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Die Klinge raste Malfurion entgegen. Im gleichen Moment schleuderte er die Samenkörner ins Maul der Fledermaus.

Das Ungeheuer krümmte sich zusammen. Die Schwertspitze, die eigentlich auf Malfurions Kehle gezielt hatte, schrammte statt dessen über sein Schlüsselbein, wo sie eine schmerzhafte, aber harmlose Wunde hinterließ. Malfurion stöhnte auf, ließ aber nicht los.

Varo’thens Reittier begann von innen zu leuchten. Der Captain versuchte, die Kontrolle über die Fledermaus zu behalten, scheiterte jedoch. Das Ungeheuer schlug kreischend um sich.

Eine Sekunde später ging es in Flammen auf.

Malfurion hatte die Hitze, die in den Samen steckte, schon in anderen Schlachten zu nutzen gewusst. Er besaß jedoch nur noch wenige, deshalb hatte er sie hier oben, wo sie nur wenig Erfolg versprachen, nicht einsetzen wollen. Doch die Schattenkreatur war direkt über ihm gewesen, deshalb nur war es ihm gelungen, allen Samen in ihr Maul zu befördern.

Das grausige Schauspiel strahlte so hell, dass Malfurion zur Seite blicken musste. Er hörte, wie Varo’then etwas rief, verstand seine Worte aber nicht.

Mit einem letzten schrillen Schrei stürzte die Bestie brennend in die Tiefe.

Malfurion hielt sich an Ysera fest und rang nach Atem. Die Herrin der Träume konnte nichts für ihn tun, denn ihre Aufmerksamkeit war auf eine der Fledermäuse gerichtet. Der Druide hielt sich so gut es ging fest, rang dabei um seine Fassung. Seine Wunden schmerzten, und das Wissen, dass die Scheibe nicht angetastet werden konnte, zehrte zusätzlich an seinen Kräften.

Ein scharfer Schmerz schoss durch seine Wade.

Malfurion schrie auf und hätte beinahe den Halt verloren. Blut tropfte in seinen Stiefel, während er wie wild nach der Ursache der Pein trat. Er blinzelte Tränen aus seinen Augen und blickte hinunter auf sein Bein.

Captain Varo’then hing an Yseras Bauch. Der vernarbte Soldat kämpfte sich Schuppe um Schuppe und vor Anstrengung keuchend nach oben.

Den Grund für Malfurions schmerzendes Bein – den gebogenen Dolch – hielt er zwischen den Zähnen. Malfurions Blut rann über das spitze Kinn des Nachtelfen, ohne dass dieser es zu merken schien.

Malfurion wusste nicht, wie es Varo’then gelungen war, sich von seinem brennenden Reittier zu lösen und an Ysera festzuhalten. Aber ihm war klar, dass er den Offizier schon wieder unterschätzt hatte. So hart er nur konnte trat er nach ihm, doch der Captain wich seinem Stiefel lässig aus. Malfurion konzentrierte sich darauf, nicht den Halt zu verlieren, während der kampfgestählte Varo’then sich seinem Gegner mit routiniertem Geschick näherte. Seine schmalen Augen taxierten Malfurion, als wäre er ein Tier, das geschlachtet werden sollte.

Der Druide griff nach seiner Gürteltasche, doch im gleichen Moment hob Varo’then seine linke Hand.

»Aaahh!«

Ein roter Blitz blendete Malfurion. Erst jetzt fiel ihm ein, dass Varo’then ein halbwegs talentierter Zauberer war, zwar nicht gut genug, um wirklich gefährlich zu sein, aber sein Können reichte aus, um Feinde abzulenken.

Malfurion hob seine freie Hand über den Kopf, was ihn vermutlich vor dem Tod bewahrte. Varo’thens gepanzerter Körper hing plötzlich über ihm. Der Nachtelf spürte heißen Atem im Gesicht.

»Das Licht der Lichter wird mich reich dafür belohnen!«, stieß der Captain aufgeregt hervor. »Mannoroth hast du überlistet! Archimonde hast du überlistet! Diese großen Dämonen konnten dir nichts anhaben. Lord Sargeras’ respektierte Kommandanten … ha! Das wird mich nicht nur bei ihr wieder ganz nach vorne bringen, sondern auch bei ihm. Mich! Lord Varo’then!«

»Sargeras will Kalimdor zerstören, nicht neu erschaffen«, erwiderte Malfurion seinem verblendeten Feind.

