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Er dankte Cenarius, durch dessen Lehren er die Stärke erlangt hatte, um sich von den Stimmen abzuwenden. Die Dämonenseele war ein Schandfleck in der natürlichen Welt und daher ein Schandfleck auf dem Weg des Druiden.

»Wir müssen diesen Ort verlassen, Brox«, sagte er. »Wer weiß, wie viele Dämonen sich noch hier verbergen.«

Seine Augen weiteten sich, als groteske Hände aus dem Boden schossen und sich überraschend schnell um seine Knöchel legten. Er konnte sich nicht mehr bewegen.

Brox knurrte wütend und kam auf ihn zu. Doch er wurde gestoppt, auch seine Beine wurden umschlungen und gehalten. Er schlug mit der Axt nach einer Hand und zertrümmerte sie. Doch schon einen Schritt später hielten ihn zwei neue Hände fest.

Malfurion war hin und her gerissen. Ein Teil von ihm wollte die Dämonenseele einsetzen, die immer noch auf seiner Handfläche lag, ein anderer die Naturmächte beschwören, so wie Cenarius es ihn gelehrt hatte. Dieser Moment des Zögerns erwies sich als verhängnisvoll, denn ein Schleier aus Dunkelheit legte sich plötzlich über seine Augen. Eine eiserne Klammer schloss sich um seinen Mund. Die Dämonenseele entglitt seinen Fingern und landete klimpernd auf dem Boden.

Brox schrie wütend. Seine Axt hämmerte gegen Stein. Irgendwo kam es zu einem Knall, dann wurde der Orc besorgniserregend still.

Malfurion hörte schwere Atemstöße, die er sofort mit Nachtsäblern in Verbindung brachte. Die Angreifer näherten sich offenbar. Jedoch wusste Malfurion, dass die Brennende Legion keine Panther zum Einsatz brachte. Das tat nur sein eigenes Volk.

War etwa jemand vom Palast hier?

»Du hast sie am Leben gelassen. Warum?«, fragte eine Stimme, die zu einem Nachtelf gehörte, der aber die Emotionskälte eines Dämons anhaftete.

»Unser Herrscher wird großes Interesse an diesen beiden Gefangenen haben.«

Malfurion zuckte überrascht zusammen, als er die zweite Stimme vernahm. Ist das möglich?

Etwas landete auf dem Boden, dann näherten sich ihm Schritte. Metall schabte über Stein, als jemand die Dämonenseele vom Boden aufhob.

»Sieht nach nichts aus«, sagte die Gestalt neben Malfurion, und dann folgten die Worte, die die schlimmsten Ahnungen des Druiden bestätigten. »Hallo, Bruder …«

10

Krasus fluchte, als er die Katastrophe spürte, die sich im Nest des schwarzen Drachen zutrug. Er hatte versucht, all die geheimen Zauber zu finden, die Deathwing rund um das Versteck der Dämonenseele errichtet hatte und wusste, dass auch Malfurion sein Bestes getan hatte. Trotzdem hatte man sie überlistet.

Noch schlimmer war jedoch, dass die Verbindung zu dem Druiden und dem Orc abgerissen war – und zwar nicht durch die Magie des schwarzen Drachen. Eine Macht, die auf ihre Weise ebenso furchtbar wie Deathwings war, hatte sich zwischen den Magier und seine Begleiter gestellt. Krasus ahnte, worum es sich dabei handelte.

Die Alten Götter waren selbst für die meisten Drachen, die zu Beginn der Welt geboren worden waren, nur Legenden. Krasus, der stets wissbegierig – oder wie Rhonin gerne sagte, unglaublich neugierig – war, wusste, dass sie weit mehr als das waren.

Man sagte, einst hätten drei dunkle Existenzen über ein so gewalttätiges Chaos geherrscht, dass es selbst die Dämonen der Brennenden Legion erschüttert hätte. Sie regierten über diese primitive Ebene, bis die Erschaffer der Welt eintrafen. Es kam zu einem Krieg kosmischen Ausmaßes, und am Ende waren die Alten Götter gefallen. Die Drei waren mit ewiger Gefangenschaft bestraft worden, ihre Kräfte wurden ihnen genommen. Niemand wusste, wo sich ihr Gefängnis befand.

Das hätte das Ende der Geschichte sein sollen, aber Krasus befürchtete, dass es den Alten Göttern irgendwie gelungen war, Kontakt zur Welt der Sterblichen aufzunehmen. Offenbar suchten sie nach einer Möglichkeit, ihrer Gefangenschaft zu entfliehen.

