»Erst schaffen wir die Leiche weg«, sagte Alexandria.
Sie hatte angefangen zu zittern, und Tabbic setzte einen Kessel auf den Schmiedeofen, um ihr etwas Warmes zu trinken zu brauen. Brutus seufzte, packte den Leichnam an den Knöcheln und zog ihn über die Steinfliesen.
Als er außer Hörweite war, beugte sich Teddus zu Alexandria. »Ich habe noch nie jemanden so schnell zuschlagen sehen«, sagte er.
Sie blickte ihn an und nahm aus Tabbics Hand eine Tasse mit heißem, würzigen Wein entgegen.
» Er hat Cäsars Turnier gewonnen, weißt du nicht mehr?« Teddus stieß einen leisen Pfiff aus.
»Die Silberrüstung? Das will ich wohl glauben. Ich habe selbst ein kleines Sümmchen auf ihn gewettet und gewonnen. Soll ich heute Nacht hier bleiben? Es könnte eine lange Nacht werden, wenn Clodius erfährt, was mit seinem Mann hier passiert ist.«
»Kannst du denn bleiben?«, fragte Alexandria.
Der alte Soldat schaute beschämt zur Seite.
»Natürlich«, sagte er mürrisch. »Und mit deiner Erlaubnis hole ich meinen Sohn dazu.« Er räusperte sich, um seine Verlegenheit zu überspielen. »Wenn sie in der Nacht jemanden herschicken, wäre es gut, einen Ausguck auf dem Dach zu haben. Dort oben macht er auch keinen Ärger.«
Tabbic sah die beiden an und nickte, nachdem er seine Entscheidung getroffen hatte.
»Ich bringe meine Frau und die Kinder für ein paar Tage zu ihrer Schwester. Dann gehe ich in der alten Straße vorbei und versuche, ein paar kräftige Burschen für heute Nacht zu finden. Vielleicht freuen sie sich über eine Gelegenheit, wenigstens einmal zurückzuschlagen. Schließ hinter mir ab, wenn ich draußen bin.«
Clodius’ Männer kamen mit Fackeln, um den Laden niederzubrennen, als es dunkel war. Es waren viele. Teddus’ Sohn kam die Hintertreppe heruntergepoltert, rief seine Warnung, und Brutus fluchte laut. Er hatte seine silberne Rüstung aus dem letzten Wachhaus an der Stadtmauer geholt und zurrte nun die Riemen und Schnallen des Brustpanzers fest, während er sich kampfbereit machte. Er ließ den Blick über die zusammengewürfelte Truppe schweifen, die sich vor Tabbics Schmiedeessen versammelt hatte. Der Goldschmied hatte vier junge Männer aus den Läden in der alten Straße mitgebracht. Sie trugen gute Klingen, obwohl Brutus bezweifelte, dass sie mehr damit anfangen konnten, als wild drauflos zu hacken. In der letzten Stunde vor Einbruch der Dunkelheit hatte er ihnen den Vorteil eines wiederholten Stoßes erklärt und sie so lange üben lassen, bis sich ihre steifen Muskeln gelockert hatten. Jetzt betrachteten sie den Krieger in der Silberrüstung vor ihnen mit glänzenden Augen.
»Wenn sie Feuer legen wollen, müssen wir hinausgehen und sie stellen. Das Haus hat Balken aus Holz, also müssen wir Wassereimer bereithalten, falls die Kerle durchkommen. Wenn es genug sind, könnte es ... schwierig werden. Wer kommt mit?«
Die vier Burschen, die Tabbic mitgebracht hatte, hoben zur Antwort ihre neuen Schwerter, und Tabbic nickte. Auch Teddus hob die Hand, aber Brutus schüttelte den Kopf.
»Du nicht. Einer mehr nützt draußen nichts, aber wenn sie an uns vorbeikommen, muss jemand hier bei Alexandria sein. Ich will nicht, dass sie allein bleibt.«
Brutus sah sie an, und sein Gesicht verzog sich vor Missfallen. Sie hatte sich geweigert, mit Tabbics Frau und den Kindern zu gehen, und jetzt hatte er Angst um sie.
»Wenn sie kommen, hält Teddus sie auf, und du läufst zur Hintertreppe, verstanden? Sein Sohn führt dich durch die Gassen, und du verschwindest. Das heißt, falls du immer noch bleiben willst. Du solltest nicht hier sein, wenn dieser Pöbel anrückt. Ich weiß, was dann alles geschehen kann.«
Seine Warnung machte ihr Angst, aber sie hob trotzig das Kinn. »Dieser Laden gehört mir. Ich laufe nicht davon.«
Brutus sah sie finster an, hin- und hergerissen zwischen Wut und Bewunderung. Er warf ihr einen kleinen Dolch zu und sah, dass sie ihn geschickt aus der Luft fing und die Klinge überprüfte. Ihre Haut schimmerte im Halbdunkel bleich wie Milch.
