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Arya wand sich zwischen Baelors Füßen und warf sich in die Menge, zückte Needle. Sie landete auf einem Mann in Schlachterschürze, stieß ihn zu Boden. Augenblicklich rammte jemand sie von hinten, und beinah ging sie selbst zu Boden. Leiber schlossen sich um sie, schiebend und stolpernd, trampelten auf dem armen Schlachter herum. Arya hieb mit Needle auf sie ein.

Hoch oben auf der Kanzel machte Ser Ilyn Payne eine Geste, und der Ritter in Schwarzgold gab ein Kommando. Die Goldröcke stießen Lord Eddard auf den Marmor.

«Hier, du!«schrie eine zornige Stimme Arya an, doch stürmte sie voran, stieß Leute beiseite, drängte sich zwischen sie, rammte jeden, der ihr im Weg stand. Eine Hand fummelte an ihrem Bein herum, und sie hackte darauf ein, trat nach Schienbeinen. Eine Frau stolperte, und Arya lief über ihren Rücken, hieb in beide Richtungen, doch nützte es nichts, es nützte nichts, es waren zu viele Menschen, und kaum hatte sie eine Lücke gefunden, da schloß sie sich schon wieder. Jemand schlug sie beiseite. Noch immer hörte sie Sansa schreien.

Ser Ilyn zog einbeidhändiges Großschwert aus der Scheide auf seinem Rücken. Als er die Klinge über seinen Kopf hob, schien Sonnenlicht auf dem dunklen Metall zu spielen und zu tanzen, glitzerte an einer Schneide, die schärfer als jedes Rasiermesser war. Ice, dachte sie, er hat Ice! Tränen liefen über ihr Gesicht, machten sie blind.

Und dann schoß eine Hand aus der Menge hervor und schloß sich wie eine Wolfsfalle um ihren Arm, so fest, daß ihr Needle aus der Hand fiel. Arya wurde in die Luft gehoben. Sie wäre gefallen, wenn er sie nicht gehalten hätte, so leicht, als wäre sie eine Puppe.

Ein Gesicht kam nah an ihres, langes, schwarzes Haar, verfilzter Bart und schlechte Zähne.»Sieh nicht hin!«knurrte eine rauhe Stimme sie an.

«Ich… ich… ich…«, schluchzte Arya.

Der alte Mann schüttelte sie so heftig, daß ihre Zähne klapperten.»Halt den Mund, mach die Augen zu, Junge. «Dumpf, wie aus weiter Ferne, hörte sie ein… ein Geräusch… ein leises Seufzen, als hätten eine Million Menschen gleichzeitig ausgeatmet. Die Finger des alten Mannes gruben sich in ihren Arm, hart wie Eisen.»Sieh mich an. Ja, so ist es recht, mich. «Sein Atem roch nach saurem Wein.»Erinnerst du dich, Junge?«

Es war der Gestank. Arya sah das verfilzte, schmierige Haar, den geflickten, staubigen, schwarzen Umhang, der um seine verdrehten Schultern lag, die harten Augen, die sie anblinzelten. Und sie erinnerte sich an den schwarzen Bruder, der bei ihrem Vater zu Besuch gewesen war.

«Erkennst mich jetzt, oder? Du bist ein kluger Junge. «Er spuckte aus.»Hier sind sie fertig. Du kommst mit mir, und du wirst schön den Mund halten. «Als sie etwas antworten wollte, schüttelte er sie wieder, fester noch.»Still, habe ich gesagt!«

Langsam leerte sich der Platz. Die Menge um sie zerstreute sich, als die Leute wieder zu ihrem Leben zurückkehrten. Doch Arya war das Leben genommen. Benebelt lief sie neben…

Yoren, ja, sein Name ist Yoren. Sie erinnerte sich nicht daran, daß er Needle gefunden hatte, erst als er ihr das Schwert zurückgab.»Hoffe, du kannst es benutzen, Junge.«

«Ich bin kein…«, wollte sie sagen.

Er stieß sie in einen Hauseingang, packte sie mit schmutzigen Fingern beim Haar, drehte es und riß ihren Kopf zurück.»… kein kluger Junge, das wolltest du wohl sagen?«

Er hielt ein Messer in der anderen Hand. Als die Klinge vor ihrem Gesicht aufblitzte, warf sich Arya zurück, trat wild um sich, warf den Kopf hin und her, doch hatte er sie bei den Haaren, sie fühlte, wie ihre Kopfhaut riß, und auf ihren Lippen war der salzige Geschmack von Tränen.

Bran

Die ältesten waren erwachsene Männer, siebzehn und achtzehn Jahre seit dem Tag ihrer Namensgebung. Einer war über zwanzig. Die meisten waren jünger, sechzehn oder weniger.