So langsam ergibt alles einen Sinn, dachte der Magier, während er auf der Suche nach seinen Freunden durch die felsige Landschaft schritt. Nozdormu … der Riss in der Zeit, unsere Reise in die Epoche der Nachtelfen und der Brennenden Legion … der Brunnen der Ewigkeit … sogar das Schmieden der Dämonenseele …

Die Alten Götter waren dabei, einen Schlüssel zu erschaffen, der die Tür ihres Kerkers öffnen würde – und falls das geschah, würde selbst Sargeras um die Gnade eines schnellen Todes winseln.

Wenn sie das Gefüge der Zeit auseinander rissen, konnten sie ihre Gefangenschaft ungeschehen machen. Vielleicht planten sie sogar, ihre Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Es fiel ihm schwer, über die Pläne der Alten Götter nachzudenken, denn sie standen so weit über ihm wie er über einem Wurm. Zumindest ihr oberstes Ziel konnte er jedoch nachvollziehen.

Ich muss Alexstrasza warnen, dachte Krasus instinktiv. Die Aspekte waren die mächtigsten Wesen auf sterblicher Ebene. Nur sie hatten eine Chance gegen die Alten Götter. Er verfluchte den Wahnsinn, der Neltharion, den Erdwächter in Deathwing, den Zerstörer verwandelt hatte. Zusammen wären die fünf Aspekte gewiss mächtig genug gewesen, um den Kampf gegen die uralten Wesen zu wagen. Ohne Neltharion jedoch …

Krasus rutschte aus und wäre um ein Haar in die Schlucht gestürzt, an der er gerade vorbei kletterte. Wie komplex waren doch die Pläne der Alten Götter! Sie hatten den Erdwächter verwandelt. Sie hatten Neltharions Geist verwirrt – und zwar aus mehr als nur einem Grund. Die Alten Götter hatten ihn zu einem Sklaven gemacht, der ihnen bei der Flucht helfen würde. Aber sie hatten gleichzeitig ihre einzigen ernstzunehmenden Feinde auseinander gebracht und damit geschwächt. Die übrigen vier Aspekte waren ohne Neltharion weit weniger bedrohlich.

Darüber hinaus hatten sie Nozdormu abgelenkt, was wohl auch Teil ihres Plans war.

Krasus hielt inne und lehnte sich gegen einen Felsen. Die Erkenntnis war niederschmetternd. Die dunklen Götter hatten sehr viel Geduld und Willenskraft in ihr Vorgehen gesteckt. Zu viele Figuren standen bereits an der für sie vorgesehenen Position, zu viele Pläne waren bisher unentdeckt geblieben. Wie sollte man sie jetzt noch aufhalten?

Wie?

Krasus war so tief in seine Gedanken versunken, dass er den gewaltigen schwarzen Schatten erst bemerkte, als er direkt über ihn fiel.

Deathwing füllte den Himmel aus.

»Du!« Der monströse Drache stieß seinen Atem aus.

Hätte ein anderer dort gestanden, wäre dies das Ende der Jagd gewesen und von seinem Körper wäre nichts geblieben außer ein wenig Asche inmitten kochender Lava. Aber hier hieß das Ziel Krasus, der Deathwing seit langer Zeit kannte und deshalb richtig reagierte – wenn auch im letzten Moment.

Als ihm Deathwings Feuerstrahl entgegen schoss, konterte er mit einer Mauer aus goldenem Licht. Der Strahl schmetterte gnadenlos gegen diesen zerbrechlich wirkenden Schutzschild, verpuffte jedoch. Krasus legte alle Kraft in seine Abwehr. Er taumelte und schwitzte. Sein Körper wünschte sich nichts sehnlicher als aufzugeben, doch das ließ er nicht zu.

Schließlich brach das geflügelte Monstrum über ihm den Angriff ab – jedoch nur, um Kraft für einen zweiten Stoß seines Feueratems zu sammeln.

Auf diese Pause hatte Krasus gewartet. Er hob seine Arme – und verschwand.

Allein hatte er gegen den schwarzen Giganten keine Chance. Der Ausgang eines solchen Kampfes hätte von vornherein festgestanden. Krasus war selbst zu seinen besten Zeiten nur der Gefährte eines Aspekts gewesen. Er hatte nie zum Kreis der fünf mächtigsten Drachen gezählt. Mut war zwar eine Tugend, aber nicht, wenn es keine Aussicht auf Erfolg gab.

Der Magier tauchte in der Nähe eines Berges auf, der südlich von jenem lag, den er gerade verlassen hatte. Er lehnte sich an einen Felsen und rang nach Atem. Die Verteidigung gegen den schweren Angriff seines Gegners und die magische Flucht hatten ihn stark mitgenommen. Er hatte eigentlich sogar gehofft, sich weiter entfernt von seinem Feind zu materialisieren.