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Da drehte er sich plötzlich zu ihr um und umarmte sie ungestüm. Seine Lippen pressten sich auf ihren Mund und zwangen sie, den ihren zu öffnen. Nun konnte auch sie nicht mehr widerstehen und gab seinem Drängen nach.

Gleich hinter dem Torbogen der Festung ließ sich Brutus elegant aus dem Sattel gleiten. Die Zehnte hatte draußen in den Bergen komplizierte Manöver durchgeführt, und Octavian hatte sich wacker geschlagen. Er hatte die Streitmacht, die man ihm für den Schaukampf gegeben hatte, geschickt geführt und Domitius von der Flanke her angegriffen. Brutus stürmte ohne Zögern in das Gebäude hinein. Die düstere Stimmung, die so lange lähmend über ihnen allen gelegen hatte, war nur noch eine böse Erinnerung, und er wusste, dass Julius sich freuen würde, wenn er erfuhr, wie gut sich sein junger Verwandter machte. Octavians Schultern waren inzwischen breit genug, um ein Kommando zu übernehmen. So hatte es Marius jedenfalls früher immer ausgedrückt.

Die Wache am Ende der Treppe stand nicht dort, wo sie stehen sollte, sondern ein gutes Stück von ihrem Posten entfernt. Als er die Stufen hinaufrannte, hörte Brutus, wie ihm der Mann etwas nachrief, doch er grinste nur.

Julius lag mit Servilia auf einer Liege. Bei Brutus’ überraschendem, polterndem Eintreten liefen ihre Gesichter vor Scham rot an. Nackt wie er war, sprang Julius auf und stellte sich seinem Freund wütend in den Weg.

»Raus hier!«, brüllte er.

Brutus blieb wie angewurzelt stehen. Dann verzog er zornig das Gesicht, machte auf dem Absatz kehrt und knallte die Tür hinter sich zu.

Langsam drehte sich Julius zu Servilia um und sah sie an; er bereute seinen Wutausbruch schon wieder. Rasch warf er sich seine Kleidung über und setzte sich wieder auf die Liege. Ihr schweres Parfüm stieg ihm in die Nase, und er wusste, dass er nach ihr roch. Als er aufstand, spürte er noch immer die verlockende Wärme des Lagers, doch er wandte sich ab, denn im Geiste war er bereits mit dem beschäftigt, was jetzt zu tun war.

»Ich gehe hinaus zu ihm«, sagte Servilia und stand ebenfalls auf.

Völlig in dunkle Gedanken versunken, schenkte Julius ihrer Nacktheit kaum Beachtung. Es war unvorsichtig gewesen, an einem Ort einfach einzuschlafen, an dem man sie überraschen konnte, aber jetzt war es zu spät zu bedauern, was bereits geschehen war. Er schüttelte den Kopf und band sich die Sandalen um.

»Du hast dich für weitaus weniger zu entschuldigen. Lass mich zuerst zu ihm gehen«, sagte er.

»Du wirst dich doch nicht etwa ... für mich entschuldigen?«, fragte sie in verdächtig ruhigem Tonfall.

Julius stand auf und sah ihr in die Augen. »Für keinen einzigen Moment mit dir«, sagte er leise.

Erleichtert ließ sie sich in seine Arme sinken. Er empfand es als unbeschreiblich erotisch, eine nackte Frau in den Armen zu halten, wenn er selbst vollständig angezogen war. Trotz seiner Sorge um Brutus löste er sich mit einem Grinsen aus ihrer Umarmung.

»Das wird schon wieder, sobald er sich ein bisschen gefangen hat«, sagte er, um sie zu beruhigen und wünschte doch im gleichen Moment, er könnte es auch selbst glauben. Mit ruhiger Hand schnallte er sich den Schwertgurt um die Hüften. Plötzlich sah Servilia sehr verängstigt aus.

»Ich will nicht, dass du gegen ihn kämpfst, Julius. Das darfst du nicht tun.«

Julius rang sich ein Lachen ab, das in seinem leeren Bauch widerzuhallen schien.

»Er würde mir niemals etwas zu Leide tun«, sagte er im Hinausgehen.

Draußen vor der Tür jedoch verwandelte sich sein Gesicht in eine grimmige Maske. Am Fuß der Treppe standen Domitius und Cabera mit Ciro zusammen. Julius bildete sich ein, dass ihre Augen ihn anklagten.

»Wo ist er?«, fuhr Julius sie an.

