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»Ich glaube, ich gehe wieder zurück, Julia. Dir ist doch bestimmt kalt.«

Völlig ohne seine Absicht glitt sein Blick über ihren Hals und die Rundung ihres Busens. Er wusste, dass sie es bemerkt hatte, und war wütend auf sich. Rasch schaute er in die andere Richtung und erhob sich.

»Kommst du mit?«, fragte er. » Es wird bald dunkel.«

»Dein Bein blutet wieder«, sagte sie. »Du hast die Fäden zu früh gezogen.«

»Nein. Ich habe genug Wunden gesehen, um das beurteilen zu können. Ab heute werde ich jeden Tag spazieren gehen oder reiten, um wieder zu Kräften zu kommen.«

»Wenn du willst, begleite ich dich«, sagte sie. Ihre Augen waren groß und dunkel, und er musste sich räuspern, um seine Unschlüssigkeit zu überspielen.

»Ich glaube nicht, dass ein hübsches Mädchen wie du ... « Na, wunderbar. Er fing an zu stottern und verstummte. »Ich komme schon allein zurecht, danke.« Steifbeinig ging er den Pfad durch den Wald hinab in Richtung Haus und verfluchte sich mit aller Heftigkeit, die er aufbringen konnte.

Brutus führte seine Stute unter den kalten Sternen über den Haupthof zu den Stallungen. Nach dem anstrengenden Ritt war er immer noch ein wenig außer Atem. Er dachte an die in ihrem Zimmer schlafende Alexandria, und sein Gesicht verfinsterte sich. Nichts war so einfach, wie er es gern hätte, besonders was die Frauen in seinem Leben betraf. Hätte er Streit und angespanntes Schweigen gewollt, hätte er schon längst geheiratet. Bei dem Gedanken verzog sich sein Mund zu einem schiefen Lächeln, dann blickte Brutus zum Mond hinauf und genoss die Stille. Sie hatten beide im Verlauf der langen, ereignislosen Wochen auf dem Landgut gelitten, in denen sie nichts zu tun hatten, als zu genesen und die hässlichen Vorkommnisse der Unruhen in der Stadt zu vergessen. Manchmal juckte es ihn, einfach loszugaloppieren, oder zu kämpfen, oder sie einen Nachmittag lang mit in sein Bett zu nehmen. Dann machte ihn seine Wunde rasend. Es war nicht gerade förderlich, dass ihr Liebesspiel durch seine Unfähigkeit, sich hinzuknien, begrenzt war, und er verabscheute es, schwach zu sein.

Er glaubte, dass er sie auf seine Weise liebte, aber es gab zu viele Tage, an denen sie wegen nichts und wieder nichts stritten, bis sie beide verdrossen und verletzt waren. Dieses lange Schweigen hasste er mehr als alles andere. Manchmal fragte er sich, ob sie sich eigentlich nur dann wirklich liebten, wenn er weit weg in einem anderen Land war.

Im Stall war es trotz der kühlen Nachtluft angenehm warm. Das Mondlicht fiel durch ein Dachfenster herein und ließ das Eichenholz der Verschläge blass schimmern. Es war ein friedlicher Ort, an dem einem nur die dunklen Silhouetten der Pferde Gesellschaft leisteten.

Er schwitzte immer noch von dem anstrengenden Ausritt und verzog bei dem Gedanken, wie weit er sich während seiner Zeit auf dem Krankenbett von seiner besten Verfassung entfernt hatte, schmerzlich das Gesicht. Ein paar Meilen querfeldein hatten ihn gehörig außer Atem gebracht.

Als er die Stute abrieb, raschelte hinter ihm etwas im Stroh. Er erstarrte einen Augenblick und fragte sich, wer um diese Stunde noch wach war. Als er sich verdutzt umdrehte, erblickte er Julia, die an einem Pfosten lehnte. Ihr Gesicht leuchtete blass im trüben Mondlicht.

»Bist du dieses Mal weit geritten?«, murmelte sie. Sie sah aus, als wäre sie soeben aus dem Bett gestiegen; das Haar hing ihr offen über die Schultern. Sie hatte ein weiches Tuch um sich geschlungen. Er sah, wie es um ihre Brüste spannte, und fragte sich, ob sie spürte, wo seine Augen ruhten.

»Heute nur ein paar Meilen. Es ist zu kalt für das alte Mädchen«, sagte er. Die Stute schnaubte sanft und stieß ihn mit dem Maul an, damit er sie weiter abrieb.

»Trotzdem wirst du uns bald verlassen. Ich habe gehört, was Tabbic gesagt hat. Pompeius hat die Banden besiegt.«

»Allerdings. Er ist ein harter Mann«, erwiderte Brutus.