Bran beobachtete sie vom Balkon an Maester Luwins Turm aus, hörte, wie sie ächzten und fluchten und sich mühten, wenn sie ihre Stecken und Holzschwerter schwangen. Vom Hof her hörte man das klack von Holz auf Holz, allzu oft unterbrochen von einem wap und dann dem Schmerzensschrei, wenn ein Hieb Leder oder Haut getroffen hatte. Ser Rodrik schritt zwischen den Jungen umher, das Gesicht gerötet unter seinem weißen Backenbart, und sprach mit allen gleichzeitig. Nie zuvor hatte Bran den alten Ritter derart wild gesehen.»Nein«, sagte er ständig.»Nein. Nein. Nein.«»Sie kämpfen nicht sehr gut«, sagte Bran unsicher. Er kratzte Summer beiläufig hinter den Ohren, während der Schattenwolf an einem Stück Fleisch kaute. Knochen knirschten zwischen seinen Zähnen.

«Soviel ist sicher«, gab Maester Luwin ihm mit tiefem Seufzer recht. Der Maester lugte durch sein großes, myrisches Linsenrohr, maß die Schatten und notierte die Position des Kometen, der tief am Morgenhimmel hing.»Doch wenn man ihnen Zeit läßt… Ser Rodrik hat recht. Wir brauchen Männer, die auf den Mauern Wache gehen. Dein Hoher Vater hat die Besten seiner Garde mit nach King's Landing genommen, und der Rest ist mit deinem Bruder gegangen, dazu alle in Frage kommenden Burschen in weitem Umkreis. Viele davon werden nicht heimkehren, und wir müssen Männer finden, die an ihre Stelle treten.«

Abschätzig sah Bran zu den schwitzenden Jungen im Hof hinab.»Wenn ich noch meine Beine hätte, könnte ich sie alle

schlagen. «Er erinnerte sich sehr gut daran, wie er zuletzt ein Schwert in Händen gehalten hatte, als der König nach Winterfell gekommen war. Es war nur ein Holzschwert gewesen, doch hatte er Prinz Tommen so an die hundert Male niedergestreckt.»Ser Rodrik sollte mich lehren, wie man eine Streitaxt benutzt. Hätte ich eine Streitaxt mit dickem, langem Schaft, könnte Hodor meine Beine sein. Gemeinsam wären wir ein Ritter.«

«Ich glaube… unwahrscheinlich«, sagte Maester Luwin.»Bran, wenn ein Mann kämpft, müssen seine Arme und Beine und Gedanken eins sein.«

Unten auf dem Hof schrie Ser Rodrik:»Du kämpfst wie eine Gans. Er pickt nach dir, und du pickst fester. Pariere! Block seinen Hieb ab. Gänsekampf wird nicht genügen. Wenn das echte Schwerter wären, würde dich das erste Picken den Arm kosten!«Einer der anderen Jungen lachte, und der alte Ritter knöpfte sich ihn vor.»Du lachst. Du. Das ist eine Frechheit. Du kämpfst wie ein Igel..«

«Es gab einmal einen Ritter, der nicht sehen konnte«, sagte Bran stur, während Ser Rodrik unten weitermachte.»Old Nan hat mir von ihm erzählt. Er hatte einen langen Stock mit Klinge an beiden Enden, und den konnte er mit seinen Händen drehen und zwei Männer gleichzeitig köpfen.«

«Symeon Sternenauge«, sagte Luwin, während er Zahlen in einem Buch notierte.»Als er sein Augenlicht verlor, hat er Sternensaphire in die leeren Höhlen gesetzt, das zumindest behaupten die Sänger. Bran, es ist nur eine Geschichte, wie die Legenden um Florian, den Narren. Eine Sage aus dem Heldenzeitalter. «Der Maester schnalzte mit der Zunge.»Du mußt diese Träume beiseite schieben, sie brechen dir nur das Herz.«

Bei der Erwähnung von Träumen fiel es ihm wieder ein.»Heute nacht habe ich wieder von der Krähe geträumt. Die mit den drei Augen. Sie kam in meine Schlafkammer geflogen und hat mir gesagt, ich solle ihr folgen, was ich auch getan habe. Wir waren unten in der Gruft. Vater war da, und wir haben geredet. Er war traurig.«

«Und wieso das?«Luwin lugte durch sein Rohr.

«Es hatte etwas mit Jon zu tun, glaube ich. «Der Traum war zutiefst verstörend gewesen, mehr noch als alle anderen Krähenträume.»Hodor will nicht hinunter in die Gruft.«

Der Maester hatte nur halb zugehört. Bran entging das nicht. Luwin nahm das Auge von dem Rohr und zwinkerte.»Hodor

will nicht…«

«Hinunter in die Gruft. Als ich aufgewacht bin, habe ich ihm gesagt, er soll mich hinunterbringen, um nachzusehen, ob Vater wirklich da ist. Anfangs wußte er nicht, wovon ich rede, aber ich habe ihn zur Treppe gelotst, indem ich ihm gesagt habe, er soll hier gehen und da gehen, aber dann wollte er nicht hinunter. Er stand nur an der obersten Stufe und sagte >Hodor<, als hätte er Angst vor der Dunkelheit, aber ich hatte eine Fackel. Es hat mich so wütend gemacht, daß ich ihm fast eins an den Kopf gegeben hätte, wie Old Nan es immer tut. «Er sah, daß der Maester die Stirn in Falten legte, und fügte eilig hinzu:»Hab ich aber nicht.«