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Pompeius sah plötzlich argwöhnisch zu ihm hinüber. Er verdächtigte Crassus noch immer einer starken Loyalität gegenüber dem jungen Cäsar, die er selbst nicht teilte. Hatte der Mann etwa nicht der Zehnten sämtliche Schulden erlassen, kurz nachdem Julius deren Führung übernommen hatte? Pompeius schüttelte den Kopf.

»Der nicht, Crassus. Dieser Hund hat Zähne. Bestimmt wünschst du dir auch nicht mehr ... Unannehmlichkeiten als ich.«

Dacius hatte seinen Vorsprung noch deutlicher ausbauen können, aber Crassus redete weiter. Es machte ihm Spaß, die demonstrative Gelassenheit seines Kollegen zu erschüttern.

»Es heißt, Cäsar habe seine Sache in Spanien sehr gut gemacht. Neue Ländereien und neue Städte befinden sich fest in unserem Einflussbereich. Ich glaube, es soll sogar die Rede von einem Triumphzug für ihn sein.«

Pompeius sah Crassus scharf an und legte die Stirn in Falten.

»Ich habe nichts von einem Triumphzug gehört, und ich habe mich klipp und klar ausgedrückt. Wenn die Zeit auf seinem Posten abgelaufen ist, schicke ich ihn irgendwo anders hin. Vielleicht nach Griechenland. Was du auch geplant hast, Crassus, vergiss es. Ich habe zusehen müssen, wie meine eigenen Männer wegen seines Eichenlaubkranzes für ihn im Regen aufgestanden sind. Meine eigenen Männer haben einen Fremden geehrt! Du erinnerst dich doch wohl noch an Marius. So einen wollen wir nicht noch einmal in der Stadt, und schon gar nicht als Konsul.«

Crassus sagte eine Weile lang nichts mehr, und Pompeius beschloss, sein Schweigen als Zustimmung zu interpretieren.

Dacius wollte gerade das spanische Gespann überrunden und setzte zum Überholen an. Gerade als er an ihm vorbeizog, verlor der unsichere Wagenlenker einen Moment die Kontrolle, ein winziger Augenblick, der ausreichte, dass sich die beiden Wagen mit einem Krachen rammten, das noch durch den entsetzten Aufschrei der Menge hinweg deutlich zu hören war. Von einer Sekunde zur anderen verwandelten sich die beiden ordentlichen Gespannreihen in ein kreischendes Chaos.

Der Thraker zog die Zügel an, um an dem Unfall vorbeizusteuern. Seine Peitsche schnalzte laut neben den Pferden seines Gespanns, die der Unfallstelle am nächsten waren, und er zwang sie so rigoros, das Tempo zu drosseln, dass sein Wagen beinahe umstürzte. Gebannt starrte die Menge auf den kleinen Mann, wie er sein Gespann um die auf der Bahn liegenden Tiere herummanövrierte. Dann aber waren er und seine Pferde sicher daran vorbei, und die Gefahr war vorüber. Viele der Zuschauer sprangen auf und applaudierten ihm spontan für sein außerordentliches Geschick.

Pompeius fluchte leise vor sich hin, als er sah, dass Dacius noch immer am Boden lag. Eines seiner Beine war seltsam verdreht. Sein Knie war offensichtlich zertrümmert. Er war zwar mit dem Leben davongekommen, würde aber nie wieder Rennen fahren.

»Gib den Wachen, die ich für dich abgestellt habe, ein Zeichen, Crassus. Sobald die Leute sich von dem Schrecken erholt haben, fangen sie bestimmt mit Prügeleien an.«

Crassus schob verärgert das Kinn vor und sah sich nach einem Zenturio um, dem er mit der erhobenen Faust ein Zeichen gab. Keinen Augenblick zu früh gingen die Soldaten durch die Reihen nach unten. Nach der Aufregung durch den Unfall waren den Leuten jetzt ihre verlorenen Wetten eingefallen; ein einziger empörter Aufschrei wogte durch die Menge. Die letzten Runden verliefen ohne weitere Zwischenfälle, und der Thraker überquerte die Linie als Erster, auch wenn sich jetzt niemand mehr dafür interessierte. Einige Schlägereien waren bereits im Gange, aber die Legionäre griffen rasch ein und trennten die sich prügelnden Männer mit der breiten Seite ihrer Schwerter voneinander.

Pompeius gab seiner Leibwache das Zeichen zum Gehen, woraufhin sie ihm einen Weg nach draußen bahnte. Im Weggehen blickte er sich noch ein letztes Mal zu Crassus um. In dessen Augen stand, dieses eine Mal völlig unverhüllt, seine Abneigung gegen ihn deutlich zu lesen. Auf der Straße angekommen, war Pompeius bereits so in seine Gedanken versunken, dass er das anwachsende Chaos hinter sich kaum noch wahrnahm.

