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»Gewiss, Herr. Ich hole dir die Marke.« Er blieb noch einen Augenblick in stummer Erwartung stehen, aber Crassus sah ihn nur wortlos an.

»Beeil dich. Das Rennen fängt jeden Moment an«, drängte Pompeius, und der Sklave eilte davon. Pompeius hatte zwei Flaggenträger erspäht, die sich dem langen Bronzehorn am Ende der Rennstrecke näherten. Die Menge jubelte, als das Signal erklang und die Tore zu den Ställen sich öffneten.

Der Römer Dacius, dessen leichter Wagen von dunkelbraunen Wallachen gezogen wurde, erschien zuerst. Crassus rutschte nervös auf seinem Sitz hin und her, als er die arrogante Haltung und das Geschick des Mannes sah, der sein Gespann makellos wendete und zur Startlinie lenkte. Die Menge jubelte dem kleinen, stämmigen Mann frenetisch zu. Er grüßte zu den Sitzen der Konsuln herauf, und Pompeius erhob sich, um den Gruß zu erwidern. Crassus tat es ihm gleich, doch Dacius hatte sich schon wieder abgewandt, um sich für das Rennen bereit zu machen.

»Er sieht heute sehr hungrig aus, Crassus. Seine Pferde kämpfen gegen die Zügel an«, erklärte Pompeius seinem Kollegen fröhlich.

Crassus ging nicht darauf ein und sah hinunter zu dem nächsten Gespann, das gerade einfuhr. Es war der Thraker, erkennbar an der grünen Wagenfarbe. Der bärtige Wagenlenker war noch unerfahren, und nur sehr wenige hatten Geld auf ihn gesetzt. Dessen ungeachtet jubelte die Menge auch ihm pflichtschuldig zu, doch die meisten hielten bereits ungeduldig nach den letzten beiden Wagen Ausschau, die noch aus dem Dunkel der Ställe herauskommen mussten.

Paulus ließ die langen Zügel über seinen spanischen Pferden schnalzen, als sie ins Freie gedonnert kamen. Bei ihrem Anblick schlug Crassus begeistert mit der Faust auf die Brüstung.

»Dacius wird sich mächtig anstrengen müssen, um die zu schlagen. Sieh nur, in was für einem hervorragenden Zustand diese Pferde sind, Pompeius. Ein herrlicher Anblick!«

Auch Paulus wirkte sehr von sich überzeugt, als er die Konsuln grüßte. Selbst aus dieser Entfernung konnte Crassus das Aufblitzen der weißen Zähne in dem braun gebrannten Gesicht erkennen. Seine Besorgnis legte sich ein wenig. Die Wagen gingen nebeneinander in Aufstellung, auch der letzte Wettstreiter, der Spanier, gesellte sich zu ihnen.

Bei seinem ersten Besuch in den Ställen hatte Crassus nichts Auffälliges an den Pferden feststellen können, doch nun beobachtete er sie erneut kritisch und suchte nach Anzeichen von Schwäche. Trotz seiner zuversichtlichen Äußerung Pompeius gegenüber war er plötzlich überzeugt, dass die Hengste im Vergleich zu den anderen Tieren irgendwie unwohl wirkten. Nur zögernd setzte er sich wieder. Erneut ertönte ein lautes Signal, was bedeutete, dass keine Wetten mehr angenommen wurden. Der Sklave kam zurück und übergab Pompeius seine Marke, und der Konsul spielte gedankenverloren damit. Alles wartete gespannt.

Langsam legte sich völlige Stille über die Menschenmenge. Doch plötzlich erschraken Dacius’ Pferde vor irgendetwas und drängten sich seitlich in das thrakische Gespann hinein, woraufhin die beiden Wagenlenker ihre Peitschen über den Köpfen der Tiere knallen lassen mussten. Selbst bei vollem Galopp genügte es, wenn ein guter Wagenlenker seine Peitsche wenige Zentimeter über einem seiner Pferde schnalzen ließ, um die gewünschte Ordnung sofort wiederherzustellen. Crassus bemerkte, wie ruhig und gelassen der Thraker war, und fragte sich, ob er da eine Chance verpasst hatte. Der kleine Mann wirkte zwischen all den erfahreneren Wagenlenkern um ihn herum ganz und gar nicht fehl am Platze.

Die Stille wurde auch dann nicht unterbrochen, als die Pferde noch einen Augenblick lang schnaubend und stampfend an der Startlinie standen. Dann aber wurde das Horn zum dritten Mal geblasen, und der klagende Ton ging sofort in dem Aufbrüllen unter, als die Gespanne vorwärts preschten. Das Rennen hatte begonnen.

