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Der ehemalige Captain straffte sich und antwortete: »Ich danke euch. Eure Stärke ist uns willkommen. Mit etwas Glück wird es uns jetzt gelingen, diesen Kampf zu überleben.«

Der Herr des Waldes nickte. Sein Blick glitt über die sterblichen Kämpfer. Sein bärtiges Gesicht verriet Entschlossenheit. »Ja, du hast Recht, Lord Shadowsong … mit etwas Glück …«

12

Als Malfurion aus der Bewusstlosigkeit erwachte, tobten starke Schmerzen durch seinen Körper. Beinahe wäre sein Geist zurück in die Dunkelheit gerutscht, doch ein Gefühl von Dringlichkeit hielt ihn davon ab. Langsam begann der Druide, Geräusche wahrzunehmen, beziehungsweise das Fehlen von solchen.

Er öffnete die Augen und blickte in die weichen Schatten der Nacht. Malfurion war froh, dass ihn das Tageslicht nicht blendete. Vorsichtig setzte er sich auf und sah sich um.

Erschrocken stieß er die Luft aus.

Einige Schritte entfernt lag Korialstrasz reglos in einem Krater, den er wahrscheinlich durch den Aufprall selbst geschaffen hatte.

»Er … lebt«, sagte eine verschmutzte Gestalt, die sich aus den Schatten erhob. »Das … das kann ich dir versichern.«

»Krasus?«

Der Magier taumelte ihm entgegen. Er wirkte blasser und hagerer als jemals zuvor. »Nicht gerade die Um … Umstände, die ich mir für unser Wiedersehen … gewünscht hätte.«

Malfurion ergriff den Arm des Drachenmagiers und führte ihn zu einem abgeflachten Stein, auf den er sich setzen konnte.

»Was ist passiert? Wieso bist du hier?«

Krasus holte tief Luft, dann berichtete er von der Verfolgungsjagd des schwarzen Drachens und wie er versucht hatte, Zeit für den Nachtelf und den Orc zu gewinnen. Während er redete, schien ein Großteil seiner Stärke zurückzukehren. Der Nachtelf nahm an, dass dies mit den Gaben seines Volkes zusammenhing.

Doch dann erinnerte sich Malfurion an einen weiteren Gefährten. »Brox«, stieß er hervor und sah sich um. »Ist er …«

»Der Orc lebt. Ich glaube, seine Haut und sein Schädel sind härter als die eines Drachen. Er kam zu mir, als ich das Bewusstsein wiedererlangte. Ich glaube, er sucht gerade nach Nahrung und Wasser. Unsere Vorräte wurden bei dem Absturz ja vernichtet.« Krasus schüttelte den Kopf, bevor er fortfuhr: »Wir können uns auch bei Korialstrasz für unsere relativ gute Gesundheit bedanken. Er hat getan, was er konnte, um uns zu schützen, inklusive eines hastig gewobenen Zaubers. An sich selbst hat er nicht gedacht.« Der Magier sagte dies voller Stolz.

»Soll ich versuchen, ihn zu heilen, so wie damals?«

»Nein … damals konntest du deine Stärke aus einem gesunden Land ziehen. Hier würdest du zu viel von deiner eigenen Kraft verlieren. Er würde das nicht wollen. Außerdem gibt es einen anderen Weg.«

Krasus ging jedoch nicht näher darauf ein, sondern sagte statt dessen: »Korialstrasz und ich fanden einander – beziehungsweise, er fand mich, als ich mich nach einer sehr knappen Flucht vor dem Schwarzen ausruhte. Er hatte einen von Deathwings Wächtern getötet und zu Recht befürchtet, dass unser Plan, die Scheibe zu stehlen, schiefgegangen ist.«

Krasus war auf Korialstrasz’ Rücken gestiegen. Gemeinsam hatten sie einen Umweg gewählt, um Deathwing und seinen anderen Wächtern zu entgehen. Dann waren sie den magischen Spuren gefolgt, die die Dämonenseele hinterließ. Leider hatten sie ihre Gefährten erst gefunden, nachdem sie gefangen genommen worden waren und die Scheibe verloren hatten.

»Das war dein Bruder, nicht wahr, Malfurion?«

Der Druide ließ den Kopf hängen. »Ja. Er … ich weiß nicht, was ich sagen soll, Krasus.«

»Illidan wurde von ihnen korrumpiert«, sagte der Magier deutlich. »Das solltest du niemals vergessen.« Etwas in seinem Tonfall deutete daraufhin, dass er mehr über Malfurions Zwilling wusste. Doch er ließ sich nicht mehr entlocken.

