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Sie beschlossen, sich diesem Problem zu widmen, sobald sie das Tal erreicht hatten. Krasus schwebte wahrscheinlich in geringerer Gefahr als sie.

Das Tal war ein Ort steter Dämmerung, denn die Berggipfel warfen ihre Schatten darauf. Der Nachtelf übernahm die Führung, aber Brox wich ihm nicht von der Seite. Deathwings Reich war nahe. Man musste mit Goblins rechnen.

Sie mussten sich nach links wenden, um die Gegend zu erreichen, in der sie sich von Krasus getrennt hatten. Aber nach wenigen Schritten stießen sie auf einen weiteren Berghang. Malfurion fragte sich, ob er die Dämonenseele einsetzen sollte, aber die Gefahr, dabei von Deathwing entdeckt zu werden, war zu groß. Außerdem fiel es dem Druiden mit jedem Mal schwerer, die Scheibe wieder in die Tasche zu stecken.

»Wenn wir uns in die andere Richtung wenden, können wir den Berg vielleicht umgehen«, schlug Malfurion vor.

»Einverstanden.«

Sie mussten über die Trümmer hinwegsteigen, die Deathwings Wutausbrüche hinterlassen hatten, aber zum Glück blockierten sie nie den ganzen Weg.

Ein weiterer Schrei wies sie auf Deathwings Rückkehr hin. Malfurion und der Orc pressten sich gegen eine Steilwand und beobachteten, wie der Drache über sie hinweg glitt. Deathwing untersuchte die Gegend sorgfältig, bemerkte seine Beute jedoch nicht. Atemlos warteten sie, bis er verschwunden war.

»Seltsam, dass wir nur ihn sehen. Wo sind die anderen Drachen?«

Brox kannte die Antwort. »Wenn sie die Scheibe finden, wollen sie vielleicht selber Anführer werden.«

Der Verfolgungswahn des schwarzen Drachen kam ihnen also zugute. Deathwing konnte nicht riskieren, dass ein anderer Drache die Dämonenseele vor ihm entdeckte. Malfurion wusste zwar nur wenig über die Macht der Scheibe, aber selbst ein niederer Drache hatte mit ihr eine Chance, gegen den Herrn der Schwarzen zu bestehen.

Sie eilten weiter, und der Pfad überraschte sie erneut. Er schien sie weiter von ihrem Ziel wegzubringen, nicht etwa näher heran.

Der Druide seufzte frustriert. »Ich sollte uns einfach mit der verdammten Scheibe zu Krasus bringen.«

»Und den Schwarzen bringen wir direkt mit.«

»Ich weiß, aber …«

Eine gewaltige, gepanzerte Gestalt kollidierte mit dem Orc.

Im gleichen Moment sprang dem Druiden ein Wolfswesen so groß wie ein Nachtsäbler entgegen. Aus seinem Rücken ragten zuckende Saugnäpfe, die sich auf die Brust des Nachtelfs richteten.

Eine Teufelsbestie.

Waffen klirrten und machten Malfurion klar, dass er erst einmal auf sich allein gestellt sein würde. Mit aller Macht wehrte er sich gegen den schrecklichen Dämon, der versuchte, ihm den Kopf abzureißen. Malfurion musste würgen, so widerwärtig war der Gestank der Teufelsbestie.

Der Nachtelf sah Reihen von scharfen gelben Zähnen. Das Monster sabberte. Jeder Speicheltropfen brannte wie Säure. Malfurion stemmte sich mit einer Hand gegen die Kreatur, während er mit der zweiten die Saugnäpfe zur Seite schlug.

Doch schließlich durchbrach einer der Tentakel seine Verteidigung. Die scharfen Zähne an der Innenseite des Saugnapfes bohrten sich in sein Fleisch.

Malfurion schrie auf. Er spürte, wie seine magische Kraft ausgesaugt wurde. Jeder, der Magie anwandte, ob Magier, Druide oder Zauberer, konnte zum Opfer dieser Tentakel werden. Die Tentakel saugten die magische Kraft ebenso aus wie die Lebenskraft. Zurück blieb nur eine verdorrte Hülle.

Dem Nachtelf fehlte die Zeit, um sich über passende Zauber Gedanken zu machen. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, und seine Finger begannen nach einer der Gürteltaschen zu tasten … egal, nach welcher.

Der Dämon nutzte seine Unaufmerksamkeit und bohrte auch den zweiten Tentakel in seinen Körper. Malfurion hätte beinahe das Bewusstsein verloren, kämpfte aber dagegen an. Er wusste, dass eine Ohnmacht sein Ende bedeutet hätte.

Seine Finger berührten etwas – die Tasche mit der Scheibe –, und Stimmen begannen in seinem Kopf zu flüstern.

Nimm sie, benutze sie, verwende sie …, sagten sie. Deine einzige Hoffnung … nimm die Scheibe, die Scheibe …

Eine dieser Stimmen erinnerte ihn an die, die er Krasus zugeordnet hatte. Verzweifelt griff Malfurion in die Tasche und nahm die Dämonenseele heraus.

