Выбрать главу

Das Erste, was Pompeius von dem sich zusammenbrauenden Unheil mitbekam, war ein rüdes Anrempeln, mit dem einer seiner Legionäre gegen ihn gestoßen wurde. Schieres Erstaunen ließ Pompeius seine Überlebensinstinkte vergessen, und er blieb stehen. Noch während er zögerte, wurde die Menge um ihn und seine Wächter herum dichter. In den verzerrten Gesichtern spiegelte sich eine hässliche Entschlossenheit. Crassus fing sich schneller und zog Pompeius in Richtung Senatsgebäude. Falls es wieder zu Ausschreitungen kommen sollte, war es am besten, sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen und es den Wachen zu überlassen, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.

Die Senatoren waren von drängelnden, höhnisch grinsenden Männern umgeben. Ein Stein flog über ihre Köpfe und traf jemanden in der Menge. Pompeius sah, wie einer seiner Liktoren von einem Schlag mit einem Holzknüppel niedergestreckt wurde, und verspürte einen Augenblick lang Panik, bevor er seinen Mut wiederfand. Er zog einen Dolch aus dem Gürtel und hielt ihn mit der Klinge nach unten, so dass er damit sowohl zustoßen als auch schlitzen konnte. Als einer aus der Menge sich zu dicht an ihn herandrängte, verpasste er ihm ohne zu zögern einen Schnitt in die Wange und sah, wie er mit einem Schrei nach hinten kippte.

»Wachen! Zu mir!«, brüllte Pompeius.

Die Menge drängte näher, und er sah, wie einer seiner Legionäre von drei stämmigen Männern niedergerungen wurde, die wiederholt auf ihn einstachen und dann aus seinem Blickfeld verschwanden. Eine Frau kreischte auf, und Pompeius hörte, wie der Schrei von den entsetzten Bürgern rings um seine Angreifer aufgenommen wurde. Er war sicher, dass es sich um Milos Männer handelte. Eigentlich hätte er damit rechnen müssen, nachdem er ihren Anführer im Senat kaltgestellt hatte, aber Pompeius hatte nur eine Handvoll Soldaten und Liktoren bei sich, und die würden nicht ausreichen. Wieder setzte er seinen Dolch ein und sah, wie Crassus mit der bloßen Faust zuschlug und einem Angreifer die Nase brach.

Die Liktoren waren lediglich mit ihren zeremoniellen Äxten und Ruten zum Züchtigen bewaffnet. Sobald sie die Äxte aber aus dem Gebinde gelöst hatten, erwiesen sie sich in einer so dicht gedrängten Menschenmenge als schreckliche Waffen, mit denen die Liktoren Pompeius und Crassus buchstäblich einen Weg zum Senat frei- hackten. Trotzdem wurden einige von ihnen durch Messerstiche getötet, und der Ring der Sicherheit rings um die beiden Senatoren schrumpfte, bis sie fast keinen Bewegungsspielraum mehr hatten.

Als Pompeius die Fanfarentöne quer über das Forum hallen hörte, empfand er Hoffnung und Verzweiflung zugleich. Seine Legion war für ihn ausgerückt, aber sie würde zu spät kommen. Finger rissen grob an seiner Toga, und er stach und schlitzte mit seinem Dolch hinein, bis sie wieder losließen. Ein Stein riss Crassus von den Beinen; Pompeius zog ihn wieder hoch und ein Stück weiter, hielt ihn dicht an sich gedrückt, als der ältere Mann langsam wieder zu sich kam. Er hatte Blut am Mund.

Der Lärm hämmerte auf sie ein, veränderte sich jetzt ein wenig. Neue Gesichter erschienen in noch größerer Anzahl, und Pompeius sah, dass sie diejenigen niedermachten, die sich abmühten, an ihn heranzukommen. Ganze Gruppen brüllender Männer lösten sich aus der Menge, kämpften nicht wie Legionäre, sondern mit Schlachterbeilen, Fleischerhaken und Steinen in den Fäusten. Pompeius sah, wie das Gesicht eines Mannes durch mehrere Schläge in Brei verwandelt wurde, bevor er umfiel.

Jetzt kam er überhaupt nicht mehr vorwärts, und obwohl er die Stufen zum Senat nur wenige Schritte entfernt erkennen konnte, waren sie für ihn unerreichbar. Wie rasend stieß er seinen Dolch in alles, was er erreichen konnte, und merkte gar nicht, dass er in besinnungsloser Wut laut brüllte.

