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»Ems hast du bislang noch nicht erwähnt. Du hast mich nicht um Hilfe bei der Suche nach dem Zauberer gebeten.«

»Nein, und das möchte ich auch jetzt noch nicht. Richard hat Angst davor, was ich tue, wenn du ablehnst. Ich habe versprochen, dich erst zu fragen, wenn er selbst Gelegenheit dazu gehabt hat. Ich habe ihm mein Wort gegeben.«

Zedd legte einen knochigen Finger an sein Kinn. »Wie interessant.« Er legte ihr die Hand verschwörerisch auf die Schulter und wechselte das Thema. »Weißt du, meine Liebe, du würdest dich auch gut als Sucher machen.«

»Ich? Kann eine Frau Sucher sein?«

Er zeigte ein überraschtes Gesicht. »Natürlich. Einige der besten Sucher waren Frauen.«

»Ich habe bereits eine unlösbare Aufgabe«, sagte sie stirnrunzelnd. »Eine zweite kann ich nicht brauchen.«

Zedd lachte, seine Augen funkelten. »Vielleicht hast du recht. Es ist spät, meine Liebe. Leg dich nebenan in mein Bett und hol dir den Schlaf, den du brauchst. Ich bleibe bei Richard.«

»Nein!« Sie schüttelte den Kopf und ließ sich auf den Stuhl fallen. »Ich möchte ihn noch nicht allein lassen.«

Zedd zuckte mit den Schultern. »Wie du willst.« Er trat hinter sie und klopfte ihr beruhigend auf die Schultern. »Wie du willst.« Sachte legte er ihr die Mittelfinger rechts und links an die Schläfen und begann, sie in kleinen Kreisen zu massieren. Mit einem leisen Stöhnen schloß sie die Augen. »Schlafe, meine Liebe«, flüsterte er. »Schlafe.« Sie legte die Arme auf die Bettkante und ließ den Kopf darauf sinken. Sie war fest eingeschlafen. Nachdem er ihr eine Decke übergelegt hatte, ging Zedd ins Vorderzimmer, zog die Tür auf und blickte hinaus in die Nacht.

»Kater! Komm her, ich brauche dich.« Der Kater lief herein und rieb sich mit aufgestelltem Schwanz an seinen Beinen. Er bückte sich und kraulte ihn hinter den Ohren. »Geh und schlafe im Schoß der jungen Frau. Halte sie warm.« Der Kater trottete ins Schlafzimmer, während der alte Mann in die nachtkalte Luft hinaustrat.

Der Wind fuhr Zedd in die Kleider, als er den schmalen Pfad durch das hohe Gras entlangging. Die Wolken waren dünn und ließen genug Licht durch, um sehen zu können, obwohl er das nicht nötig hatte. Er war diesen Weg Tausende Male gegangen.

»Nichts ist jemals einfach«, murmelte er im Gehen.

In der Nähe einer Baumgruppe blieb er stehen und lauschte. Langsam drehte er sich im Kreis, linste in die Schatten, beobachtete, wie sich die Zweige im Wind wiegten, und sog die Luft prüfend durch die Nase. Er hielt Ausschau nach einer unvertrauten Bewegung.

Eine Mücke stach ihn in den Nacken. Ärgerlich schlug er danach, pickte den Quälgeist vom Hals und sah ihn wütend an. »Blutmücke. Verdammt. Das habe ich mir gedacht«, murmelte er.

Aus einem Gebüsch ganz in der Nähe ging etwas in furchterregendem Tempo auf ihn los. Flügel, Pelz und Zähne griffen an. Zedd wartete, die Hände in die Hüften gestemmt. Kurz bevor es ihn erreicht hatte, hielt er eine Hand in die Höhe und brachte den kurz-schwänzigen Gar schlingernd zum Stehen. Er war anderthalbmal so groß wie er, voll ausgewachsen und doppelt so bösartig wie ein lang-schwänziger Gar. Das Monster kniff knurrend die Augen zusammen und spannte die Muskeln an, als wollte es gegen jene Kraft ankämpfen, die es daran hinderte, sich den Alten zu greifen — wütend, daß es ihn nicht schon längst getötet hatte.

Zedd hob die Hand und forderte es mit einem lockend gekrümmten Finger auf, sich vorzubeugen. Keuchend vor Wut tat der Gar wie ihm geheißen. Zedd rammte ihm den Finger hart unters Kinn.

