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Der Kommandant saß bereits auf seinem Nachtsäbler und wartete nervös auf Neuigkeiten. Rhonin lächelte erleichtert, als er sah, dass die Nachtelfen und ihre Verbündeten bereit zum Aufbruch waren.

Vom Rücken des Roten aus grüßte er Jarod. Dann sagte er: »Die Streitmacht muss sofort abrücken. Wir fliehen nach Mount Hyjal. Das Portal ist zerstört worden, aber die Zauber haben den Brunnen ins Chaos gestürzt. Er verschlingt sich selbst und reißt alles in seiner Nähe mit sich ins Verderben.«

»Bei den Göttern …« Jarod schüttelte den Schock ab und konzentrierte sich auf sein Verantwortungsgefühl. Er rief einen Herold herbei, der sich, wie Rhonin bemerkte, bereits in der Nähe aufgehalten hatte. »Gib das Signal zum Richtungswechsel!« Jarod winkte zwei weitere Reiter heran. »Informiert die Offiziere und die Adligen. Wir ziehen so schnell wie möglich dem Mount Hyjal entgegen. Alle, die unsere Hilfe brauchen, werden sie bekommen. Aber wir lassen uns nicht aufhalten und auch niemanden zurück.«

»Wir achten von oben darauf«, sagte der Zauberer.

»Was ist mit denen, die sich vielleicht in den anderen Richtungen aufhalten?«

Rhonin sah ihn grimmig an. »Die Brennende Legion hat dort nicht viel übrig gelassen. Die meisten Überlebenden dürften weiter vom Brunnen entfernt sein als wir. Wir waren schließlich die letzte Verteidigungslinie.«

»Dann können wir wohl nur das Beste hoffen.«

»Auch für uns selbst.«

Ein entferntes Donnern zog die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Der Zauberer und der Soldat blickten in die Richtung, aus der es kam … und sahen völlige Schwärze am Horizont.

»Beeil dich, Jarod.«

Nur Minuten später brach die Streitmacht in Richtung des Mount Hyjal auf, aber für Rhonin war dies immer noch nicht schnell genug. Jedes Mal, wenn er zurück blickte, schien die Dunkelheit an Intensität und Umfang gewonnen zu haben. Der Mensch schluckte. Er wusste, was sich dort abspielte und fragte sich gleichzeitig, ob Krasus und die anderen vielleicht schon der Katastrophe zum Opfer gefallen waren.

Nach kurzer Zeit begannen auch die Nachtelfen die Gefahr zu erkennen. Selbst wenn Rhonin und Jarod es gewollt hätten, wäre es unmöglich gewesen, ihnen das herannahende Chaos zu verheimlichen. Jetzt ging es nur darum, Ruhe zu bewahren, eine Aufgabe, der Jarod Shadowsong gewachsen war. Auch die Drachen halfen, indem sie diejenigen zurückbrachten, die voller Panik aus dem Tross flüchten wollten.

Rhonin sah immer wieder zurück. Er hoffte, Krasus und die anderen zu entdecken, wurde aber immer wieder enttäuscht. Die Dunkelheit näherte sich mit beängstigender Geschwindigkeit, und der Donner wurde zusehends lauter.

Sie wird immer schneller. Der Zauberer sah nach vorne. Der Mount Hyjal erhob sich majestätisch in einiger Entfernung. Der Berg wirkte so nahe, auch wenn er noch fern war.

Konnte der Berg sie überhaupt retten? Krasus schien das zu glauben, und die Geschichte, so wie Rhonin sie kannte, stimmte ihm zu. Aber so vieles hatte sich verändert …

Vereesa, ich habe getan, was ich konnte!

Die Dunkelheit rückte näher. Das Brüllen, mit dem das Land meilenweit entfernt in den Mahlstrom gesogen wurde, hämmerte in Rhonins Kopf. Unten begannen die Soldaten zu rennen und zu schreien.

Und von Krasus und den anderen gab es immer noch keine Spur.

Hügelketten wurden hinweg gerissen. Ganze Landschaften stürzten in den wirbelnden, gierigen Mahlstrom. Krasus beobachtete, wie Siedlungen und Dörfer – zum Glück längst verlassen – innerhalb eines Herzschlags verschwanden. In seinem Todeskampf verschlang der Brunnen alles. Nichts konnte sich ihm entgegen stellen. Die Zerstörungen der Brennenden Legion waren kein Vergleich zu dem, was sich gegenwärtig abspielte.

Schemenhaft erschien der Mount Hyjal am Horizont. Der Magier sah verzweifelte Nachtelfen, die dem Berg in Massen entgegen strömten. Wenn er alles richtig einschätzte, würden sie es knapp bis zu ihrem Ziel schaffen … falls dort wirklich Sicherheit auf sie wartete.