»Im Ausbildungshof«, sagte Domitius. »Wenn ich du wäre, General, ich würde ihn noch eine Weile in Ruhe lassen. Sein Blut kocht, und es wäre nicht sehr klug, einen Streit gerade jetzt auszutragen.«

Julius zögerte kurz, dann jedoch gewann sein altes Ungestüm wieder die Oberhand. Er hatte sich das alles selbst eingebrockt, also musste er es auch auslöffeln.

»Ihr bleibt hier«, sagte er barsch. »Er ist mein ältester Freund, und diese Angelegenheit geht nur uns beide etwas an.«

Brutus stand allein in dem leeren Hof, mit einem von Cavallos glänzenden Schwertern in den Händen. Als Julius auf ihn zukam, nickte er nur. Angesichts des finsteren, starren Blicks, der jeder seiner Bewegungen folgte, hätte Julius beinahe doch wieder gezögert. Und wenn sie bis aufs Blut kämpfen sollten, er würde ihn nicht besiegen. Selbst wenn er den Sieg irgendwie mit List erringen konnte, bezweifelte Julius, dass er dessen Leben würde auslöschen können. Nicht dieses.

Brutus hielt die glänzende Klinge in der ersten Position. Mit der alten Disziplin, die Renius ihnen beigebracht hatte, schob Julius sofort sämtliche Gedanken beiseite. Vor ihm stand ein Feind, der ihn töten konnte.

Er zog sein Schwert.

»Hast du sie bezahlt?«, fragte Brutus leise und durchbrach damit Julius’ Konzentration. Dieser musste den unbändigen Zorn, der in diesem Moment in ihm aufstieg, niederkämpfen. Sie hatten ihr Handwerk beide bei demselben Meister gelernt, und er wusste genau, dass er nicht hinhören durfte. Langsam und bedächtig umkreisten sie einander.

»Ich habe es geahnt, aber ich habe es einfach nicht wahrhaben wollen«, fing Brutus erneut an. »Ich war mir so sicher, du würdest mir mit ihr keine Schande bereiten, also habe ich nicht weiter darüber nachgedacht.«

»Mit Schande hat das nichts zu tun«, erwiderte Julius.

»Oh doch!«, erwiderte Brutus wütend und schnellte nach vorne.

Julius kannte Brutus’ Kampfstil zwar besser als jeder andere, doch den Stoß, der direkt auf sein Herz zielte, konnte er nur mit Mühe parieren. Das war ein tödlicher Angriff, für den es keine Entschuldigung gab. Jetzt stieg der Zorn doch in ihm hoch, und er bewegte sich ein wenig schneller. Alle Sinne waren auf einmal hellwach, seine Schritte wurden fester. Dann sollte es also so sein.

Julius machte einen Ausfall nach vorne, duckte sich unter der sirrenden Klinge hinweg und zwang Brutus auf den hinteren Fuß. Dann holte er zu einem seitlichen Schlag aus, aber Brutus wich verächtlich grinsend aus und parierte die Attacke mit schnellen, harten Schlägen.

Keuchend ließen sie schließlich voneinander ab. Julius ballte die linke Hand zur Faust, um eine Schnittwunde in der Handfläche zusammenzudrücken. Er wartete, und das Blut tropfte langsam von der Hand in den Sand, wo es glänzende Flecken hinterließ und schließlich langsam versickerte.

»Ich liebe sie«, sagte Julius. »Und ich liebe dich. Viel zu sehr, um mich mit dir zu schlagen.« Angeekelt schleuderte er sein Schwert von sich und sah seinem Freund in die Augen.

Brutus hielt ihm die Spitze seiner Klinge an die Kehle und blickte ihn fragend an.

»Und sie wissen es alle? Cabera, Domitius und Octavian?« Julius hielt seinem Blick stand. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, und er versuchte, nicht zu zucken.

»Möglich. Wir haben das nicht geplant, Brutus. Ich wollte bestimmt nicht, dass du uns überraschst.«

Das Schwert war der einzige stille Punkt in einer sich bewegenden Welt. Julius biss die Zähne zusammen, und plötzlich überkam ihn eine tiefe Ruhe. Er entspannte seine verkrampften Muskeln und stand abwartend da. Sicher wollte er noch nicht sterben, doch wenn es jetzt so weit sein sollte, dann wollte er den Tod wenigstens mit Verachtung strafen.

»Es ist nicht nur eine kleine Affäre, Marcus. Nicht für mich und auch nicht für sie«, sagte er ruhig.

Urplötzlich sank die Schwertspitze zu Boden. Der wahnsinnige Glanz in Brutus’ Augen verschwand.

»Uns beide verbindet so viel, Julius. Aber wenn du ihr wehtust, bringe ich dich um.«