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Als er das Geschäft verlassen und verrammelt vorfand, stieg einen Augenblick lang Angst in ihm auf. Vorübergehende hörten ihn rufen, aber keiner von ihnen wagte es, ihm ins Gesicht zu sehen. Sogar die Bettler waren aus den Straßen verschwunden. Brutus dachte nach. Die Stadt lebte in Furcht. Er hatte so etwas schon früher gesehen, bei Menschen, die wussten, dass ein Krieg bevorstand.

Er klopfte an die Türen der anderen Läden in der Straße, und auch das war Besorgnis erregend. Die Eigentümer sahen aus, als wären sie krank vor Angst, und drei von ihnen starrten ihn nur verständnislos an, als er zu erfahren versuchte, was mit Tabbic geschehen war. Der vierte war ein Metzger, der die ganze Zeit wachsam ein großes Knochenbeil in der Hand hielt, solange Brutus sich in seinem Laden aufhielt. Die Eisenklinge schien ihm Selbstvertrauen zu schenken, das den anderen fehlte, und er schickte Brutus in ein Viertel, das viele Straßen entfernt lag. Auch als Brutus sein Geschäft verließ, legte der Mann das Beil nicht weg.

Draußen auf der Straße verstärkte sich das Gefühl wieder. Als er in Griechenland gewesen war, hatten die Veteranen immer von einem »Kribbeln« gesprochen, das ihnen angekündigt hatte, wenn Gefahr drohte. Brutus spürte, wie es ihn kribbelte, während er zwischen den wenigen Passanten einherging. Als er die besagte Adresse erreicht hatte, war er fast überzeugt, dass er Alexandria aus der Stadt schaffen sollte, bevor sich die angestaute Spannung entlud. Was auch immer kommen mochte, er wollte sie nicht mitten darin wissen.

Der neue Laden war viel größer als der alte und erstreckte sich über die zwei Stockwerke eines sehr gepflegten Wohnhauses. Brutus hob die Hand, um anzuklopfen, sah dann aber, dass die Tür offen stand. Er kniff die Augen zusammen und zog geräuschlos seinen Gladius. Lieber machte er sich lächerlich, als dass er unvorbereitet in eine gefährliche Situation tappte. Inzwischen war er auf alles gefasst.

Drinnen war alles fünfmal so groß wie in dem kleinen Laden, den Tabbic zuvor besessen hatte. Brutus’ Blick heftete sich sofort auf die Gestalten am anderen Ende des Raumes. Dort standen Alexandria und Tabbic mit einem ihm unbekannten Mann. Ihnen gegenüber standen vier andere Männer von der Sorte, wie er sie auf den Straßen nur allzu oft gesehen hatte. Keiner der Anwesenden hatte sein Eintreten bemerkt, und Brutus zwang sich, langsam auf die Gruppe zuzugehen, vorbei er an der gewaltigen neuen Schmiedeesse, die an der Wand aufragte und Wärme nach ihm spie, als er daran vorbeikam. Ihr Prasseln übertönte das leise Geräusch seiner Sandalen auf dem Steinboden, und er war schon sehr nahe heran, als einer der Männer plötzlich einen Schritt nach vorn machte und Alexandria zu Boden stieß.

Mit einem Aufschrei stürzte Brutus vor, und die vier Männer wirbelten herum. Zwei von ihnen trugen Messer, zwei hatten Schwerter wie das seine, aber er ließ sich davon nicht beeindrucken. Alexandria rief ihm entsetzt etwas zu, und nur die Verzweiflung in ihrer Stimme hielt ihn davon ab, den ersten Hieb auszuführen.

»Nein, Brutus! Nicht!«, schrie sie.

Die Männer, die sie bedrohten, waren keine Anfänger, das sah er sofort. Sie wichen zur Seite, um nicht möglichen Klingen von hinten ausgesetzt zu sein, während sie sich ihm zuwandten. Brutus ließ das Schwert sinken und trat in ihre Reichweite, als hätte er nichts zu befürchten.

»Was geht hier vor?«, erkundigte er sich und funkelte den Mann an, der sie gestoßen hatte.

»Geht dich nichts an, mein Junge«, sagte einer von ihnen und stieß mit seinem Schwert in Brutus’ Richtung, damit er zusammenzuckte. Brutus sah ihn ungerührt an.

