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Er war oben gewesen, hatte sich der Bequemlichkeit eines Federbetts und Shaes Wärme an seiner Seite erfreut, als sein Knappe ihn geweckt hatte, um ihm mitzuteilen, daß ein Reiter mit schlechter Nachricht aus Riverrun eingetroffen sei. So war also alles umsonst gewesen. Der Sturm gen Süden, der endlose, harte Marsch, die Leichen am Wegesrand… alles umsonst. Robb Stark war schon seit Tagen in Riverrun.

«Wie konnte das passieren?«stöhnte Ser Harys Swyft.»Wie? Noch nach dem Flüsterwald hattet Ihr Riverrun mit Eisen eingefaßt, umringt von einer großen Streitmacht… welcher Wahnsinn hat Jaime getrieben, seine Männer in drei separate Lager zu trennen? Sicher wußte er doch, wie verletzbar er dadurch würde?«

Besser als du, kinnlose Memme, dachte Tyrion. Jaime mochte Riverrun verloren haben, doch ärgerte es ihn zu vernehmen, wie sein Bruder von Leuten vom Schlage eines Swyft verleumdet wurde, einem schamlosen Speichellecker, dessen größte Leistung darin bestand, seine gleichermaßen kinnlose Tochter mit Ser Kevan verheiratet und sich auf diese Weise mit den Lannisters verbunden zu haben.

«Ich hätte es ebenso gemacht«, erwiderte sein Onkel um einiges ruhiger, als Tyrion es gesagt hätte.»Ihr habt Riverrun noch nie gesehen, Ser Harys, sonst wüßtet Ihr, daß Jaime in dieser Hinsicht kaum die Wahl hatte. Die Burg liegt am Ende der Landspitze, an welcher der Tumblestone in den Roten Arm des Trident fließt. Die Flüsse bilden zwei Seiten eines Dreiecks, und wenn Gefahr droht, öffnen die Tullys stromaufwärts ihre Schleusentore und schaffen dadurch an der dritten Seite einen breiten Sumpf was Riverrun zu einer Insel macht. Nur die Mauern ragen aus dem Wasser, und von ihren Türmen aus haben die Verteidiger in alle Richtungen einen weiten Blick über die anderen Ufer. Um sämtliche Zufahrtswege zu blockieren, muß man ein Lager nördlich des Tumblestone, eines südlich vom Roten Arm und ein drittes zwischen den Flüssen, westlich des Sumpfes, errichten. Andere Möglichkeiten gibt es nicht.«

«Ser Kevan spricht die Wahrheit, Mylords«, sagte der Kurier.»Wir hatten Palisaden aus spitzen Pfählen um die Lager herum errichtet, doch das genügte nicht, nicht ohne Vorwarnung und mit den Flüssen zwischen uns. Zuerst sind sie über das nördliche Lager hergefallen. Niemand hatte einen Angriff erwartet. Marq Piper hatte unsere Nachschubtruppen überfallen, aber er hatte nicht mehr als fünfzig Mann. Ser Jaime war am Abend vorher ausgezogen, um sich seiner anzunehmen… nun, zumindest dachten wir, sie wären es. Man sagte uns, die Armee der Starks befände sich östlich vom Grünen Arm und marschiere gen Süden… «

«Und Eure Kundschafter?«Ser Gregor Cleganes Miene hätte aus Stein gemeißelt sein können. Das Feuer im Kamin beleuchtete seine Haut mit dunklem Orange und warf tiefe Schatten in seine Augenhöhlen.»Sie haben nichts gesehen? Sie haben Euch nicht gewarnt?«

Der blutbeschmierte Bote schüttelte den Kopf.»Unsere Kundschafter verschwanden einer nach dem anderen. Marq Pipers Werk, so dachten wir. Diejenigen, die zurückkamen, hatten nichts gesehen.«

«Ein Mann, der nichts sieht, hat keine Verwendung für seine Augen«, erklärte der Berg.»Schneidet sie heraus und gebt sie dem nächsten Vorreiter. Sagt ihm, Ihr hofft, vier Augen sehen mehr als zwei… und wenn nicht, hat der nächste Mann dann sechs.«

Lord Tywin Lannister wandte sich um und betrachtete Ser Gregor. Tyrion sah Gold glänzen, als das Licht auf die Pupillen seines Vaters fiel, doch hätte er nicht sagen können, ob es ein zustimmender oder angewiderter Blick war. Lord Tywin blieb im Rat oft still, zog es vor, zuzuhören, bevor er etwas sagte, eine Angewohnheit, die Tyrion selbst sich gern zu eigen machte. Dieses Schweigen hingegen war auch für ihn untypisch, und sein Wein stand unangetastet da.