»Was machen wir jetzt? Holen wir uns die Dämonenseele?«

»Ich sehe keine andere Möglichkeit. Aber zuerst musst du mir erzählen, was vor meiner Ankunft geschehen ist.«

Malfurion nickte und berichtete alles über ihre Gefangennahme, über die Entwendung der Scheibe und die anstrengende Reise. Jedes Mal, wenn er Illidans Namen erwähnen musste, erstickte er beinahe daran.

Krasus hörte mit steinerner Miene zu, als der Nachtelf darlegte, zu welchem Zweck der Palast die Dämonenseele einsetzen wollte. Erst als er seine Geschichte beendet hatte, antwortete der Magier.

»Ihre Pläne sind noch finsterer, als ich befürchtet hatte«, murmelte er halb an sich selbst gewandt. »Und doch liegt darin auch ein wenig Hoffnung …«

»Hoffnung?« Malfurion sah nichts Hoffnungsvolles in den Dingen, die er seinem Gegenüber erzählt hatte.

»Ja.« Krasus erhob sich und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. »Wenn wir sie nur dazu bringen könnten, zuzuhören

»Wen?«

»Die Aspekte.«

Der Nachtelf schüttelte energisch den Kopf. »Aber das können wir nicht. Sie haben sich ja sogar von dir zurückgezogen. Wenn Korialstrasz bei Bewusstsein wäre, könnten wir …«

»Ja«, unterbrach ihn der Drachenmagier. »Und Korialstrasz wird uns vielleicht eine Hilfe bei diesem Unterfangen sein … vorausgesetzt ich kenne die Herrin des Lebens wirklich so gut, wie ich glaube.«

Seine Worte ergaben keinen Sinn, aber daran hatte sich Malfurion bereits gewöhnt. Wenn Krasus etwas plante, würde ihn der Nachtelf mit all seiner Kraft dabei unterstützen.

Das Knirschen loser Steine kündigte Brox’ Rückkehr an. Leider brachte der Orc nichts mit.

»Kein Bach, keine Pfütze, keine Nahrung, noch nicht mal Insekten«, meldete der Krieger. »Ich habe versagt, Weiser.«

»Du hast getan, was du konntest, Brox. Auch weit entfernt von Deathwings Nest ist dies noch ein ödes Land.«

Malfurion spannte sich an, als er den Namen des schwarzen Drachen hörte. »Glaubst du, dass er uns weiter verfolgen wird?«

»Es würde mich überraschen, wenn er es nicht täte. Wir müssen etwas versuchen, bevor das geschieht.« Krasus blickte über seine Schulter auf den reglosen Korialstrasz. »Zum Glück hat dieser Captain Varo’then die Scheibe allzu hastig eingesetzt, sonst wäre von uns nur Asche geblieben. Korialstrasz kann sich erholen, das weiß ich, aber wir müssen den ersten Kontakt aufnehmen. Und wenn ich wir sage, meine ich dich, Nachtelf.«

»Mich?«

Krasus’ Augen verengten sich. Malfurion war noch nie aufgefallen, wie reptilienhaft sie waren. »Ja, du musst den Smaragdgrünen Traum betreten und Ysera, seine Herrscherin, finden.«

»Aber das haben wir doch schon versucht, als die Drachen von der Dämonenseele vertrieben wurden. Sie hat eine Antwort verweigert.«

»Dann wirst du ihr dieses Mal sagen, dass Alexstrasza erfahren muss, dass Korialstrasz im Sterben liegt.«

Entsetzt betrachtete Malfurion den gewaltigen Körper, aber Krasus schüttelte nur den Kopf. »Nein. Vertraue mir. Ich hätte größere Angst davor als alle anderen. Bring diese Nachricht Ysera. Sie wird die Herrin des Lebens in jedem Fall davon unterrichten.«

»Du verlangst, dass ich die Herrscherin der Traumwelt belüge

»Es gibt keine andere Möglichkeit.«

Der Druide dachte darüber nach und begriff, dass sein Begleiter Recht hatte. Eine solche Schreckensmeldung würde die Aufmerksamkeit der Aspekte erregen. Sie würden Malfurion glauben, denn niemand wäre ein solcher Narr, ihren Zorn wegen eines Lügenmärchens auf sich zu ziehen.

Es blieb nur die Frage, was die Drachen mit ihm tun würden, wenn sie herausfanden, dass er eben doch so närrisch war.

Doch darüber durfte Malfurion nicht nachdenken. Er vertraute Krasus. »Ich werde es tun.«

»Ich werde versuchen, auf dich aufzupassen. Brox, du wirst uns beide beschützen, sollte es nötig sein.«

Der Orc verneigte sich. »Ich fühle mich geehrt.«

Malfurion setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen auf den Boden und vertrieb alle störenden Gedanken aus seinem Geist. Dann verdrängte er die Schmerzen seines Körpers. Als sie nachließen, begann er sich auf das mystische Reich zu konzentrieren.