Er spürte, wie seine Selbstsicherheit zunahm. Der Nachtelf starrte in das hässliche Dämonengesicht, das sich über ihm befand.

»Du willst Magie? Dann sollst du Magie bekommen!«

Er berührte einen der Tentakel mit der Dämonenseele.

Die Augen der Teufelsbestie traten aus den Höhlen. Ihr Körper schwoll zum Bersten an. Entsetzt zog sie die Tentakel aus Malfurions Brust.

Eine Sekunde später explodierte sie.

Dämonenfleisch regnete auf Malfurion herab, doch das bemerkte er kaum. Er stand auf und benutzte die Scheibe, um sich zu säubern. Dann sah er zu Brox, der gegen nicht nur einen, sondern gleich zwei Teufelswächter kämpfte. Einer war bereits verletzt, trotzdem sah es nicht gut aus für den Orc.

Malfurion richtete die Dämonenseele lässig auf den Dämon, der ihm am nächsten stand.

Ein goldener Lichtstrahl schoss aus der Scheibe und hüllte den Dämonenkrieger ein. Er brüllte auf … und zerfiel zu Staub.

Der zweite Teufelswächter zögerte. Diese Unsicherheit nutzte Brox aus. Seine verzauberte Axt grub sich tief in die Brust des Dämons, spaltete dessen Rüstung mühelos.

Der zweite Angreifer fiel. Brox fuhr herum. Malfurion grinste zufrieden und ging auf seinen Begleiter zu.

»Das war leicht«, sagte er.

Aber Brox wirkte nicht zufrieden. Seine Augen richteten sich auf die Scheibe.

Dieser Blick erfüllte Malfurion mit plötzlichem Misstrauen. Die Stimmen kehrten zurück, waren stärker denn je.

Er will die Scheibe … er will sie für sich … doch sie gehört dir … nur du kannst die Welt in Ordnung bringen.

»Druide«, sagte der Orc. »Du solltest sie nicht mehr verwenden. Sie ist böse.«

»Sie hat uns gerade das Leben gerettet!«

»Druide …«

Malfurion machte einen Schritt zurück und hob die Dämonenseele. »Du willst ihre Macht! Du willst sie mir wegnehmen!«

»Ich?« Brox schüttelte den Kopf. »Ich will nichts damit zu tun haben.«

»Du lügst!« Die Stimmen stachelten ihn an, flüsterten ihm ihre Worte zu. »Du willst die Brennende Legion von Archimonde und seinem Herrn übernehmen. Du willst, dass sie Kalimdor für dich erobern. Das werde ich nicht zulassen! Eher lasse ich die Welt in Flammen aufgehen!«

»Druide, hörst du, was du da sagst? Deine Worte ergeben doch keinen Sinn …«

»Du wirst sie nicht bekommen.« Er richtete die Scheibe auf den Orc.

Er muss vernichtet werden … sie alle müssen vernichtet werden … alle, die die Scheibe begehren … die sie dir wegnehmen wollen …

Brox blieb reglos stehen. Er griff den Nachtelf nicht an, hob nicht einmal die Axt, um sich zu verteidigen. Er blieb einfach nur stehen und legte sein Schicksal in Malfurions Hände.

Schließlich begriff der Druide, was er beinahe getan hätte. Fast hätte er Brox ermordet, um die Dämonenseele behalten zu können.

Entsetzt ließ Malfurion die Scheibe fallen und wich vor ihr zurück. Er sah seinen Begleiter an, suchte hilflos nach den richtigen Worten, um sich für das zu entschuldigen, was beinahe geschehen wäre.

Der ergraute Krieger schüttelte den Kopf. Er gab dem Nachtelf keine Schuld.

»Die Scheibe«, knurrte er. »Es ist die Scheibe.«

Malfurion hätte sie am liebsten nicht wieder angefasst, aber sie mussten sie mitnehmen. Krasus würde sicherlich wissen, wie man am besten mit der monströsen Erfindung des schwarzen Drachen verfuhr. Ihn mussten sie finden.

Malfurion riss ein wenig Stoff aus seiner Kutte und griff damit nach der Dämonenseele. Er wusste zwar, dass der Stoff ihn nicht vor deren Boshaftigkeit schützen konnte, doch er musste es zumindest versuchen. Er stemmte sich gegen die Macht der Scheibe und die Stimmen in ihrem Inneren, indem er sich auf die konzentrierte, die ihm nahe standen. Sollte er der Dämonenseele unterliegen, würden sie alle mit ihrem Leben dafür bezahlen. Vor allem Tyrande, die längst ein Opfer geworden war, tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Malfurion bezweifelte, dass er sie mit der Dämonenseele retten würde. Wahrscheinlich würde er sie irgendwann umbringen, so wie er Brox beinahe umgebracht hätte.