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Nachdem er sich über verschiedene andere Dinge erkundigt hatte, fragte der Staatsanwalt:

«Erinnern Sie sich, dass im Juni ein Paket von der Firma Parkson für Mr. Lawrence Cavendish kam?»

Dorcas schüttelte den Kopf.

«Daran kann ich mich nicht erinnern, Sir. Das mag so gewesen sein, aber Mr. Lawrence war im Juni einige Zeit verreist.»

«Falls nun in seiner Abwesenheit ein Paket für ihn angekommen wäre, was hätte man damit gemacht?»

«Wir hätten es in sein Zimmer gebracht oder ihm nachgeschickt.»

«Hätten Sie das erledigt?»

«Nein, Sir. Ich hätte es in der Halle auf den Tisch gestellt. Miss Howard hätte sich dann darum gekümmert, das gehörte zu ihren Aufgaben.»

Evelyn Howard wurde aufgerufen und nach der Befragung zu einigen anderen Punkten ebenfalls zu dem Paket vernommen.

«Weiß ich nicht mehr. Kommen jede Menge Pakete. Kann mich an kein bestimmtes mehr erinnern.»

«Sie wissen nicht, ob es Mr. Lawrence nach Wales nachgeschickt oder ob es in sein Zimmer gebracht wurde?» «Wurde wohl kaum nachgeschickt. Daran würde ich mich erinnern.»

«Wenn nun ein Paket für Mr. Lawrence angekommen und hinterher verschwunden wäre, hätten Sie sein Fehlen bemerkt?»

«Glaube ich nicht. Ich hätte gedacht, dass sich ein anderer darum gekümmert hat.»

«Ich glaube, Miss Howard, Sie haben dieses braune Packpapier gefunden, ja?» Er hielt denselben staubigen Bogen hoch, den Poirot und ich im Morgenzimmer von Styles untersucht hatten.

«Ja, das stimmt.»

«Wieso hatten Sie danach gesucht?»

«Der mit der Bearbeitung des Falles betraute belgische Detektiv bat mich, danach zu suchen.»

«Wo haben Sie es dann gefunden?»

«Oben auf — auf einem Schrank.»

«Auf dem Schrank des Angeklagten?»

«Ich glaube, ja.»

«Haben Sie es denn nicht selbst gefunden?»

«Doch.»

«Dann müssen Sie doch wissen, wo Sie es gefunden haben.»

«Ja, es lag auf dem Schrank des Angeklagten.»

«Dann wäre das also geklärt.»

Ein Angestellter der Firma Parkson, Theaterkostümverleih, bestätigte, dass sie am 29. Juni wie angefordert einen schwarzen Bart an Mr. L. Cavendish geschickt hatten. Er war per Brief angefordert worden und das Geld hatte beigelegen. Nein, den Brief hatten sie nicht aufbewahrt. Alle geschäftlichen Vorgänge wurden in den Büchern festgehalten. Sie hatten den Bart wie geordert an «L. Cavendish, Esq. Styles Court» geschickt.

Sir Ernest Heavyweather erhob sich umständlich.

«Wie lautete der Absender des Briefs?»

«Styles Court.»

«Die gleiche Adresse wie die, an die Sie das Paket schickten?»

«Ja.»

Heavyweather stürzte sich auf den Zeugen wie ein Raubtier auf seine Beute.

«Woher wissen Sie das?»

«Ich — ich verstehe nicht.»

«Woher wissen Sie, dass der Brief von Styles kam? Haben Sie sich den Poststempel angesehen?»

«Nein — aber.»

«Aha! Sie haben sich also den Poststempel nicht angesehen! Und dennoch erklären Sie felsenfest, dass der Brief von Styles kam. Es hätte also eigentlich jedweder Poststempel sein können?»

«Äh — ja.»

«Dieser Brief hätte also überall aufgegeben sein können? In Wales, zum Beispiel?»

Der Zeuge bestätigte, dass das der Fall gewesen sein konnte, und Sir Ernest zeigte sich befriedigt.

Elisabeth Wells, das zweite Hausmädchen, sagte Folgendes aus: Nachdem sie bereits zu Bett gegangen war, sei ihr eingefallen, dass sie die Tür verriegelt hatte, statt sie nur eingeklinkt zu lassen, wie Mr. Inglethorp es gewünscht hatte. Sie war also noch einmal nach unten gegangen, um das Versäumte nachzuholen. Als sie ein leises Geräusch im Westflügel hörte, schaute sie in den Gang und sah, wie Mr. John Cavendish bei Mrs. Inglethorp an die Tür klopfte.