»Wie lautet dein Name?« zischte er. Das Monster grunzte zweimal und machte tief in einer Kehle ein Geräusch. Zedd nickte. »Ich werde ihn nicht vergessen. Sag mir, willst du leben oder sterben?« Der Gar wollte zurückweichen, konnte es aber nicht. »Gut. Dann wirst du genau tun, was ich sage. Irgendwo zwischen hier und D'Hara ist ein Quadron auf dem Weg hierher. Spür es auf und töte sie alle. Wenn das erledigt ist, gehe zurück nach D'Hara, woher du gekommen bist. Tu es, und ich werde dich leben lassen. Ich werde mich jedoch immer an deinen Namen erinnern. Doch wenn es dir nicht gelingt, das Quadron zu töten, oder du nach Erledigung deiner Aufgabe zurückkommen solltest, werde ich dich töten und deinen Fliegen zum Fraß vorwerfen. Bist du mit meinen Bedingungen einverstanden?« Der Gar fügte sich mit einem Grunzen. »Gut. Dann mache dich auf den Weg.« Zedd nahm seinen Finger von seinem Kinn. Das Monster hatte es eilig zu verschwinden, schlug wild mit den Schwingen und zertrampelte stolpernd das Gras. Endlich war der Gar in der Luft. Zedd verfolgte, wie er auf der Suche nach dem Quadron kreiste. Die Suche führte ihn immer weiter nach Osten, die Kreise schienen kleiner zu werden, bis der alte Mann das Monster nicht mehr sehen konnte. Erst dann setzte er den Weg zum höchsten Punkt des Hügels fort.

Zedd stellte sich neben seinen Wolkenstein und machte mit seinem knochigen Finger eine kreisende Bewegung, als rührte er in einem Topf. Knirschend versuchte der massige Stein, Zedds Fingerbewegung zu folgen. Der Stein vibrierte, versuchte seine Masse zu drehen. Er zerbrach knallend und krachend, feine Haarrisse zuckten über seine Oberfläche. Zitternd wehrte sich der massige Stein gegen die auf ihn einwirkende Kraft. Er konnte seinen Zustand nicht länger aufrecht erhalten und verflüssigte sich, bis seine Masse synchron mit dem darübergehaltenen Finger kreisen konnte. Langsam beschleunigte Zedd seine Rührbewegung, bis aus dem kreisenden, flüssigen Gestein Licht hervorbrach. Das Licht gewann mit dem Tempo von Zedds Hand an Intensität. Farben und Lichtfunken wirbelten im Kreis, Schatten und Gestalten erschienen inmitten des Lichts und verschwanden, während die diffuse Helligkeit zunahm. Sie drohte die Luft ringsum in Brand zu setzen. Es entstand ein dumpfes Rauschen, wie das Geräusch des Windes, der durch einen feinen Riß strömt. Die herbstlichen Düfte wichen der Klarheit des Winters, dann dem Aroma frisch gepflügten Frühjahrsbodens, von Sommerblumen. Dann roch es wieder nach Herbst. Eine reine, klare Helligkeit verscheuchte Farben und Funken.

Plötzlich wurde der Fels fest, und Zedd stellte sich auf ihn, ins Licht. Die Helligkeit schwand zu einem schwachen Glühen, das sich kräuselte wie Rauch. Vor ihm standen zwei Erscheinungen, bloße Schatten einer Gestalt.

Die Stimme seiner Mutter ertönte hohl und wie aus der Ferne.

»Was bedrückt dich, Sohn? Warum hast du uns gerufen, nach so vielen Jahren?« Sie streckte die Arme nach ihm aus.

Zedd wollte sie berühren, doch seine Arme reichten nicht bis zu ihr. »Mich bedrückt, was Mutter Konfessor mir erzählt.«

»Sie spricht die Wahrheit.«

Er schloß die Augen und nickte. Die beiden senkten die Arme. »Dann stimmt es also. Alle meine Lehrlinge sind tot, bis auf Giller.«

»Du bist der einzige, der noch übrig ist, um Mutter Konfessor zu beschützen.« Sie glitt näher. »Du mußt einen Sucher ernennen.«

»Der Oberste Rat hat diese Saat gesät«, warf er stirnrunzelnd ein. »Und jetzt willst du, daß ich sie ernte? Sie haben meinen Rat abgelehnt. Sollen sie ihrer Gier frönen und sterben.«

Zedds Vater schwebte dichter heran. »Mein Sohn, warum hast du dich über deine Lehrlinge geärgert?«

Zedd machte ein finsteres Gesicht. »Weil sie sich über die Pflicht gestellt haben, ihrem Volk zu helfen.«

»Verstehe. Und wie unterscheidet sich das von dem, was du jetzt tust?« Seine Stimme hallte durch die Luft.

Zedd ballte die Fäuste. »Ich habe meine Hilfe angeboten, aber sie wurde abgelehnt.«

»Wann hat es keine Blinden, Törichten oder Gierige gegeben? Läßt du dich so leicht von ihnen unterkriegen? Läßt du dich so einfach daran hindern, denen zu helfen, die sich helfen lassen wollen? Dein Volk zu verlassen, mag dir, im Gegensatz zu dem, was deine Lehrlinge taten, aus irgendwelchen Gründen gerecht erscheinen. Das Ergebnis ist jedoch das gleiche. Sie haben am Ende ihren Fehler erkannt und das Richtige getan, wie du es ihnen beigebracht hast. Lerne von deinen Lehrlingen, Sohn.«

»Zeddicus«, sagte seine Mutter. »Willst du Richard sterben lassen wie all die anderen Unschuldigen? Ernenne den Sucher.«