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Alle wollten sofort etwas dazu sagen, wodurch das Klopfen an der Tür zuerst in dem allgemeinen Lärm unterging. Dann öffnete Clodia die Tür von außen. Ihr Gesichtsausdruck ließ sie alle sofort verstummen.

»Da ist ... Ich konnte ihn nicht aufhalten«, begann sie.

Julius ergriff ihren Arm. »Wer ist es denn?«, fragte er.

Doch als er die Gestalt hinter ihr erkannte, erstarrte er und schob Clodia zur Seite, damit sich die Tür gänzlich öffnen konnte.

Dort stand Crassus in einer strahlend weißen Toga, die sich scharf von seiner dunklen Haut abhob und von einer glänzenden goldenen Spange auf der Schulter zusammengehalten wurde, die Alexandria sofort als eine ihrer Arbeiten wiedererkannte. War das tatsächlich ein Zufall oder ein dezenter Hinweis darauf, dass er die Beziehungen zwischen den Personen in diesem Raum sehr wohl kannte?

»Guten Abend, Cäsar. Ich glaube, dein Posten als Tribun ist niemals widerrufen worden. Soll ich dich jetzt, wo du dein Amt als Prätor in Spanien hinter dir gelassen hast, noch mit diesem Titel ansprechen?«

Julius senkte den Kopf und versuchte zu verbergen, wie wütend es ihn machte, dass der Mann so einfach in sein Haus eingedrungen war. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Warteten draußen Soldaten? Wenn dem so war, würde es für Crassus schwerer werden, das Haus wieder zu verlassen, als es zu betreten, schwor Julius sich im Stillen. Er lockerte den Griff um Clodias Arm, und sie verließ ohne einen Blick zurück eilig den Raum. Er nahm es ihr nicht übel, dass sie Crassus eingelassen hatte. Obwohl sie viele Jahre für das gesamte Anwesen verantwortlich gewesen war, war sie doch viel zu lange Sklavin gewesen, um vor einem der mächtigsten Männer des Senats keine Angst zu haben. Einem Konsul Roms konnte niemand den Eintritt verwehren.

Crassus sah dem Gesicht des jungen Mannes die innere Spannung an und redete weiter. »Du kannst ganz beruhigt sein, Julius. Ich bin ein Freund dieses Hauses, so wie ich davor ein Freund von Marius gewesen bin. Hast du etwa geglaubt, du könntest mit einer ganzen Legion an meiner Küste an Land gehen, ohne dass ich davon erfahre? Ich nehme an, selbst Pompeius’ dünnes Netz an Spionen hat mittlerweile von deiner Rückkehr gehört.« Erst jetzt erblickte Crassus Servilia und senkte zum Gruß leicht den Kopf.

»Du bist hier willkommen«, sagte Julius und versuchte sich zu entspannen. Er wusste, dass er zu lange gezögert hatte. Der ältere Mann hatte zweifellos jeden Augenblick der Verwirrung genossen, die er ausgelöst hatte.

»Das freut mich«, erwiderte Crassus. »Nun, wenn mir jemand einen Stuhl bringt, setze ich mich mit deiner Erlaubnis zu euch. Du musst morgen eine eindrucksvolle Rede halten, wenn du nächstes Jahr das Gewand des Konsuls tragen willst. Pompeius wird nicht gerade erfreut sein, wenn ihm das zu Ohren kommt, aber genau das ist ja das Salz in der Suppe.«

»Kann man vor dir überhaupt nichts geheim halten?«, fragte Julius, der sich allmählich von seiner Verblüffung erholte.

Crassus lächelte ihn an. »Dann bestätigst du es also durch deine eigenen Worte. Ich dachte mir schon, dass es keinen anderen Grund für dich geben könnte, deinen Posten als Prätor zu verlassen. Ich hoffe doch, du hast für einen entsprechenden Ersatz gesorgt, bevor du nach Rom gesegelt bist?«

»Selbstverständlich«, erwiderte Julius. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass ihm der Wortwechsel Spaß machte.

Crassus nahm auf dem Stuhl Platz, den Octavian für ihn freigemacht hatte, und legte dann mit seinen langen Fingern die Falten seiner Toga zurecht. Die Spannung im Raum schien nachzulassen, als sie seine Anwesenheit in ihrer Mitte langsam akzeptierten.

»Ich frage mich eins, wolltest du wirklich einfach so ins Forum marschieren und das Sprecherpodium besteigen?«, fragte Crassus.