«Ihr sagt, sie kamen bei Nacht«, sagte Ser Kevan.

Der Mann nickte müde.»Blackfish führte die vorderste Reihe an, machte unsere Wachen nieder und riß für den Hauptangriff die Palisaden ein. Als unsere Männer merkten, was vor sich ging, strömten schon Reiter über die Gräben und galoppierten mit Schwertern und Fackeln in Händen durchs Lager. Ich hatte am Westufer geschlafen, zwischen den Flüssen. Als wir die Kämpfe hörten und sahen, daß die Zelte in Flammen standen, führte uns Lord Brax zu den Flößen, und wir versuchten, hinüberzustaken, doch die Strömung drückte uns flußabwärts, und die Tullys fingen an, uns von Katapulten auf ihren Mauern mit Steinen zu beschießen. Ich habe gesehen, wie ein Floß zu Brennholz zertrümmert wurde und drei andere kenterten. Männer fielen in den Fluß und ertranken… und auf diejenigen, die es nach drüben schafften, warteten am Ufer die Starks.«

Ser Flement Brax trug einen silberroten Wappenrock und zeigte die Miene eines Mannes, der nicht verstand, was er eben gehört hatte.»Mein Hoher Vater…«

«Es tut mir leid, Mylord«, sagte der Bote.»Lord Brax trug seine Rüstung, als das Floß kenterte. Er war sehr tapfer.«

Er war ein Narr, dachte Tyrion, schwenkte seinen Becher und starrte in die Tiefen des Weines. Bei Nacht einen Fluß auf einem groben Floß zu überqueren, in voller Rüstung, während drüben der Feind wartete — wenn das Tapferkeit war, wollte er sich doch immer für die Feigheit entscheiden. Er fragte sich, ob sich Lord Brax besonders tapfer gefühlt hatte, als das Gewicht des Stahls ihn in die schwarzen Fluten zog.

«Das Lager zwischen den Flüssen wurde ebenso überrannt«, sagte der Bote.»Während wir versuchten, hinüberzukommen, drangen immer mehr Starks von Westen heran, zwei Kolonnen gepanzerter Reiter. Ich habe Lord Umbers Riesen im Kettenhemd und den Adler von Mallister gesehen, aber es war der Junge, der sie angeführt hat, mit einem mächtigen Wolf an seiner Seite. Ich war nicht dabei, aber es hieß, das Vieh habe vier Mann getötet und ein Dutzend Pferde gerissen. Unsere Speerkämpfer formierten einen Schildwall und hielten ihrem ersten Angriff stand, indes die Tullys jedoch bemerkten, daß wir beschäftigt waren, öffneten sie die Tore von Riverrun, und Tytos Blackwood führte einen Ausfall über die Zugbrücke und machte sich von hinten über sie her.«

«Bei allen Göttern«, fluchte Lord Lefford.

«Greatjon Umber steckte die Belagerungstürme, die wir gerade bauten, in Brand, und Lord Blackwood fand Ser Edmure Tully zwischen den anderen Gefangenen in Ketten und machte sich mit allen auf und davon. Unser südliches Lager stand unter dem Kommando von Ser Forley Prester. Er zog sich geordnet zurück, nachdem er sehen mußte, daß die anderen Lager verloren waren, mit zweitausend Lanzen und ebenso vielen Bogenschützen, doch der Söldner aus Tyrosh, der seine freien Reiter führte, gab sein Banner ab und lief zum Feind über.«

«Verflucht sei der Mann!«Sein Onkel Kevan klang eher zornig als überrascht.»Ich hatte Jaime davor gewarnt, dem Mann zu trauen. Ein Mann, der für Gold kämpft, ist nur seiner Börse treu.«

Lord Tywin faltete die Hände unter seinem Kinn. Nur seine Augen bewegten sich, während er lauschte. Sein borstiger, goldener Backenbart umrahmte ein Gesicht, welches so ungerührt war, daß es auch eine Maske hätte sein können, doch konnte Tyrion winzige Schweißperlen auf dem rasierten Schädel seines Vaters erkennen.

«Wie konnte das geschehen?«jammerte Ser Harys Swyft erneut.»Ser Jaime gefangen, die Belagerung durchbrochen…

das ist eine Katastrophe!«

Ser Addam Marbrand sagte:»Sicher sind wir dankbar, daß Ihr uns das Offensichtliche so nahe bringt, Ser Harys. Die Frage ist: Was sollen wir jetzt tun?«