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»Milord …« Ein Instinkt ließ Jarod zum Himmel blicken.

Zwei Dämonen schwebten über ihnen. Ihre Krüge waren voll.

Jarod ergriff den Arm des Adligen und rief: »Lord Stareye! Weg hier! Schnell!«

Der Gesichtsausdruck des Kommandanten verhärtete sich. Er zog seinen Arm angewidert aus Jarods Griff. »Lass mich los! Du vergisst deine Stellung, Captain!«

Jarod sah Stareye fassungslos an. »Milord …«

»Verschwinde, bevor ich dich in Eisen legen lasse.«

Jarod wusste, dass sich der Adlige nicht überzeugen lassen würde, also zog er an den Zügeln seines Reittiers, wendete es und preschte los.

Das rettete sein Leben.

Die Welle, die sich über Stareye und die anderen ergoss, verbrühte Fleisch und schmolz Metall. Im Todeskampf warf der Nachtsäbler des Adligen dessen dampfenden Körper ab. Stareye landete mit verdrehten Gliedmaßen und entsetzlich verzerrtem Gesicht im Staub. Seinen Begleitern und Wachen erging es nicht viel besser. Wer nicht sofort starb, lag zuckend und mit verkrüppeltem Leib am Boden. Ihre Schreie ließen die Seele frieren.

Jarod konnte nichts für sie tun.

Die Verdammniswachen wurden von den Verteidigern kaum angegriffen. Hin und wieder schickten einige Bogenschützen ihre Pfeile in den Himmel, und auch die Mondgarde tötete einige, aber ihre Anstrengungen waren unkoordiniert. Das Chaos überraschte Jarod im ersten Moment, doch dann fiel ihm ein, dass Stareye die meisten Offiziere durch seine eigenen Freunde ersetzt hatte.

Andere Einheiten der Nachtelfen-Armee hatten noch gar nicht in den Kampf eingegriffen. Sie warteten nervös auf einen Befehl, der niemals kommen würde. Jarod erkannte, dass sie nichts von Stareyes Tod wussten und jeden Moment seine Anweisungen erwarteten.

Er ritt zu einer der Einheiten. Der befehlshabende Offizier salutierte vor ihm.

»Wie viele Bögen habt ihr?«

»Sechzig, Captain!«

Das würde nicht ausreichen, war aber zumindest ein Anfang. »Macht alle Bögen bereit und richtet sie auf die Verdammniswachen! Alle anderen decken die Bogenschützen!«

Der Offizier gab seine Befehle weiter. Jarod sah sich verzweifelt nach anderen nützlichen Truppenteilen um. Doch im gleichen Moment stoppte ein Reiter vor ihm und salutierte mit einer Erleichterung, die verriet, dass er schon seit längerem keinen Offizier mehr gesehen hatte.

»Der Keil ist stumpf, die Linie kann kaum noch gehalten werden.« Er drehte sich um und zeigte auf einen Punkt nahe der Mitte. »Lord Del’theon ist tot, und wir haben nur noch einen Unteroffizier. Er hat mich ausgesandt, um Verstärkung zu holen.«

Die Truppen, die Jarod übernommen hatte, waren bereits in Formation gegangen. Während er noch darüber nachdachte, wie er dieses neue Problem lösen konnte, fielen zehn Verdammniswachen vom Himmel. Das gab ihm ein wenig Hoffnung.

Dem Reiter sagte er schließlich: »Reite zu den Tauren. Sage ihnen, dass Captain Shadowsong das Volk von Huln um einige Krieger bittet, die den Keil stärken sollen.« Nachträglich fügte er hinzu: »Bitte sie auch um ihre besten Bogenschützen.«

Der andere Nachtelf, der jetzt nicht mehr ganz so verzweifelt wirkte, nickte und ritt davon. Jarod hatte kaum Zeit, um seine Gedanken zu ordnen, dann kamen auch schon die nächsten beiden auf ihn zu. Der Captain nahm an, dass man seine Versuche, die Reihen zu ordnen, bemerkt hatte. Wahrscheinlich glaubten die Soldaten jetzt, er spräche im Namen des toten Stareye.

Und obwohl er sich seiner Unzulänglichkeit bewusst war, konnte er sich den Problemen nicht verschließen. Er hörte sich an, was die Soldaten zu sagen hatten und versuchte eine Lösung zu finden.

Zu seiner Überraschung tauchte kurze Zeit später ein Mitglied der Mondgarde auf. Er war einer der höchsten Zauberer, wirkte aber erleichtert, als er Shadowsong sah.