»Natürlich! Das weiß ich schon lange. Aber dieser armselige Flecken interessiert mich ohnehin nicht. Ich will nur der Königin dienen und ihre Armeen befehligen. Wo ich das tue, ist mir egal. Wer weiß, vielleicht macht mich Sargeras nach dieser Tat zu seinem höchsten Kommandanten. Dafür und für Azsharas Bewunderung sehe ich Kalimdor gerne brennen.«

Varo’then war wahnsinnig, trotzdem spürte Malfurion Wut in sich aufsteigen, als der Offizier so abwertend über das Ende aller Dinge und über die Welt sprach, die sein Volk hervorgebracht hatte. Das widersprach allem, woran Malfurion glaubte und allem, was Cenarius ihn gelehrt hatte.

»Kalimdor ist unser Blut, unser Atem und unser Leben!«, schrie der Druide wütend. »Wir gehören hierher wie die Bäume, die Flüsse und die Felsen. Wir sind Kalimdors Kinder. Willst du die Mutter erschlagen, die uns das Leben geschenkt hat?« Seine Stirn wurde heiß.

»Mach dich nicht lächerlich. Wir leben auf einem winzigen Stein, der nur einer unter vielen ist. Kalimdor ist ein Nichts! Dank der Legion und meiner Königin werde ich Tausende Welten sehen. Sie alle werden uns zu Füßen liegen. Macht, Druide! Macht ist mein Blut und mein Atem, verstehst du das?«

Captain Varo’then zog die Hand, in der er den Dolch hielt, aus Malfurions Griff. »Aber wenn dir das Ende Kalimdors solche Sorgen bereitet, sollte ich dich wohl ins Jenseits schicken, damit dich die Welt dort willkommen heißen kann.«

Doch Malfurions Wut hatte ihren Höhepunkt erreicht. Aus brennenden Augen starrte er Varo’then an. »Du willst Macht? Dann fühle die Macht der Welt, die du verraten willst, Captain!«

Diese Kraft floss wie Blut durch seine Adern. Er spürte, aus welcher Quelle sie stammte: Kalimdor. Die Welt war kein intelligentes Wesen, aber sie lebte – und durch Malfurion konnte sie sich endlich rächen.

Ein hellblaues Licht löste sich aus dem Druiden und traf Varo’then in die Brust.

Malfurions Angreifer schrie auf, als er vom Drachen geworfen wurde. Der Dolch entglitt seiner Hand. Hilflos hing der Captain über dem Brunnen der Ewigkeit. Das Licht beleuchtete Varo’then nicht nur, es brannte sich in ihn hinein. Sein Fleisch, seine Sehnen, seine Organe und seine Knochen schimmerten durch die Rüstung hindurch. Der schreiende Kopf des Offiziers sah aus wie ein Totenkopf unter gläserner Haut.

Varo’then hatte Kalimdor abgelehnt … und nun lehnte Kalimdor – durch Malfurion – ihn ab. Das Licht hüllte den Captain immer noch ein, begann jetzt aber einen Bogen über der Mitte des Brunnens zu spannen. Dann verschwand es plötzlich.

Captain Varo’then stürzte wie eine Kreatur der Hölle in das Portal.

Die Macht, die Malfurion erfüllt hatte, verging. Er fühlte sich ein wenig verloren, tröstete sich jedoch mit dem Gedanken, dass die Welt noch nicht völlig wehrlos geworden war. Von Yseras Rücken herab warf er einen Blick auf Varo’thens letztes Ziel.

»Mal sehen, ob dich der Herr der Legion jetzt auch noch belohnt, Captain …«

Ein Ruck kostete ihn fast den Halt. Zwei Schattenkreaturen kämpften gegen Ysera. Die Herrin der Träume hatte eine bereits getötet, aber die zweite hatte ihren Flügel zerfetzt.

Malfurion klammerte sich mit einer Hand fest, dann griff er in eine seiner Gürteltaschen und holte eine Salbe heraus, die er gemischt hatte. Sie bestand aus verschiedenen Kräutern. Auf dem Schlachtfeld hatte sie ihm gute Dienste erwiesen, aber er wusste nicht, ob sie stark genug für ein so gewaltiges Wesen war.

Doch als er sie an der Unterseite des Flügels aufzutragen begann, spürte er bereits, dass sie ihren Zweck erfüllen würde. Die Salbe dehnte sich blitzschnell über den gesamten Flügel aus. Die Rippen darin wuchsen zusammen und heilten. Es blieben noch nicht einmal Narben zurück.

»Ich fühle mich gut!«, entfuhr es der Herrin der Träume – bevor sie die zweite Kreatur zerfetzte. Ysera wandte sich Malfurion zu. Er spürte die Intensität ihres Blickes durch die geschlossenen Augen. »Cenarius hat dir viel beigebracht …« Sie verstummte. Für einen Sekundenbruchteil öffnete sie die Augen. Dann fuhr sie fort: »Aber in erster Linie gründet dein Können auf deine natürliche Verbindung zu den Kräften, die du einsetzt. Ja, so ist es …«