Sir Ernest Heavyweather machte mit ihr kurzen Prozess. Unter seinem unbarmherzigen Kreuzfeuer von Fra-gen verwickelte sie sich hoffnungslos in Widersprüche, und Sir Ernest nahm mit einem zufriedenen Lächeln wieder Platz.

Nach den Aussagen von Annie zu den Wachsflecken auf dem Boden und dass der Angeklagte den Kaffee ins Boudoir gebracht hatte, wurde die Verhandlung auf den folgenden Morgen vertagt.

Als wir nach Hause gingen, beklagte sich Mrs. Caven-dish bitterlich über den Staatsanwalt.

«Dieser grässliche Mann! Wie er meinem armen John eine Falle nach der anderen stellte! Wie er jede kleine Tatsache so verdrehte, bis alles so aussah, wie er wollte!»

«Aber morgen», sagte ich tröstend, «wird es genau andersherum sein.»

«Ja», sagte sie gedehnt, dann wurde ihre Stimme plötzlich ganz leise. «Mr. Hastings, Sie denken doch nicht — aber es kann doch nicht Lawrence gewesen sein — oh nein, das ist doch unmöglich!»

Aber ich war selbst unsicher, und sobald ich mit Poirot allein war, fragte ich ihn, was Sir Ernest wohl vorhätte.

«Ah!», sagte Poirot anerkennend. «Dieser Sir Ernest ist ein kluger Mann.»

«Meinen Sie, er hält Lawrence für schuldig?»

«Ich denke nicht, dass er irgendetwas glaubt oder wichtig findet! Nein, sein einziges Ziel ist, in den Köpfen der Geschworenen eine solche Verwirrung zu stiften, dass sie sich nicht einigen können werden, welcher Bruder der Täter ist. Er versucht zu beweisen, dass es gegen Lawrence genauso viele Beweise gibt wie gegen John — und ich fürchte, das wird ihm auch gelingen.»

Nachdem die Verhandlung am nächsten Tag eröffnet wurde, war Inspector Japp der erste Zeuge. Er schilderte in seiner Aussage klar und knapp, was sich zunächst ereignet hatte. Dann berichtete er: «Superintendent Summerhaye und ich erhielten eine Information, auf die hin wir das Zimmer des Angeklagten in dessen Abwesenheit durchsuchten. In einer Schublade fanden wir unter einem Stapel Unterwäsche als Erstes einen Kneifer mit Goldrand, ähnlich dem, den Mr. Ingle-thorp trägt» — der Kneifer wurde gezeigt — «und zweitens dieses Glasröhrchen.»

Das Röhrchen war bereits von dem Verkäufer der Apotheke identifiziert worden, es war ein blaues Glasfläsch-chen, das weißes kristallines Pulver enthielt und ein Etikett mit der Aufschrift «Chlorsaures Strychnin. Gift» trug.

Ein neues Beweisstück, das die Detektive seit Verhandlungsbeginn entdeckt hatten, war ein langes, fast neues Blatt Löschpapier. Es stammte aus Mrs. Inglethorps Scheckheft und zeigte in Spiegelschrift deutlich lesbar die Worte:

«... vermache ich mein gesamtes Vermögen meinem geliebten

Mann Alfred Ing...»

Damit war der endgültige Beweis erbracht, dass das vernichtete Testament zu Gunsten des Ehemanns der Verstorbenen gelautet hatte. Inspector Japp zeigte das verkohlte Fetzchen, das in dem Kamin gefunden worden war, und das, zusammen mit dem auf dem Dachboden gefundenen Bart, vervollständigte seine Beweise.

Aber jetzt stand ihm noch das Kreuzverhör durch Sir Ernest bevor.

«An welchem Tag durchsuchten Sie das Zimmer des Angeklagten?»

«Am Dienstag, dem 24. Juli.»

«Genau eine Woche nach der Tragödie?»

«Ja.»

«Und Sie sagen aus, Sie fanden zwei Gegenstände in einer Kommodenschublade. War die Kommode unverschlossen?»

«Ja.»

«Finden Sie es nicht etwas unwahrscheinlich, dass ein Mörder belastende Beweisstücke in einer unverschlossenen Schublade aufbewahrt, wo jeder sie finden kann?»

«Vielleicht hat er sie in Eile dort versteckt.»

«Aber Sie sagten doch gerade, dass schon eine ganze Woche seit dem Verbrechen vergangen war. Er hätte doch reichlich Zeit gehabt, sie wegzuschaffen und zu vernichten.»

«Vielleicht.»

«Da gibt es kein Vielleicht. Hätte er reichlich Zeit gehabt oder nicht?»

«Ja.»

«War der Stapel Unterwäsche, unter dem die Sachen versteckt waren, eher leicht oder eher schwer?»