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Die Zauberer und Satyrn bildeten die von Sargeras befohlene Formation. Mannoroth schritt ihre Positionen sorgfältig ab und wies jene zurecht, die versehentlich an falscher Stelle standen. Schließlich war jedoch auch der Dämon zufrieden und entfernte sich von der Gruppe.

»Ist es richtig, dass wir Lord Sargeras heute noch nicht willkommen heißen werden?«, fragte Azshara aus ihrer Sänfte.

»Das ist richtig, Licht der Lichter, aber es wird nicht mehr lange dauern. Sobald sich der Weg stabilisiert hat, wird er ihn beschreiten.«

Sie nickte mit halb geschlossenen Augen. »Man wird mich dann wohl über seine Ankunft informieren.«

»Wir werden tun, was wir können«, versprach Varo’then.

Illidan fragte sich, ob Azshara ernsthaft glaubte, dass sie die Geliebte des Dämonenlords werden würde. Er bezweifelte, dass dies ein Teil von Sargeras’ Plänen war.

Er schob den Gedanken an Azshara beiseite, als die Zauberer mit ihrer Arbeit begannen. In dem Kreis, den sie gebildet hatten, entstand eine knisternde blaue Lichtkugel. Ab und zu traf ein Lichtstrahl einen der Zauberer, der dann zwar zusammenzuckte, jedoch nicht seine Arbeit unterbrach.

Murmelnd sprachen die Stimmen die Worte der Macht. Ihre Beschwörungen zogen Kraft aus dem Brunnen. Illidan beobachtete diese Energien, die so unterschiedlich waren wie die Zauberer, die sie beschworen hatten. Sie legten sich um die blaue Kugel und hüllten sie ein. Sie begann heller zu leuchten, wurde stärker …

… bis in der Kugel ein Riss bestand, den Illidan bereits aus der Turmkammer kannte.

Die Zauberer hatten das Portal zur Unterwelt der Legion in der Nähe des Brunnens geöffnet, damit Sargeras auf die Energien zugreifen konnte. Illidan spürte die Nähe des Dämonenlords.

In den Brunnen!, forderte die Stimme, die durch alle Köpfe hallte.

»Tut, was er sagt!«, befahl Mannoroth. Bedrohlich blickte er auf die Nachtelfen und Satyrn herab.

Die Zauberer brachen ihre Beschwörungen ab und ballten gleichzeitig die Hände zu Fäusten.

Die Kugel und das Portal, das sich darin befand, schwebten hinaus zu den stürmischen Wassern und verschwanden schon bald in der Entfernung.

Jetzt … die Scheibe …

Illidans Herz setzte einen Schlag aus. Er hätte Mannoroth die Dämonenseele am liebsten entrissen, aber sein Verstand bewahrte ihn vor einer solchen Dummheit. Zu diesem Zeitpunkt wäre dies selbstmörderisch gewesen.

Aber vielleicht bei anderer Gelegenheit …

Illidan verdrängte diesen Gedanken sofort, auch wenn er vermutete, dass Sargeras zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt war, um sich auf die verräterischen Gedanken seines Magiers zu konzentrieren. Außerdem hatte Illidan seinen Geist abgeschirmt.

Vor ihm hielt Mannoroth die Scheibe hoch. Der geflügelte Dämon murmelte Worte, die ihm der Wind von den Lippen riss.

Grünes Feuer umgab die goldene Scheibe. Die Dämonenseele – Illidan hatte beschlossen, dass seines Bruders Bezeichnung dafür weitaus passender war als ihr ursprünglicher Name – löste sich aus Mannoroths Fingern und flog, wie schon die Kugel vor ihr, hinaus zu den wogenden Wassern des Brunnens.

»War das alles?«, fragte Azshara enttäuscht.

Der Captain begann sie zu vertrösten, doch im gleichen Moment erstarb der Wind. Auch der Sturm ließ nach, obwohl sich die dunklen, Unheil verheißenden Wolken weiter drehten und wanden wie Schlangen in ihrem Nest.

Illidan erkannte als Erster, was passieren würde. »Ich würde Euer Hoheit vorschlagen, die Sänftenträger anzuweisen, auf den Hügel zurückzukehren, von dem wir gekommen sind.«

Der Zauberer kam dem Ratschlag als Erster nach und begann sich zurückzuziehen. Der Captain sah ihn misstrauisch an, befahl dann jedoch seinen Soldaten, den Vorschlag zu befolgen.

Mit einer lässigen Handbewegung befahl die Königin ihren Teufelswachen, sich den anderen anzuschließen.

Aus der Mitte des Brunnens ertönte ein Geräusch wie das Brüllen von tausend Nachtsäblern. Illidan warf einen Blick über die Schulter und begann zu laufen.