»Ihr habt wirklich nicht den geringsten Schimmer, mit wem ihr redet, was?«, sagte er und grinste hässlich. Seine lässig zur Seite gerichtete Schwertspitze malte kleine Kreise in die Luft. Die winzige Bewegung schien die Blicke der anderen Männer anzuziehen, doch derjenige, der gesprochen hatte, hielt seinem Blick stand und wagte nicht wegzusehen. In der Art, wie Brutus so unbekümmert vor ihren Klingen stand, lag etwas Schreckliches; sein Selbstbewusstsein schüchterte sie ein.

»Wer sind die Kerle, Ria?«, fragte Brutus, ohne sie anzusehen.

»Eintreiber von Clodius«, antwortete sie und stand wieder auf. »Sie verlangen mehr Geld, als wir haben. Mehr als wir verdienen. Aber du darfst sie nicht töten.«

Brutus runzelte die Stirn. »Warum nicht? Niemand würde sie vermissen.«

Einer der Raptores antwortete ihm. »Weil diesem hübschen Mädchen bestimmt nicht gefallen würde, was unsere Freunde mit ihr machen würden, mein Junge. Also steck dein Schwert ...«

Brutus schlitzte dem Mann die Kehle auf und beobachtete ungerührt die anderen, als dieser gurgelnd zusammenbrach. Obwohl er nur wenige Zentimeter von ihren Klingen entfernt stand, wagte keiner von ihnen, sich zu bewegen.

»Möchte noch jemand Drohungen ausstoßen?«, fragte er.

Sie starrten ihn mit aufgerissenen Augen an und vernahmen die grässlichen, würgenden Geräusche vom Boden. Niemand blickte nach unten.

»Oh nein, bei den Göttern«, hörte er Alexandria flüstern.

Brutus ignorierte sie und wartete darauf, dass einer der Männer das Schweigen brach, das sie gefangen hielt. Er hatte gesehen, wie Renius Gruppen eingeschüchtert hatte, aber es gab immer irgendwelche Dummköpfe. Er sah zu, wie die Männer sich rückwärts von ihm wegschoben, bis sie außer Reichweite seines Gladius’ waren. Brutus machte zwei rasche Schritte auf sie zu.

»Jetzt bloß keine dummen Bemerkungen, Freunde. Keine Schmähungen beim Hinausgehen. Verschwindet einfach. Wenn es sein muss, finde ich euch überall.«

Die Männer wechselten Blicke, aber keiner von ihnen sagte etwas, als sie an den Essen vorbei zur Eingangstür gingen. Der Letzte machte sie leise hinter sich zu.

Alexandria war bleich vor Angst und Zorn.

»Das wär’s dann«, sagte sie. »Du weißt ja nicht, was du getan hast. Sie kommen mit mehr Leuten zurück und brennen uns den Laden nieder. Bei den Göttern, Brutus, hast du denn nicht gehört, was ich gesagt habe?«

»Ich habe es gehört, aber jetzt bin ich ja da«, antwortete er und wischte sein Schwert an dem erkaltenden Leichnam zu seinen Füßen ab.

»Wie lange? Wir müssen auch dann mit ihnen leben, wenn du wieder bei deinen Legionen bist, verstehst du das denn nicht?«

Brutus spürte, wie Zorn in ihm aufloderte. Er hatte schon genug davon, ständig von Julius kritisiert zu werden.

»Hätte ich einfach zusehen sollen? Ja? Wenn du erwartest, dass ich einfach untätig danebenstehe, wenn sie dich bedrohen, dann bin ich nicht derjenige, für den du mich hältst!«

»Er hat Recht, Alexandria«, mischte sich Tabbic ein und nickte Brutus zu. »Jetzt lässt es sich ohnehin nicht mehr ungeschehen machen, aber Clodius wird weder uns noch dich vergessen, Brutus. Wir müssen eben die nächsten paar Nächte in der Werkstatt schlafen. Bleibst du bei uns?«

Brutus musterte Alexandria. Es war nicht gerade die Begrüßung, die er sich auf seinem Ritt nach Süden ausgemalt hatte, aber dann zuckte er die Achseln.

»Selbstverständlich. Dadurch spare ich zumindest die Kosten für eine Unterkunft. Kriege ich jetzt endlich einen Begrüßungskuss oder nicht? Aber bestimmt nicht von dir, Tabbic.«