Julius schwang sich am Dorfeingang aus dem Sattel. Sein Pferd schnaubte leise und machte sich über die zarten, grünen Grashalme zwischen den Pflastersteinen einer alten Straße her. Er und Servilia waren tief ins Landesinnere hineingeritten, und in den Hügeln ringsum waren keinerlei Anzeichen menschlicher Behausungen zu erkennen. Es war eine wunderschöne Landschaft, mit breiten Waldstreifen und Kalksteinhängen, die bis in die grünen Täler hinunterreichten. Lange bevor sie hier angekommen waren, hatte die Sonne ihren Zenit überschritten. Unterwegs war ihnen Rotwild über den Weg gelaufen, Wildschweine waren aufgeregt grunzend vor ihren Pferden davongestoben.

Julius hatte für ihren Ausritt lange, verschlungene Wege gewählt, um die Begegnung mit anderen Menschen zu vermeiden. Er schien es zufrieden, mit ihr alleine zu sein, und Servilia fühlte sich geschmeichelt. Manchmal kam es ihr sogar so vor, als seien sie die einzigen Menschen auf der Welt. Die schattigen Wälder lagen vollkommen still da, und auch sie selbst wirkten in dem Dämmerlicht fast schon wie Geister. Nur manchmal machten die Bäume dem Sonnenlicht und einer grünen Lichtung Platz, dann galoppierten sie wild drauflos und aus der Dunkelheit heraus, bis sie irgendwann keuchend und lachend wieder anhielten. Servilia konnte sich an keinen vollkommeneren und schöneren Tag erinnern.

Das seltsame Dorf, in das Julius sie führte, lag am Talausgang, ganz in der Nähe eines Flusses. Doch wie schon zuvor im Wald, unterbrach auch hier keine menschliche Stimme die vollkommene Stille. Die uralten Häuser waren schon halb zusammengefallen, wilde Farnstauden und Efeu wuchsen von innen aus den Fenstern heraus. Überall gab es Spuren von Zerfall. Türen, die einmal in steifen, ledernen Angeln gehangen hatten, klafften jetzt weit auf, und kleine wilde Tiere huschten verschreckt vor ihnen davon, als sie ihre Pferde auf der Straße zur Mitte der Ansiedlung führten. Die unheimliche Stille des verlassenen Dorfes machte einem das Sprechen schwer, gerade so, als sei jedes Gespräch an diesem Ort ein unerwünschtes Eindringen. Es erinnerte Servilia an die widerhallenden Bogengänge eines Tempels, und sie fragte sich, weshalb Julius sie wohl hierher gebracht hatte.

»Warum haben die Bewohner dieses Dorf verlassen?«, fragte sie ihn schließlich.

Er zuckte die Schultern. »Alles Mögliche könnte der Grund dafür sein. Eine Invasion, eine Seuche ... Vielleicht wollten sie sich auch nur woanders ein neues Zuhause suchen. Als ich es entdeckte, habe ich hier ganze Tage zugebracht, aber die Häuser sind schon vor langer Zeit geplündert worden, und man sieht nur noch sehr wenig davon, wie seine Einwohner damals gelebt haben. Es ist ein eigenartiger Ort, aber ich mag ihn trotzdem sehr gern. Wenn wir dieses Tal jemals mit unseren Brücken und neuen Straßen erreichen, wird es mir sehr Leid tun, ihn verschwinden zu sehen.«

Sein Fuß streifte ein verblasstes Stück gebrannten Tons, das vielleicht einmal ein Schild gewesen war. Er bückte sich, um es genauer anzusehen, und blies den Staub weg. Die Platte war glatt und so dünn, dass er sie leicht mit einer Hand hätte zerbrechen können.

»Ich nehme an, hier hat es früher einmal ausgesehen wie jetzt in Valencia. Mit einem Marktplatz, auf dem die Ernte verkauft wurde, und Kindern, die mit den Hühnern um die Wette gerannt sind. Es fällt einem schwer, sich das jetzt vorzustellen.«

Servilia sah sich um und versuchte, sich einen Platz voller Menschen auszumalen. Aus dem Augenwinkel erspähte sie neben sich auf einer Mauer gerade noch eine Eidechse, bevor diese wieder blitzschnell unter einem heruntergebrochenen Dachvorsprung verschwand. Es hatte etwas Unheimliches, durch dieses Dorf zu spazieren. Man hatte beinahe den Eindruck, als müssten sich die Straßen jeden Moment wieder mit Lärm und Menschen füllen, als hätte es niemals eine Unterbrechung gegeben.

»Warum kommst du hierher?«, fragte sie.