Die Zauberer und Satyrn, deren Anwesenheit am Strand nicht länger vonnöten war, flohen ebenfalls auf die Hügel. Nur Mannoroth blieb mit ausgestreckten Armen stehen. Er sah aus, als erwarte er die Umarmung einer Geliebten.

»Es beginnt!«, brüllte er beinahe fröhlich. »Es beginnt!«

Im gleichen Moment schwappte eine gewaltige Welle über den Strand, wo der Dämon stand.

Das Ufer des Brunnens verschwand unter der plötzlichen Flut, die sich nicht etwa landeinwärts ergoss, sondern seitlich. Ganze Häuserruinen wurden hinweggespült, als wären sie Spielzeuge. Immer wieder schwappten die Wellen über das Ufer und rissen alles ins Wasser. Steinobelisken wurden aus ihren Fundamenten gedrückt, gepflasterte Wege verschwanden in der kochenden Gischt. Die Toten, die niemand begraben hatte, trieben zu einem dunklen Ort jenseits von Zin- Azshari. Illidan wusste, dass sie auch dort keine Ruhe finden würden.

Als der Zauberer den Gipfel des Hügels erreichte, konnte er endlich das ganze Ausmaß der Zerstörung überblicken. Selbst er war überrascht von der Kraft der Magie, die der ferne Sargeras mit solcher Leichtigkeit wirkte.

Der Brunnen der Ewigkeit hatte sich in einen gigantischen Mahlstrom verwandelt.

Natürlich konnte er nicht die gesamte Wasserfläche sehen, aber der Mahlstrom erstreckte sich vom Strand bis zum Horizont. Das stützte seine Vermutung. Illidan bemerkte, dass die wilden Energien des Brunnens jetzt auf ein gemeinsames Ziel gerichtet waren, ein Ziel, das im Zentrum des Mahlstroms lag.

Mannoroth lachte, während ihn die Kräfte am Rand des Brunnens umspülten. Die Angst einflößenden Wellen, die Felsstücke größer als der Dämon aus den Hügeln rissen, verletzten ihn nicht. Mannoroth ergötzte sich an der Macht seines Herrn und pries Sargeras mit lauten Rufen.

Von seiner sicheren Position auf den Hügeln tastete Illidan nach dem Zauber. Mit seinen hoch entwickelten Sinnen ließ er seinen Geist über das Wasser ziehen, bis das Ufer hinter ihm verschwand. Er stieg höher, um sich ein genaueres Bild von dem zu machen, was Sargeras angerichtet hatte.

Er hatte Recht gehabt, der Mahlstrom umfasste den kompletten Brunnen der Ewigkeit. Der Nachtelf war sicher, dass kein Teil des Brunnens unangetastet geblieben war.

Ein Leuchten in weiter Ferne erregte seine Aufmerksamkeit. Illidan strengte seine Sinne auf das Äußerste an und sah die Dämonenseele, die hoch über der Wasserfläche schwebte. Die harmlos aussehende Scheibe strahlte ein goldenes Licht aus, das sich auf das Wasser richtete. Illidan verstand genug von der Macht der Dämonenseele, um zu erkennen, dass Sargeras sie ebenso gut zu beherrschen wusste wie der schwarze Drache, vielleicht sogar besser. Obwohl der Herr der Legion so weit entfernt war, verwob er die Macht der Scheibe mühelos mit den Urkräften des Brunnens.

Aber wo war das Portal? Illidan suchte die Umgebung der Scheibe danach ab, fand jedoch nichts. Wo hatte Sargeras es …

Der Zauberer verfluchte seine Dummheit und blickte hinab in das Zentrum des Mahlstroms.

Er blickte nach unten … und starrte auf einen Pfad zwischen den Realitäten, auf einen Weg ins Reich der Brennenden Legion.

Illidan war davon ausgegangen, dass die meisten Dämonen bereits in Kalimdor angekommen waren. Doch jetzt erkannte er, dass nur ein winziger Teil das Reich verlassen hatte. Endlose Reihen der mit Stoßzähnen bewehrten, wilden Krieger warteten auf den Kampf. Bis zum Horizont standen sie, und unter ihnen waren Kreaturen, wie man sie in Kalimdor noch nie gesehen hatte. Einige flogen, andere krochen, aber sie alle strahlten die gleiche Blutlust aus, die Illidan von den Dämonen, denen er gegenüber gestanden hatte, kannte.

Und dann spürte der Zauberer den Dämonenlord. Nur einen Hauch seiner Aura nahm er wahr, aber sie reichte aus, um den Nachtelf zur Flucht aus der Unterwelt zu bewegen. Erst jetzt erkannte er, dass er bisher nur einen Bruchteil von Sargeras’ wahrer Macht gespürt hatte. Hier, an dem Ort, wo der Herr der Legion körperlich existierte, hatte Malfurions Bruder keine Möglichkeit, seine Gedanken vor ihm zu verbergen. Sargeras hätte jeden Schild mit Leichtigkeit durchbrochen.