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Als die träge Stadt am darauf folgenden Morgen erwachte, bewaffnete Brutus seine Gruppe mit allem, was Tabbic auftreiben konnte, von Schwertern über Messer bis hin zu Eisenstangen.

»Wir brauchen bestimmt eine gute Stunde durch die Straßen, und womöglich seht ihr Dinge, bei denen ihr am liebsten stehen bleiben würdet«, sagte er zu ihnen. Er wusste, dass sie von ihm Rettung erwarteten, und er zwang sich angesichts dieses Vertrauens dazu, weiterhin guter Dinge zu sein.

»Egal was geschieht, wir bleiben nicht stehen, hat das jeder verstanden? Wenn wir angegriffen werden, schlagen wir zurück und gehen weiter. Wenn wir erst durch das Tor sind, brauchen wir nur ein paar Stunden bis zu dem Landgut. Dort sind wir sicher, bis sich die Lage hier beruhigt hat.«

Er trug seine silberne Rüstung, die inzwischen vom Schmutz und Ruß matt geworden war. Einer nach dem anderen nickte, als er ihnen in die Augen sah.

»Die Unruhen sind bestimmt in ein paar Tagen oder Wochen vorbei«, sagte er. »Ich habe schon Schlimmeres gesehen, glaubt mir.«

Er dachte an das, was ihm Julius von dem Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla erzählt hatte, und wünschte, sein Freund wäre hier. Obwohl er ihn manchmal hasste, gab es doch nur wenige Männer, die er in einer kritischen Lage lieber an seiner Seite wüsste. Nur Renius’ Anwesenheit wäre noch beruhigender gewesen.

»Alle bereit?«, fragte Brutus. Er holte tief Luft, öffnete die Tür und spähte nach draußen.

Abfall und Unrat hatten sich an den Straßenecken gesammelt, und wilde Hunde, die kaum mehr als Haut und Knochen waren, stritten sich knurrend und schnappend um irgendwelche Fetzen. Brandgeruch hing in der Luft, und Brutus sah eine Gruppe Bewaffneter an einer Kreuzung herumlungern, als gehörte die Stadt ihnen.

»Gut. Folgt mir, und zwar rasch«, sagte er. Seine Stimme verriet seine Anspannung.

Sie traten auf die Straße, und Brutus sah, wie die Gruppe der Männer sie aufmerksam musterte, als sie entdeckt wurden. Er stieß einen unterdrückten Fluch aus. Eins der kleinen Mädchen fing an zu weinen, und Tabbics Schwester nahm sie auf den Arm und beruhigte sie im Weitergehen.

»Lassen die uns passieren?«, murmelte Tabbic dicht neben Brutus.

»Keine Ahnung«, antwortete Brutus und ließ die Gruppe nicht aus den Augen. Es waren zehn oder zwölf, alle mit Ruß auf der Haut und in den Haaren. Die meisten hatten von ihrem nächtlichen Treiben gerötete Augen, und Brutus wusste, dass sie beim kleinsten Anzeichen von Schwäche angreifen würden.

Die Männer zückten Klingen und traten auf die offene Straße hinaus, um ihnen den Weg zu versperren. Brutus fluchte leise.

»Tabbic? Wenn ich zu Boden gehe, bleib nicht stehen. Alexandria kennt das Gut genauso gut wie ich. Sie werden sie dort nicht abweisen.«

Noch während er sprach, machte Brutus größere Schritte und zog mit einer geschmeidigen Bewegung seinen Gladius. Er fühlte Wut in sich lodern, dass Männer wie diese die Unschuldigen der Stadt bedrohen konnten. Es widersprach seinen grundsätzlichsten Überzeugungen, und das Weinen der Kinder hinter ihm spornte ihn an.

Die Männer stoben auseinander, als Brutus den Kopf des Ersten vom Rumpf schlug, den Körper mit der Schulter umstieß und zwei weitere tötete, als diese sich zur Flucht wandten. Innerhalb weniger Sekunden rannten die anderen schreiend vor Angst davon. Brutus ließ sie laufen und kehrte zu den anderen zurück, die Tabbic und Alexandra weiterführten. Die Erwachsenen versuchten, die Kinder davon abzuhalten, sich nach den blutigen Leichnamen umzusehen, die Brutus zurückgelassen hatte.

»Schakale«, sagte Brutus nur, als er sich ihnen wieder anschloss. Die Kinder sahen ihn entsetzt an, und er bemerkte, dass sein silberner Brustpanzer blutbespritzt war. Eines der Jüngsten fing an zu schluchzen und zeigte mit dem Finger auf ihn.