Julius sah ihn verständnislos an. »Warum nicht? Servilia hat mir erzählt, dass Prandus sprechen will. Ich habe das gleiche Recht darauf wie er.«

Crassus lächelte und schüttelte belustigt den Kopf. »Dann hättest du es also wirklich getan. Wesentlich besser ist es jedoch, wenn du auf meine Einladung hin erscheinst, Julius. Schließlich wird dich Pompeius kaum darum bitten, dich uns anzuschließen. Ich freue mich schon auf sein Gesicht, wenn du deinen Namen in die Liste einträgst.«

Dankend nahm er einen Becher Wein entgegen, nippte daran und zuckte leicht zusammen.

»Du bist dir doch darüber im Klaren, dass Pompeius behaupten könnte, du hättest deine Pflicht vernachlässigt, indem du deinen Posten in Spanien vorzeitig verlassen hast, oder?«, fragte er und beugte sich gespannt vor.

»Als Tribun bin ich gegen jede Strafverfolgung immun«, erwiderte Julius prompt.

»Es sei denn, dein Vergehen ist ein Gewaltverbrechen, mein Freund. Aber ich nehme an, seinen Posten zu verlassen fällt nicht darunter. Pompeius ist deine Immunität sehr wohl bewusst – aber wie sieht das Ganze für das Volk aus? Von jetzt an bis zu den Wahlen musst du dich nicht nur tadellos verhalten, sondern man muss dich auch dabei sehen, wie du dich tadellos verhältst. Sonst werden die Stimmen, die du brauchst, an einen anderen Kandidaten verschwendet.«

Crassus schaute in die Runde und lächelte, als er Alexandrias Blick begegnete. Seine Finger strichen wie beiläufig über die goldene Spange auf seiner Schulter, und sie wusste, dass er sie wiedererkannt hatte. Alexandria spürte einen Hauch von Gefahr. Zum ersten Mal, seit Brutus sie in ihrer Werkstatt aufgesucht hatte, wurde ihr bewusst, dass Julius ebenso viele Feinde wie Freunde um sich scharte. Sie wusste nur noch nicht genau, zu welcher Kategorie Crassus gehörte.

»Was hast du davon, wenn du mir hilfst?«, fragte Julius plötzlich.

»Du befehligst eine Legion, die ich wieder aufbauen half, als sie noch Primigenia hieß, Julius. Ich bin von dem ... Bedarf der Stadt an solchen Männern überzeugt worden. Erfahrene, geübte Männer, die nicht bestochen oder von den Banden der Raptores in Versuchung geführt werden können.«

»Dann forderst du also eine Schuld von mir ein?«, fragte Julius und bereitete sich innerlich schon darauf vor, das Ansinnen des Crassus abzulehnen.

Crassus sah Servilia an und tauschte mit ihr einen verständnisvollen Blick, den Julius nicht zu deuten wusste.

»Nein. Ich habe schon vor so langer Zeit auf jegliche Schulden verzichtet, dass es gar nicht mehr der Erwähnung wert ist. Ich bitte dich ganz offen um Hilfe, und im Gegenzug werden dir meine Klienten helfen, deinen Namen in der Stadt bekannt zu machen. Denk daran, dass dir nur hundert Tage bleiben, mein Freund. Selbst mit meiner Hilfe ist das eine kurze Zeit.«

Als er sah, dass Julius immer noch zögerte, fuhr fort: »Ich war ein Freund deines Vaters und ein Freund des Marius’. Ist es zu viel verlangt, auch den Sohn um Vertrauen zu bitten?«

Servilia versuchte, Julius’ Blick einzufangen. Sie kannte Crassus besser als jeder andere hier im Raum und hoffte inständig, Julius würde sein Angebot nicht leichtfertig ablehnen. Während sie gespannt auf seine Antwort wartete, beobachtete sie den Mann, den sie liebte, beinahe schmerzlich.

»Vielen Dank, Konsul«, erwiderte Julius förmlich. »Ich vergesse meine Freunde nicht.«

Crassus lächelte hocherfreut.

»Mit meinem Wohlstand ... « setzte er an.

Julius schüttelte den Kopf. »Davon habe ich selbst genug, Crassus. Doch ich danke dir.«

Zum ersten Mal betrachtete Crassus den jungen Feldherrn mit so etwas wie Respekt. Also hatte er mit seinem Urteil Recht gehabt, dachte er zufrieden. Er würde mit ihm zusammenarbeiten und zugleich Pompeius damit ärgern können.

»Dann sollten wir jetzt vielleicht auf deine Kandidatur anstoßen? «, sagte Crassus und erhob seinen Becher.

Auf Julius’ Nicken hin schenkten sich auch die anderen Anwesenden Wein ein und hielten unsicher abwartend die Becher in Händen. Einen Augenblick lang bedauerte Julius, dass er den Falerner schon aufgebraucht hatte. Andererseits würde auch Tubruk einen Becher auf sie leeren, wo auch immer er jetzt war.