprang, als sein Pferd im vollen Galopp unter ihm verreckte, sah einen Moon Brother auf einem Speer der Karstarks stecken, wurde gewahr, wie Conns Pferd einem Mann mit einem Tritt die Rippen brach. Ein Schwarm von Pfeilen senkte sich auf sie herab. Woher sie kamen, ließ sich nicht sagen, doch fielen sie auf Starks und Lannisters gleichermaßen, klapperten von Rüstungen oder fanden Fleisch. Tyrion hob seinen Schild und versteckte sich darunter.

Der Igel löste sich auf, die Nordmänner wichen unter dem Sturm des berittenen Angriffs zurück. Tyrion beobachtete, wie Shagga einen Speermann in die Brust traf, als ihm der Narr entgegenrannte, sah seine Axt durch Ketten und Leder und Muskeln und Lungen dringen. Der Mann war stehend tot, die Axt in serne Brust gegraben, doch Shagga ritt voran, spaltete ein Schild mit seiner linken Streitaxt, während die Leiche wie knochenlos an seiner Rechten hüpfte und taumelte. Schließlich rutschte der tote Mann ab. Shagga schlug die beiden Äxte aneinander und brüllte.

Mittlerweile traf der Feind bei Tyrion ein, und die Schlacht fand direkt um sein Pferd herum statt. Ein Soldat stach auf seine Brust — ein, und Tyrion schwang seine Axt, trat den Speer beiseite. Der Mann tänzelte rückwärts, um es noch einmal zu versuchen, da gab Tyrion seinem Pferd die Sporen und ritt ihn einfach nieder. Bronn war von drei Feinden umgeben, doch hieb er die Spitze des ersten Speeres ab, der ihm entgegenkam, und zog beim Rückhieb seine Klinge einem zweiten Mann übers Gesicht.

Ein fliegender Speer kam Tyrion von links entgegen und bohrte sich mit hölzernem Krachen in seinen Schild. Er fuhr herum und ritt dem Werfer nach, worauf der Mann nun selbst den Schild über den Kopf erhob. Tyrion umkreiste ihn, ließ Axthiebe auf das Holz niederregnen. Eichenspäne flogen, bis der Nordmann ins Wanken kam, ausglitt und mit dem Schild über sich auf den Rücken fiel. Er war für Tyrions Axt nun nicht mehr zu erreichen, und es lohnte nicht den Aufwand, dafür abzusteigen, also ließ er ihn dort und ritt einem anderen nach, machte diesen mit einem weit geschwungenen Hieb nieder, der ihm mit einem Ruck durch den ganzen Arm ging. Das verschaffte ihm einen Moment Atempause. Er hielt an und suchte den Fluß. Dort war er, zu seiner Rechten. Irgendwie hatte er sich im Halbkreis gedreht.