»Wenn sie an uns vorbeikommen, musst du davonlaufen«, sagte er sanft. »Ich will mir keine Gedanken darüber machen müssen, was sie dir antun werden.«
Bevor sie ihm antworten konnte, wurden die Rufe auf der Straße lauter, und Brutus seufzte. Er zog seinen Gladius und ließ den Kopf kreisen, um die Halsmuskeln zu lockern.
»Na schön, Jungs. Auf geht’s. Tut, was ich euch sage, dann werdet ihr gern an diesen Abend zurückdenken. Wenn ihr in Panik geratet, tragen eure Mütter bald schwarz. Ist das klar?«
Tabbic lachte leise auf, und die anderen Männer nickten stumm und voller Ehrfurcht vor diesem silbernen Feldherrn. Ohne Vorwarnung marschierte Brutus über den hallenden Boden und stieß die Eingangstür auf. Orangefarbenes Flackern spiegelte sich auf seiner Rüstung, als er hinaustrat.
Brutus schluckte trocken, als er sah, wie viele Männer hergeschickt worden waren, um an ihnen ein Exempel zu statuieren. Die Menge kam stolpernd zum Stehen, als er sich vor ihr aufbaute und seine vier Gefährten sich in einer Reihe links und rechts von ihm aufstellten. Es war eine Sache, Händler in den Gassen in Angst und Schrecken zu versetzen, eine Gruppe bewaffneter Soldaten anzugreifen war jedoch etwas völlig anderes. Jeder Mann in der Meute erkannte die silberne Rüstung, die Brutus trug; ihr Rufen und Lachen verstummte sofort. Brutus hörte das Knistern ihrer Fackeln, während sie ihn musterten und sich das stumpfe, orangefarbene Licht in ihren Augen fing, die glitzerten wie die Lichter eines Rudels wilder Hunde.
Renius hatte einmal gesagt, ein starker Mann könne mit einem Pöbelhaufen fertig werden, wenn er die Initiative ergriff und sie nicht wieder aus der Hand gab. Er hatte auch zugegeben, dass selbst der erfolgreichste Bluff nach hinten losgehen konnte, wenn sich eine Meute hinter ihrer Überzahl versteckte. Niemand rechnet ernsthaft damit, sterben zu müssen, wenn er von seinen Freunden umgeben war, und dieses Vertrauen konnte dazu führen, dass sie auf Schwerter losgingen, gegen die sich keiner von ihnen allein gewagt hätte. Brutus hoffte, dass sie wenigstens nicht betrunken waren. Er holte tief Luft.
»Das ist eine ungesetzliche Versammlung«, schleuderte er ihnen entgegen. »Ich bin der Heerführer der Dritten Gallica, und ich sage euch: Geht zurück zu euren Häusern und euren Familien. Ich habe Bogenschützen auf dem Dach postiert. Besudelt euch nicht mit Schande, indem ihr alte Männer und wehrlose Frauen in diesem Haus angreift.«
In diesem Moment wünschte er, Julius wäre bei ihm. Julius hätte die richtigen Worte gefunden, um sie zur Umkehr zu bewegen. Zweifellos hätten sie ihn am Ende jubelnd durch die Straßen getragen und sich einer neuen Legion angeschlossen. Der Gedanke daran ließ Brutus trotz der Anspannung lächeln, und diejenigen, die das sahen, zauderten. Einige von ihnen blinzelten hinauf in die Dunkelheit, konnten aber im Schein ihrer Fackeln nichts erkennen. In Wahrheit war dort auch nichts zu sehen. Hätte Brutus ein paar Tage mehr gehabt, hätte er womöglich ein paar gute Männer aufgetrieben, um sie auf dem überhängenden Dach zu postieren, aber so wie die Dinge standen, beobachtete sie von dort oben nur Teddus’ Sohn, und der war unbewaffnet.
Ein plötzliches Krachen ließ alle Männer zusammenfahren oder fluchen, und Brutus spannte sich und machte sich auf ihren Ansturm gefasst. Er sah, dass sich ein Ziegel gelöst, vom Dach gerutscht und mitten in der Meute zersprungen war. Er fragte sich, ob das absichtlich passiert war, oder ob der junge Bursche gleich dem Ziegel folgen und, ungeschickt wie er war, auf die Menge herabfallen würde.
»Geht uns lieber aus dem Weg!«, rief ein Mann von weiter hinten. Ein Knurren der Menge pflichtete ihm bei.
»Ich bin ein Soldat Roms, du Hurensohn«, höhnte Brutus. »Ich bin nicht vor den Sklaven davongelaufen. Ich bin nicht vor den gallischen Horden davongelaufen. Was habt ihr zu bieten, das sie nicht hatten?«