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Er reckte stolz das Kinn vor. »Wir sind nicht umsonst die Hochgeborenen. Wir sind die besten Zauberer des Reiches. Sie werden vor unserer Macht in den Staub fallen.« Mit etwas weniger Pathos fügte Dath’Remar hinzu: »Und wahrscheinlich werden auch viele von uns fallen.«

»Ich spüre, dass der Weg frei ist«, sagte der zweite Zauberer arrogant lächelnd. »Der Ablenkungszauber täuscht Varo’thens Wachhunde immer noch.«

»Aber nicht mehr lange, befürchte ich.« Dath’Remar öffnete vorsichtig die Tür. Der Gang, der dahinter lag, war leer.

»Wir sind in der Nähe der Ställe«, erklärte der zweite Hochgeborene. Seine Selbstsicherheit schien zuzunehmen. »Siehst du, Dath’Remar? Diese Soldaten sind nur nichtsnutzige …«

Seine Worte endeten in einem Gurgeln, als sein Hals von einem Armbrustbolzen durchbohrt wurde. Blut spritzte auf Tyrande und Dath’Remar.

Der tote Zauberer brach zusammen. Mehrere Soldaten tauchten gleichzeitig im Gang auf.

»Haltet ein!«, befahl ein Unteroffizier, der einen pompösen Helm trug.

Dath’Remars Antwort bestand in einer ärgerlichen Handbewegung.

Eine unsichtbare Kraft erfasste die Wachen und schleuderte sie gegen die Wände. Laut scheppernd fielen Waffen und Rüstungsteile zu Boden.

»Sie werden es nicht noch einmal wagen, einen Hochgeborenen des Elitezirkels anzugreifen«, zischte Dath’Remar.

»Der Lärm wird nicht unbemerkt bleiben«, warnte die Priesterin.

Dath’Remar schien zu erkennen, dass sein Angriff gedankenlos gewesen war. Er verzog das Gesicht und trat mit Tyrande in den Gang hinein.

Nur wenig später erreichten sie die Ställe. Dort bot sich Tyrande ein bemerkenswerter Anblick. Sie hatte damit gerechnet, ein paar Hochgeborene anzutreffen – aber niemals so viele. Sie schätzte, dass sich ein Drittel der gesamten Kaste in den Ställen versammelt hatte. Ganze Familien waren gekommen.

»Wo ist …«, setzte eine Frau an, aber ein Blick von Dath’Remar hielt sie von weiteren Fragen über den toten Zauberer ab.

»Wir haben den Kampf gehört und den Einsatz magischer Kräfte gespürt«, fügte ein Mann hinzu. »Den Dämonen wird das ebenfalls nicht entgangen sein.«

»Daran lässt sich nichts ändern.« Dath’Remar ging vor Tyrande her. »Hast du ein schnelles Reittier für die Priesterin, Quin’thatano?«

»Das schnellste.«

»Gut.« Der Zauberer wandte sich an sie. »Mistress Tyrande, wir hoffen, dass du dich für uns einsetzen wirst, wenn wir die Armee erreichen. Wir wissen, dass die anderen nichts Gutes über unsere Kaste denken …«

»Wir werden dafür sorgen, dass sie uns anhören«, unterbrach ihn eine der Frauen. »Wir haben die Macht dazu.«

»Dann werden sie uns wahrscheinlich umbringen«, knurrte Dath’Remar. An Tyrande gewandt, fuhr er fort: »Wirst du das für uns tun?«

»Was für eine Frage! Natürlich werde ich das. Ich schwöre es bei Mutter Mond.«

Ihm schien das zu reichen, auch wenn einige andere noch zweifelten. Doch sie alle schienen sich darauf geeinigt zu haben, dass Dath’Remar Sunstrider die Entscheidungen traf.

»Also gut. Das Wort der Hohepriesterin dürfte allen hier genügen.« Er zeigte auf die Nachtsäbler. »Steigt auf, wir dürfen keine Zeit verlieren.«

Die fluchtbereiten Hochgeborenen hatten nur wenig Gepäck dabei, was deutlich machte, wie sehr sie sich der Notwendigkeit zur Eile bewusst waren. Tyrande, die wusste, in welch luxuriösen Palästen sie lebten, hatte eigentlich damit gerechnet, dass sie ihren halben Hausstand mitschleppen würden.

Ein Zauberer reichte der Priesterin einen schlanken, weiblichen Panther. An der Seite des Tieres baumelte ein Langschwert, das man vermutlich einem von Captain Varo’thens Soldaten gestohlen hatte. Sie nickte dankbar für dieses nützliche Geschenk, dann stieg sie auf und wartete.