Ohne Vorwarnung ließ der Druck der ihn umgebenden Leiber plötzlich nach, und Pompeius sah, wie eine Reihe von Raptores ihre blutigen Messer beinahe wie zum Salut erhob, während sie zurückwichen. Überall lagen zertrampelte Leiber und schreiende, verwundete Männer, aber diese Raptores griffen nicht an. Pompeius winkte sie heran und hielt sein Messer gezückt, die Klinge parallel zum Unterarm. Schweiß rann ihm aus allen Poren, und er sah verwundert zu, wie sich die Männer immer weiter zurückzogen, bis sie eine Gasse zu den Stufen des Senats bildeten. Er warf einen kurzen Blick in diese Richtung und überlegte, wie weit er wohl kommen würde, wenn er einfach losrannte, entschied sich jedoch dagegen. Er würde ihnen nicht den Rücken zukehren.

In diesem Augenblick erblickte er die Uniformen seiner Legionäre, die sich durch das Gedränge schoben. Dort stand auch ein keuchender Clodius. Der Anführer des Pöbels wirkte im Vergleich zu den anderen erschreckend kräftig. Er war kein großer Mann, aber er war ungeheuer stark, und die Menge machte ihm instinktiv Platz, so wie Wölfe instinktiv den Blick vom grausamsten Mitglied des Rudels abwandten. Sein rasierter Schädel glänzte in der Morgensonne vor Schweiß. Pompeius konnte ihn lediglich anstarren.

»Sie sind weg, Pompeius, diejenigen, die überlebt haben«, sagte Clodius. »Ruf deine Soldaten zurück.« Seine rechte Hand war nass vor Blut, und die Klinge, die er hielt, war dicht am Griff abgebrochen.

Pompeius kam wieder zu sich, als ein Offizier seiner Legion das Schwert hob, um Clodius niederzustrecken.

»Halt ein!«, rief Pompeius, der endlich begriffen hatte. »Das hier sind Verbündete!«

Clodius nickte bekräftigend, und Pompeius hörte, wie der Befehl weitergegeben wurde, während sich die Legionäre rings um ihn versammelten und ein Schlachtkarree bildeten. Clodius wurde weggedrängt, aber Pompeius hielt ihn am Arm fest.

»Muss ich raten, wer hinter diesem Überfall steckt?«, fragte er. Clodius zuckte die massigen Schultern.

»Er ist bereits im Senatsgebäude. Eine Verbindung zu ihm lässt sich garantiert nicht beweisen. Milo ist schlau genug, um seine Hände sauber zu halten.« In einer ironischen Geste warf Clodius das abgebrochene Messer zu Boden und wischte sich die blutigen Fäuste am Saum seines Gewandes ab.

»Und deine Männer standen bereit?«, fragte Pompeius, der sich sogleich für das ständige Misstrauen verabscheute, das zu einem festen Bestandteil seines Lebens geworden war.

Clodius kniff bei dieser Andeutung die Augen zusammen. »Nein. Ohne fünfzig von meinen Leuten setzte ich keinen Fuß auf das Forum. Es waren genug, um rechtzeitig zu dir durchzudringen. Bevor es losging, wusste ich nichts davon.«

»Dann schulden wir unser Leben deiner raschen Entscheidung«, sagte Pompeius. Als er hörte, wie nicht weit von ihm ein Wimmern abrupt abbrach, wirbelte er herum. »Sind welche übrig, die man befragen kann?«

Clodius sah ihn an. »Nicht jetzt. Bei dieser Art von Arbeit werden keine Namen preisgegeben. Glaube mir, ich kenne mich da aus.«

Pompeius nickte und versuchte zugleich, nicht auf die innere Stimme zu achten, die ihn fragte, ob nicht Clodius die ganze Sache inszeniert hatte. Es war ein unangenehmer Gedanke, aber er stand bei dem Manne in einer Schuld, die ihn für Jahre an ihn binden würde. Nicht wenigen Männern im Senat wäre so eine Schuld durchaus den Tod einiger ihrer Diener wert, und Clodius war bekannt dafür, dass er in keiner Hinsicht besonders zimperlich war. Pompeius sah Crassus in die Augen und konnte sich denken, dass der alte Mann ähnliche Gedanken hegte. Kaum wahrnehmbar hob Crassus die Schultern und ließ sie wieder sinken, und Pompeius sah erneut den Mann an, der ihnen das Leben gerettet hatte. Wahrscheinlich würden sie die Wahrheit nie erfahren.

Pompeius bemerkte, dass er noch immer den Dolch in der Hand hielt. Unter Schmerzen löste er die Finger vom Griff. Neben Clodius’ ochsengleicher Stärke kam er sich alt vor. Am liebsten hätte er sich sofort das Blut von der Haut gewaschen, sich irgendwohin zurückgezogen, wo er vor allem sicher war, und wäre in ein warmes Bad getaucht, aber er wusste, dass mehr von ihm erwartet wurde. Hunderte von Männern standen in Hörweite, und bis zum Abend würde in allen Läden und Tavernen der Stadt über den blutigen Zwischenfall geredet werden.