»Weiter, zum Tor!«, blaffte er und war plötzlich wütend auf sie alle. Sein Platz war in der römischen Legion, nicht hier, als Hütehund für ängstliche Mädchen. Er blickte nach hinten und sah, dass sich die Männer wieder zusammengerottet hatten und ihnen hungrig nachstarrten. Sie machten keine Bewegung in seine Richtung, und Brutus spuckte angewidert aufs Pflaster.

Auf dem Weg zum Tor begegneten sie fast keiner Menschenseele. So gut es ging, folgte Brutus den Hauptstraßen, doch selbst dort fehlten sämtliche Anzeichen des normalen Lebens. Der große Markt, der Milo gehörte, lag leer und verlassen da, nur der Wind blies ihnen trockene Blätter und Staub um die Füße. Sie kamen an einer ganzen Reihe ausgebrannter Läden und Häuser vorbei, und eines der Kinder begann beim Anblick einer verkohlten Leiche, die in einem Hauseingang feststeckte, zu schreien. Alexandria legte dem Kind die Hand über die Augen, bis sie vorbei waren, und Brutus sah, dass ihre Hände zitterten.

»Da vorne ist das Tor«, sagte Tabbic, um sie aufzumuntern, doch in diesem Augenblick kam eine Meute lachender, betrunkener Männer um eine Straßenecke und erstarrte, als sie Brutus erblickten. Genau wie die erste Gruppe waren sie mit der Asche und dem Ruß der Brände verschmiert, die sie gelegt hatten. Nur ihre Augen und Zähne blitzten aus den verdreckten Gesichtern, als sie hastig nach ihren Waffen griffen.

»Lasst uns durch!«, brüllte Brutus sie an und erschreckte die Kinder hinter ihm erneut.

Die Männer lachten nur höhnisch, als sie seine zusammengewürfelte Truppe in Augenschein nahmen. Das Gelächter erstarb sofort, als Brutus sich auf sie stürzte und wie im Rausch herumwirbelte und um sich schlug. Sein Gladius war von dem berühmtesten spanischen Waffenschmied hergestellt worden, und jeder seiner Hiebe fuhr durch Kleider und Glieder, so dass um ihn herum große Blutfontänen aufspritzten. Er hörte sich selbst nicht schreien, während er fühlte, wie ihre Klingen an seinem Panzer abglitten.

Ein schwerer Schlag ließ ihn benommen auf ein Knie sinken, doch er knurrte nur wie ein wildes Tier, erhob sich sogleich mit frischer Kraft und stieß seinen Gladius einem Gegner von unten in die Brust. Die Klinge zerriss Muskeln und Rippen, gerade als Brutus, von einem Kriegsbeil getroffen, benommen zur Seite wankte. Der Schlag hatte auf seinen Kopf gezielt, sich jedoch in den Panzer gebohrt und war dort stecken geblieben. Er spürte seine Wunden nicht und nahm nur dunkel wahr, dass Tabbic mit den jungen Männern eingriff. Dieses eine Mal verlor er sich völlig im Kampf und scherte sich in seinem Blutrausch nicht um die eigene Deckung. Ohne den Panzer hätte er den Hieb nicht überlebt, doch jetzt drang Tabbics Stimme durch seine Raserei, und Brutus hielt inne, um das Blutbad ringsum in Augenschein zu nehmen.

Keiner der Raptores hatte überlebt. Das Straßenpflaster war mit abgetrennten Gliedmaßen und Leichen bedeckt, umgeben von dunklen, sich rasch ausbreitenden Pfützen.

»Schon gut, mein Junge, es ist vorbei«, hörte er Tabbic wie aus weiter Ferne sagen. Er spürte die kräftigen Finger des Mannes an seinem Nacken, wo das Beil immer noch in der Rüstung steckte, und Brutus’ Kopf wurde wieder klarer. Blut rann von seiner Rüstung, und als er an sich heruntersah, bemerkte er, dass es auch träge aus einer Wunde an seinem Oberschenkel quoll. Er betastete den Schnitt wie betäubt und wunderte sich darüber, dass er keinen Schmerz spürte.

Brutus deutete mit dem Schwert zum Tor. Sie waren so dicht davor, dass ihm der Gedanke, stehen zu bleiben, unerträglich war. Er sah, wie Alexandria ihren Rock zerriss, um sein Bein zu verbinden, während er wie ein Hund keuchte und wartete, bis er wieder genug Luft bekam, um ihnen zu sagen, dass sie sich sofort in Bewegung setzen sollten.