Er hörte eine Spannung aus ihrer Stimme heraus, die vorher noch nicht da gewesen war. Ob es am warmen Stall lag, am Geruch nach Stroh und Leder oder einfach nur an ihrer Nähe, jedenfalls war er eigenartig erregt und dankte der Düsternis dafür, dass sie ihn vor ihrem Blick verbarg. Wortlos wandte er sich wieder dem Pferd zu und fuhr ihm mit langen Strichen mit der Bürste über die Flanken.

»Mein Vater hat mich ihm versprochen; hat er dir das erzählt?«, fragte sie auf einmal, als könnte sie die Worte nicht mehr zurückhalten. Brutus hielt mit dem Striegeln inne und sah sie an.

»Das hat er mir nicht gesagt.«

»Clodia meint, ich soll froh sein. Er war nicht einmal Konsul, als sie die Heirat verabredet haben, und jetzt soll ich die Frau des Diktators werden.«

»So kommst du hier heraus«, sagte Brutus leise.

»Aber wozu? Um jeden Tag von Sklaven angemalt zu werden und nicht mehr ausreiten zu können? Ich habe die Frauen der Senatoren gesehen. Ein Schwarm Krähen in feinen Kleidern. Und jede Nacht habe ich einen alten Mann auf mir liegen. Mein Vater ist grausam.«

»Er kann grausam sein, das stimmt«, erwiderte Brutus. Er hätte ihr gern von der Mühsal der Armut erzählt, die er in der Stadt gesehen hat. Als Frau des Pompeius würde sie weder Hunger noch Angst kennen. Julius hatte eine eiskalte Wahl für seine Tochter getroffen, aber es gab schlimmere Schicksale. Außerdem hatte ihm der Handel Gallien eingebracht. Brutus begriff sofort, wie sehr die Hochzeit die beiden Häuser aneinander binden und Julius vielleicht zu einem Erben verhelfen würde. So sehr er das Mädchen mochte, erkannte er doch, wie behütet sie gewesen sein musste, wenn sie nicht besser wusste, wie es in der Welt wirklich zuging.

»Wann wirst du zu ihm geschickt?«, fragte er.

Sie warf wütend das Haar zurück.

»Ich wäre bereits fort, wenn mein Vater sich nicht außerhalb der Stadt aufhalten würde. Es ist nur eine Höflichkeit zwischen den beiden. Das Geschäft ist bereits besiegelt, und der Bote des Pompeius kam mit so ausgesucht hübschen Worten und Geschenken. Genug Gold und Silber, um mich damit zu ersticken. Du hättest den Sklavenpreis sehen sollen, den sie geschickt haben.«

»Nein, Mädchen, du wirst nicht seine Sklavin sein, nicht mit dem Blut deines Vaters in den Adern. Du wirst ihn innerhalb kürzester Zeit um den Finger wickeln. Warte nur ab.«

Sie kam einen Schritt näher, wieder roch er den Duft dunkler Blumen. Als sie die Hände nach ihm ausstreckte, hielt er ihre Handgelenke fest und ließ dabei die Bürste ins Stroh fallen.

»Was denkst du dir denn dabei?«, murmelte er mit heiserer Stimme. Nichts von all dem kam ihm wirklich vor, und sogar im Dämmerlicht sah er die blassen Konturen ihres Halses aus der Dunkelheit schimmern.

»Ich denke, ich werde nicht als Jungfrau zu ihm gehen«, flüsterte sie und beugte sich so weit an ihn heran, dass ihre Lippen seine Kehle berührten. Er spürte die stoßweise Wärme ihres Atems, und plötzlich war nichts mehr auch nur halb so wichtig.

»Nein«, sagte er. »Das wirst du nicht.«

Er ließ ihre Handgelenke los, packte das Tuch, das sie umhüllte, und zog es langsam auseinander, entblößte sie bis zur Hüfte. Ihre vollkommenen Brüste waren weiß in der Dunkelheit, ihre Brustwarzen waren hart. Er hörte, wie ihr Atem schneller ging, als er mit der Hand über ihren Rücken strich, spürte, wie sie erschauerte.

Dann küsste er sie, bis sie ihren warmen Mund für ihn öffnete. Ohne ein weiteres Wort trug er sie zu einem Strohhaufen und bettete sie darauf. Seine Wunden waren ein ferner Schmerz, den er kaum wahrnahm, als er sich seiner Kleider entledigte. Sein eigener Atem brannte ihm rau in der Kehle, aber er zwang sich zu langsamen Bewegungen, als er sich über sie beugte und ihr Mund sich mit einem Schrei erneut öffnete.

Die Gruppe, die sich im Hof sammelte, um nach Rom zurückzukehren, war nicht mehr die staubige, verschreckte Horde Flüchtlinge, die vor beinahe zwei Monaten an das Tor des Gutes geklopft hatte. Clodia hatte den Kindern versprochen, sie dürften jederzeit kommen und sie besuchen, und eines oder zwei musste an diesem Morgen mit Gewalt von ihr losgerissen werden. Die alte Pflegerin vergötterte ihre kleinen Schützlinge, und es gab auf beiden Seiten Tränen.