»Die Bogenschützen behindern die geflügelten Dämonen. Wir ordnen gerade unsere Reihen, allerdings sind drei tot und zwei schwer verletzt. Wir versuchen uns um die Verdammniswache und die Hexenmeister zu kümmern, aber wir brauchen mehr Schutz.«

Jarod versuchte nicht zu schlucken. Er wollte seine Unsicherheit vor dem Zauberer verbergen. Er blickte die linke Flanke entlang und entdeckte einige Einheiten, die sich den Dämonen entgegen werfen wollten, doch durch die Soldaten vor ihnen daran gehindert wurden. Sie halfen niemandem, stellten sogar eine Gefahr dar, da sie die vorderen in die Klingen der Dämonen schoben.

Er winkte einen Soldaten zu sich heran. »Du reitest mit ihm zu den Reihen da hinten und lässt dir eine Schwadron mitgeben. Der Rest soll sich zurückhalten und die Reihen auffüllen, wo es nötig wird.«

Immer mehr Probleme tauchten auf. Jarod kam kaum dazu, Luft zu holen. Sogar die Irdenen und die anderen Verbündeten kamen zu ihm, wenn sie Hilfe benötigten. Jarod, der niemanden fand, der größere Autorität als er selbst besaß, beantwortete ihre Fragen und hoffte, dass er niemanden in den Tod schickte.

Der Captain rechnete ständig damit, dass die Dämonenhorde seine Leute überrennen würde, aber irgendwie hielten die Nachtelfen ihnen stand. Die Beharrlichkeit der Mondgarde und der Bogenschützen zeigte schließlich Erfolg, denn die Verdammniswachen flohen, obwohl viele Krüge noch nicht geleert worden waren. Die Verluste der Armee waren hoch, aber als sich der Kampf etwas beruhigte, begann Jarod zu ahnen, dass seine Entscheidungen noch mehr Tote verhindert hatten.

Schließlich fand der Captain endlich die Zeit, zu Rhonin zurückzukehren. Ein halbes Dutzend Soldaten schloss sich ihm an. Er hatte sie nicht darum gebeten, aber mehrere Offiziere hatten die Soldaten abgestellt, damit Jarod sie über seine aktuellen Befehle auf dem Laufenden halten konnte. Der ehemalige Wachoffizier fühlte sich in ihrer Gegenwart unwohl, denn sie behandelten ihn, als wäre er ebenso wichtig wie Stareye oder Ravencrest. Jarod Shadowsong war kein Adliger und auch kein Kommandant. Die Armee hatte sich zwar von ihrem Rückschlag erholt, doch das lag an den Soldaten, nicht an ihm.

Er war erleichtert, als er den Zauberer unverletzt vorfand. Allerdings reagierte er immer noch nicht, schien weder etwas zu sehen, noch zu hören.

Jarod versuchte vergeblich, ihm etwas Wasser einzuflößen. Frustriert wandte er sich an einen der Soldaten. »Bring einen Zauberer der Mondgarde zu mir. Beeil dich!«

Doch der Soldat kam nicht mit einem Magier zurück, sondern mit zwei Personen, die die Rüstung der Schwesternschaft trugen. Schlimmer noch, die ältere der beiden Priesterinnen war Maiev.

»Als man mir sagte, der befehlshabende Offizier suche nach einem Zauberer, hätte ich nicht gedacht, dass du gemeint sein könntest, kleiner Bruder.«

Captain Shadowsong hatte keine Zeit für die Sticheleien seiner Schwester. »Erspar’ mir deine Ironie, Maiev. Dieser Zauberer steht unter einem Fluch, den einer der obersten Dämonen ausgesprochen hat. Kann Elune ihn davon befreien?«

Sie sah ihn merkwürdig an, dann ging sie neben Rhonin in die Knie. »Ich habe nie jemanden von seiner Art getroffen, aber ich nehme an, dass er uns ähnlich genug ist, um vor Mutter Mond Beachtung zu finden. Jia, hilf mir. Mal sehen, was wir tun können.«

Die zweite Priesterin trat an Rhonins andere Seite. Die beiden hoben ihre Hände und drehten die Handflächen nach oben. Dann legten sie ihre Fingerspitzen aneinander. Ein silbernes Licht floss aus ihren Fingern die Arme hinauf und legte sich um ihre Körper.

Maiev und ihre Begleiterin begannen zu singen. Ihre Worte ergaben für Jarod keinen Sinn, aber er wusste, dass die Schwesternschaft in ihrer eigenen Sprache zu Elune betete.

Die Aura, von der die Schwestern umgeben waren, dehnte sich auf Rhonin aus. Sein Körper verkrampfte kurz, dann entspannte er sich.

Ein Reiter blieb neben der Gruppe stehen. »Wo ist der Kommandant?«

Einige der berittenen Boten nannten Jarod so, obwohl er sie immer wieder zurechtwies, es zu unterlassen. Die Störung ärgerte ihn so sehr, dass er auf dem Absatz herumfuhr und knurrte: »Halt den Mund, bis ich dir zu sprechen erlaube …«

Die Augen des Reiters weiteten sich. Der Captain bemerkte erst jetzt die goldenen Klappen auf dessen Schultern und das Emblem auf der Brustplatte.