»Das hast du sehr gut gemacht, Crassus«, sagte Pompeius und ließ den Blick über die Menge schweifen. »Ich bezweifle, dass es jemanden in Rom gibt, der deine Großzügigkeit nicht zu schätzen weiß.«

Crassus sah ihn scharf an und suchte nach Anzeichen von Spott, doch Pompeius’ Gesicht war völlig ausdruckslos. Er schien den misstrauischen Blick nicht einmal zu spüren.

Unter ihnen erreichten die unter donnerndem Hufgetrappel dahinsausenden Pferde die erste Kurve, und die leichten Wagen malten lang gezogene Bögen in den Sand. Die Lenker beugten sich zur Seite, um die Balance zu halten. Nur ihr Geschick und ihre Kraft hielten sie aufrecht im Wagen, eine beeindruckende Darbietung. Plötzlich schlüpfte Dacius zwischen zwei anderen Wagen hindurch und ging sehr früh in Führung. Crassus legte sorgenvoll die Stirn in Falten.

»Hast du dich schon entschieden, wen du Ende des Jahres bei der Wahl zum Konsul unterstützen willst?«, fragte er in bemüht beiläufigem Tonfall.

Pompeius lächelte. »Ein bisschen früh, jetzt schon darüber nachzudenken, mein Freund. Im Moment bereitet es mir noch viel zu viel Vergnügen, selbst Konsul zu sein.«

Crassus schnaubte verächtlich bei dieser offensichtlichen Lüge, denn er kannte Pompeius zu gut, um diesen Worten Glauben zu schenken. Pompeius hielt seinem prüfenden Blick nicht lange stand und zuckte die Achseln.

»Ich denke, man könnte Senator Prandus überzeugen, seinen Namen auf die Liste zu setzen«, sagte er schließlich.

Crassus verfolgte wieder nachdenklich das Rennen und überlegte, was er von dem Mann wusste.

»Es gibt schlechtere Kandidaten«, meinte er dann. »Würde er deine ... Führung denn akzeptieren?«

Pompeius’ Augen glänzten vor Aufregung, weil Dacius weiterhin das Feld anführte. Crassus fragte sich, ob er dieses übermäßige Interesse nur heuchelte, um ihn zu ärgern.

»Pompeius? «, fragte er drängend.

»Zumindest würde er keinen Ärger machen«, erwiderte Pompeius.

Crassus war hocherfreut, ließ es sich aber nicht anmerken. Weder Prandus noch sein Sohn hatten besonders großen Einfluss im Senat, und wenn man schwache Männer als Konsuln wählte, bedeutete das, er und Pompeius konnten die Stadt weiterhin regieren. Sie tauschten einfach nur die öffentliche Variante des Amtes gegen eine privatere ein. In die Anonymität der hinteren Sitzreihen des Senats zurückzukehren, nachdem man Rom einmal regiert hatte, war für sie beide keine sehr verlockende Aussicht. Crassus fragte sich, ob Pompeius wohl wusste, dass diese Familie ihm Geld schuldete. Sobald Prandus gewählt worden war, würde er seine eigene Art von Kontrolle über ihn ausüben.

»Wenn du dir dessen sicher bist, würde ich Prandus auch akzeptieren«, sagte er über den Lärm der Menge hinweg.

Pompeius warf ihm ein amüsiertes Lächeln zu.

»Hervorragend. Weißt du, ob Cinna sich zur Wahl stellt?«

Crassus schüttelte den Kopf. »Er hat sich seit dem Tod seiner Tochter völlig zurückgezogen. Hast du etwas verlauten hören?«

In seinem Übereifer packte Crassus den anderen am Arm, doch Pompeius verzog bei dieser Berührung das Gesicht. Crassus hasste ihn in solchen Momenten. Mit welchem Recht hielt er sich für etwas Besseres, wenn doch er, Crassus, die Rechnungen seines Hauses zahlte?

»Nein, ich habe noch nichts gehört, Crassus. Wenn es nicht Cinna ist, dann müssen wir eben einen anderen finden, der sich um den zweiten Posten bewirbt. Wahrscheinlich kann man einen neuen Namen gar nicht früh genug ins Spiel bringen.«

Als die vierte Runde begann, führte Dacius bereits mit einer vollen Länge, und der Thraker lag direkt hinter ihm. Paulus kam an dritter Stelle, die von der Überfahrt geschwächten spanischen Pferde lagen ganz hinten. Die Menge feuerte Fahrer und Gespanne brüllend an, und aller Augen lagen auf den Wagen, als sie die Gegenkurve umrundet hatten und jetzt über die Startlinie in die fünfte Runde preschten. Eines der hölzernen Eier wurde weggenommen, und die Schreie und Zurufe klangen langsam heiser.

»Hast du mal an Julius gedacht? Seine Zeit in Spanien ist fast um«, sagte Crassus.