Krasus wusste nicht, ob es noch Überlebende an anderen Orten gab, aber er hätte ohnehin nichts für sie tun können. Er konnte nur noch einmal den Sternen danken, dass so wenig Leben in den gefährdeten Gebieten existierte.

Er hoffte immer noch darauf, dass die Zerstörung enden würde und dass sich die Dinge so abspielen würden, wie es die Geschichte berichtete. Sie besaßen die Dämonenseele, was ein wichtiger Faktor war und … Er spürte plötzlich eine düstere Vorahnung. Krasus blickte zurück.

Ein riesiger schwarzer Tentakel schoss aus dem brodelnden Wasser … ein Tentakel, der einer nichts ahnenden Ysera und ihren drei Reitern entgegen schoss.

Die Drei! Ich hätte es wissen müssen.

»Umdrehen! Die Drei versuchen die Dämonenseele in ihren Besitz zu bekommen! Das ist ihre letzte Chance, bevor sich ihr Gefängnis erneut schließt.«

Alexstrasza fuhr herum. Ysera bemerkte, was geschah, aber im gleichen Moment erreichte der Tentakel sie bereits und pflückte den Druiden von ihrem Rücken.

»Malfurion!«, schrie Tyrande. Die Priesterin streckte ihre Hand nach ihm aus, aber er befand sich bereits außer Reichweite.

Stirnrunzelnd streckte Illidan seine eigene Hand nach Malfurion aus. Ein rotes magisches Gespinst löste sich aus seinen Fingerkuppen, erlosch jedoch zwischen ihm und seinem Zwilling. Die Energien des Brunnens störten die Entfaltung seiner Zauberkraft zu sehr.

Malfurion keuchte erschrocken, als der Tentakel ihn zurückriss. Alexstrasza beschleunigte ihren Flügelschlag. Krasus konzentrierte sich auf Malfurion und die Scheibe. Der Drachenmagier wusste, dass er wenigstens die Scheibe retten musste. Es war eine kaltherzige Entscheidung. Der Verlust des Druiden würde schmerzvoll sein, doch der Verlust der Scheibe wäre katastrophal.

Die magischen Kräfte brandeten wild gegen Krasus und seine Königin. Die Zauber, die er zu weben versuchte, lösten sich sofort auf. Der Tentakel riss Malfurion dem Zentrum des Brunnens entgegen.

Dann geschah etwas, worauf der Magier nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Der Brunnen der Ewigkeit hatte endlich das Ende seiner Ausdehnung erreicht. Jetzt verschlang er nicht mehr Kalimdor, sondern nur noch sich selbst. Mit einer Geschwindigkeit, gegen die selbst die Drei machtlos waren, machten sich die schwarzen Wasser über sich selbst her. Sogar der Sturm, der sie umgab, wurde mitgerissen. Alexstrasza schlug heftig mit den Flügeln, um sich gegen den Sog zu stemmen.

Die schwarzen Wasser wichen zurück und strömten in den Brunnen. Der Tentakel, den die Drei erschaffen hatten, floss mit ihnen, bis der letzte Rest des Brunnens in seinem eigenen Schlund verschwand.

Der Tentakel löste sich auf wie Rauch in einer Windbrise. Krasus spürte die bösartige Ausstrahlung der Drei mit ihm verschwinden.

Der Druide stürzte plötzlich einer neuen Bedrohung entgegen. Die plötzliche Leere, die der Brunnen hinterlassen hatte, wurde von den Meeren Kalimdors ausgefüllt. Gigantische Wellen krachten gegeneinander. Innerhalb von Sekunden ergossen sich Tausende Tonnen Wasser in das Becken, das einst den Mittelpunkt des Kontinents gebildet hatte.

Krasus beobachtete fasziniert, wie die Teilung endete und sich das Große Meer bildete.

Doch bei aller Faszination vergaß er nicht Malfurion und die Dämonenscheibe. Mit dem Ende des Brunnens waren auch die chaotischen Energien verschwunden. Jetzt verfügte Krasus wieder über all seine Kräfte.

Doch bevor er sie einsetzen konnte, tauchte aus dem Nichts ein gewaltiger bronzefarbener Drache auf. Er glitzerte, auch wenn am Himmel immer noch der Schatten der Apokalypse hing.

»Nozdormu!«, stieß der Magier hervor.

Der Aspekt der Zeit stieß dem tosenden Meer entgegen und fing Malfurion und die Scheibe auf. Rasch stieg er zu Alexstrasza und Ysera empor, aber sein goldener Blick richtete sich auf Krasus.

»Gerade noch rechtzeitig …« Mehr sagte der Drache nicht. Mit Malfurion auf dem Rücken und der Scheibe in einer seiner gewaltigen Klauen flog er dem Mount Hyjal entgegen.