Dath’Remar überzeugte sich davon, dass alle bereit waren, dann zeigte er auf ein großes Holztor. »Wir bleiben zusammen! Niemand verlässt die Gruppe. Wer sich nicht daran hält, wird seine Nachlässigkeit bereuen. Die Dämonen sind überall. Wir müssen zusammen reiten und zusammen kämpfen, wahrscheinlich tagelang.« Er richtete sich auf. »Aber wir sind die Hochgeborenen, die Streiter des Brunnens. Dank seiner Macht werden wir uns den Weg frei kämpfen und den Boden mit den Leichen derer bedecken, die uns daran zu hindern versuchen!«

Tyrandes Gesichtsausdruck verriet nichts von ihren Gefühlen. Den Hochgeborenen musste klar sein, dass viele von ihnen sterben würden – grausam sterben. Sie betete lautlos zu Elune und bat sie um Hilfe für ihre Begleiter.

Die Hochgeborenen suchten nach Vergebung dafür, dass sie geholfen hatten, die Brennende Legion nach Kalimdor zu bringen. Tyrande würde alles tun, damit sie sie auch erhielten.

Dath’Remar wies erneut auf das Tor. »Öffne dich!«

Krachend flog das Tor gegen eine Mauer.

»Los!«

Tyrande lenkte ihren Nachtsäbler hinter dem seinen her.

Die Hochgeborenen passierten das zertrümmerte Tor. Ihre Reittiere sprangen elegant über die Reste hinweg. Einige tote Dämonen lagen dahinter, waren offenbar dem Zauber zum Opfer gefallen.

»Mannoroth und die anderen sollten noch immer am Brunnen sein«, rief Dath’Remar. »Das ist unsere einzige Chance.«

Die Erwähnung des Brunnens rief Tyrande Illidan in Erinnerung. Sie wünschte sich, er wäre bei den Flüchtenden gewesen und hätte sich nicht dem Bösen verschrieben.

Der düstere Nebel, der immer noch über Zin-Azshari hing, konnte die Reiter nicht aufhalten, denn die Hochgeborenen kannten den Weg. Die Priesterin konzentrierte sich darauf, ihren Rettern zu folgen und wartete auf das Unvermeidliche: den ersten Angriff.

Er erfolgte schließlich in Gestalt einiger Teufelsbestien, die mitten in die Reiter hineinsprangen, zwei zu Fall brachten und einen dritten beinahe von seinem Nachtsäbler rissen. Die Tentakel der Dämonen hefteten sich an die Körper ihrer Opfer und saugten sie gierig aus.

Eine weibliche Hochgeborene warf etwas, das wie ein kleiner Stock aussah. Als er sein Ziel erreichte, wurde daraus jedoch eine Lanze, die die Teufelsbestie durchbohrte.

Die anderen Dämonenhunde starben auf ähnliche Weise. Die letzten flohen mit lautem Angstgeheul. Dath’Remar schickte ihnen einen Blitz hinterher. Zwei Teufelsbestien wurden zerrissen, die dritte entkam.

»Jetzt ist unsere Flucht wohl aufgeflogen«, knurrte der Zauberer. »Schneller!«

Ein Horn wurde mit tiefem, traurigen Ton geblasen. Nur Sekunden später antworteten andere weit vor der Gruppe. Tyrande betete inständig zu Mutter Mond. Sie wusste, dass die Nachtelfen schon bald um ihr Leben kämpfen würden.

»Sarath’Najak! Yof’Tithian, zu mir!« Die Gerufenen ritten zu Dath’Remar, streckten eine Faust aus und begannen einen Zauber zu sprechen.

Ein Schild aus roter Energie baute sich vor den Reitern auf. Sogar Tyrande spürte die Kraft, die aus dem Brunnen in den Schutz floss.

Eine Wand aus riesigen Dämonenkriegern, die von grünen Flammen umgeben waren, schälte sich aus dem Nebel. Die Teufelswachen stürzten sich mit Waffen, so groß wie Tyrande, auf die Reiter.

Doch die ersten, die gegen den roten Schild prallten, verbrannten einfach. Ihre grünen Flammen nahmen die rote Färbung des Schilds an und verschlangen die Dämonen. Die monströsen Krieger kreischten und brachen zusammen. Innerhalb weniger Herzschläge zerfielen sie zu Asche. Nur ein paar schwarz verkohlte Rüstungsteile blieben übrig.

Aber die Dämonen stürzten sich weiter auf die Reiter und hatten sie schon bald umzingelt. Einzelne Zauberer versuchten ihre eigenen Sprüche anzuwenden, allerdings mit unterschiedlichem Ergebnis. Sie konnten sich nicht auf jeden Dämon konzentrieren, und die, denen es gelang, ihre Verteidigung zu durchbrechen, richteten große Verwüstungen unter den Reitern an. Eine Frau fiel zu Boden, als ihr Nachtsäbler mit aufgeschlitzter Kehle unter ihr zusammenbrach. Sie wollte sich erheben, aber der Teufelswächter, der die Katze getötet hatte, schlug ihr den Kopf ab. Ein anderer Hochgeborener wurde auf eine Lanze gespießt, aus dem Sattel gehoben und durch die Luft geschleudert. Die nachfolgenden Nachtsäbler trampelten ihn nieder.