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»Ich kriege dich!«, brüllte der schwarze Drache. Seine Stimme hallte über die Berge. »Du entkommst mir nicht!«

Krasus hatte einen großen Vorteil, denn in seiner Wut dachte Deathwing nicht daran, seine magischen Kräfte optimal einzusetzen. Er durchkämmte zwar seine Umgebung, aber seine Sinne glitten so rasch über die Landschaft hinweg, dass der Magier sich problemlos abschirmen konnte.

Krasus stand mühsam auf und machte sich auf den Weg nach unten. Im Tal war es sicherer als in den Bergen.

Der Magier wusste nicht, was mit seinen Begleitern geschehen war. Er war sich allerdings sicher, dass sie Deathwing hatten entkommen können, sonst hätte der schwarze Drache sich nicht so wütend auf ihn gestürzt. Offenbar suchte er immer noch nach der Scheibe und glaubte nun, dass Krasus sie gestohlen hatte.

Das war gut. Er war bereit, sein Leben zu opfern, wenn er damit den Erfolg der Mission sichern konnte. Rhonin würde schon wissen, was zu tun war.

Er kletterte den Berg hinab. Trotz seiner Erschöpfung bewegte er sich schneller und geschickter als jeder Nachtelf oder Mensch. Die ganze Zeit über suchte Krasus nach Deathwing. Sein exzellentes Gehör achtete auf den Schwingenschlag des wütenden Titanen.

Einmal flog Deathwing direkt über ihn hinweg, aber der Magier verbarg sich unter einer Felsnase und wartete, bis die Gefahr vorbei war. Deathwing blies immer wieder Feuer über die Landschaft und ahnte wohl nicht, dass seine Wut gegen ihn arbeitete.

Dann tat der Drache das, was Krasus die ganze Zeit über befürchtet hatte. Deathwing kam wohl zu dem Schluss, dass er diesen Teil seiner Umgebung umfassend genug abgesucht hatte, denn er wandte sich ab und flog seinem Nest entgegen. Krasus wusste, dass der Schwarze noch nicht aufgegeben hatte. Er wollte seine Jagd nach der Dämonenseele nur an einem anderen Ort fortsetzen.

Krasus machte sich Sorgen um Malfurion und Brox. Er blickte auf den Drachen und konzentrierte sich.

Von allen Seiten schossen Deathwing plötzlich Felsen entgegen. Riesige Steinbrocken trafen seinen Kopf. Deathwing brüllte erschrocken auf, verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe gegen einen Berg geprallt, wenn er sich nicht im letzten Moment gefangen hätte.

Krasus drehte sich um und lief los.

Der Schrei, der hinter ihm durch die Berge hallte, bewies ihm, dass Deathwing den Köder geschluckt hatte. Krasus blickte nicht hinter sich, seine Sinne verrieten ihm bereits, dass der Drache die Verfolgung aufgenommen hatte.

Krasus hatte einen Plan, doch dieser konnte nur funktionieren, wenn er den Drachen so nahe an sich heran ließ, dass er dessen fauligen Atem fast schon im Nacken spürte.

»Ich werde dich zu Asche verbrennen!«, brüllte sein monströser Gegner. »Zu Asche!«

Deathwing musste sich keine Gedanken um die Dämonenseele machen, denn sie würde allen Angriffen trotzen. Ironischerweise würde sich eine Schuppe des schwarzen Drachen als die einzige Schwachstelle der Scheibe erweisen … denn nur ein Teil seines eigenen Körpers konnte sie zerstören.

Krasus hatte lange über die Möglichkeit nachgedacht, die Dämonenseele bereits hier in der Vergangenheit zu zerstören. Aber er befürchtete, dass diese gewaltige Veränderung die Zeitlinie endgültig zerrissen hätte. Es war besser, wenn die Drachen sie auf jene Weise bekamen, wie er es vorhatte. Vielleicht würde dann die Geschichte ihren geplanten Lauf nehmen – sollte das überhaupt noch möglich sein.

Deathwing kam näher und näher. Der Schwarze wollte wohl sichergehen, dass sein vernichtender Stoß auch traf.

Gleich, dachte der Magier. Er spannte sich an.

Hinter sich hörte er, wie sein Verfolger einatmete, sich auf den Feuerstrahl vorbereitete.

Krasus biss die Zähne zusammen.

Es zischte – und der Boden, auf dem der Magier gerade noch gestanden hatte, wurde von dampfender, flüssiger Lava verschlungen.

Der Erdwächter erhob sich mit einem irren Lachen in die Lüfte. Er kreiste über einer Landschaft voller rot glühender Felsen. Die magischen Kräfte, die jedem Feuerstoß innewohnten, überlagerten die Aura der Scheibe, aber Neltharion hatte es nicht eilig, sie zu finden.

Er genoss den Tod des mysteriösen Drachenmagiers, dieses Schoßhundes von Alexstrasza, der seine Pläne beinahe vereitelt hätte. Es war schade, dass nichts von ihm übrig geblieben war. Der schwarze Drache hätte Alexstrasza gern ein Andenken an ihn überreicht, bevor er sie zu seiner Geliebten machte. Neltharion hatte gespürt, wie nahe sie einander standen, beinahe so, als wäre Krasus auf einer Stufe zu sehen mit dem unverschämten und aufmüpfigen Korialstrasz.

Doch wirklich wichtig war, dass er endlich tot war und die Scheibe bald wieder in seine Hände fallen würde. Er brauchte nur noch ein wenig Geduld zu zeigen. Die Seele musste ganz in der Nähe sein, war vermutlich irgendwo unter der Lava begraben und wartete darauf, wieder mit ihm vereint zu werden.

Ein kleiner, nagender Zweifel störte seine Freude. Neltharion dachte an die List, die sein Opfer bewiesen hatte und an die Tücke, mit der sie die Scheibe an sich gebracht hatten.

Langsam glitt er über die zerstörte Landschaft und suchte im Chaos der tobenden Energien nach seiner Schöpfung. Er spürte die Scheibe immer noch nicht, aber sie musste hier irgendwo sein.

Sie musste doch hier irgendwo sein …

Krasus materialisierte sich in einiger Entfernung. Die Hitze von Deathwings Angriff konnte er selbst bis hierher spüren. Er ließ sich zu Boden sinken. Ihm war klar, dass er auch dieses Mal nicht so weit geflohen war, wie er es beabsichtigt hatte.

Er hoffte, dass der schwarze Drache ihn für tot hielt und die Dämonenseele unter der Lava vermutete. Krasus war selbst ein Drache und kannte die Energien, die bei jedem Angriff ausgespien wurden. Der Aspekt würde eine Weile brauchen, bis er erkannte, dass seine Suche vergeblich war. Das war gut so, denn mit jeder Minute stiegen die Chancen von Malfurion und Brox.

Aber auch Krasus zog einen Vorteil aus der Pause, denn nun konnte er genügend Kräfte sammeln, um sich magisch zu seinen Gefährten zu versetzen. Es war Glück gewesen, dass sein Plan funktioniert hatte, denn er hätte zu wenig Stärke besessen, um sich auf anderem Wege gegen Deathwing zu wehren. Momentan wäre er schon froh gewesen, wenn seine Magie zum Entzünden einer Kerze ausgereicht hätte. Dem wahnsinnigen Aspekt wäre er hilflos ausgeliefert gewesen.

Ausgelaugt lag der Drachenmagier auf dem felsigen Boden. Das erste Sonnenlicht erhellte den kleinen Ausschnitt des Horizonts, den er sehen konnte. In dieser öden Landschaft, in der die Schatten der Berge die Täler verdunkelten, wurde es selbst bei Tag kaum richtig hell. Trotzdem freute sich Krasus über das Licht, denn er war ein Drache des roten Clans und damit ein Geschöpf des Lebens. Und das Leben gedieh am besten im Licht.

Seine Augen gewöhnten sich rasch an die Helligkeit. Krasus entspannte sich für einen Moment.

Doch eine tiefe Stimme über ihm zerstörte seine Ruhe triumphierend.

»Ah! Habe ich dich also doch gefunden!«

Hunger begann an Tyrandes Magen zu nagen. Das war ein schlechtes Zeichen. Mutter Mond hatte ihre Hilfe lange aufrecht erhalten, aber es gab so viel für sie in ganz Kalimdor zu tun, dass sie sich nicht ewig um eine einzelne Priesterin kümmern konnte. Priesterinnen waren stets bereit, sich als Erste zu opfern, sollte die Notwendigkeit dafür entstehen.

Tyrande fühlte sich nicht verraten. Sie dankte Elune für ihre Hilfe. Jetzt stand nur noch die genossene Ausbildung der Schwesternschaft zwischen den Peinigern und ihrem viel zu zerbrechlichen, sterblichen Körper.

Jeden Abend brachte ein Hochgeborener bei Sonnenuntergang einen Napf mit Nahrung in ihre Zelle. Der Napf und sein Inhalt – irgendein Eintopf, der vermutlich aus den Resten eines Abendessens bestand – wurden auf dem Zellenboden neben ihrer Sphäre abgesetzt. Tyrande musste nichts weiter tun, als ihren Wächtern sagen, dass sie hungrig sei, dann würde sich die Sphäre auf magische Weise senken. Der Elfenbeinlöffel, der stets im Brei steckte, war schmal genug, um durch die Lücke zu passen.