Выбрать главу

»Das macht mir nichts aus. Meine Beförderungen habe ich mir auf dem Schlachtfeld verdient und aus deiner Hand erhalten. So weit bin ich also schon einmal gekommen.«

»Deine Narben verraten ihnen, was du in Wirklichkeit bist«, wandte Pompeius ein.

»Ich stelle mich ihnen einfach als Söldner vor. Lass mich nur in seiner Nähe sein, Konsul. Ich bin dein Mann.«

Pompeius schwankte noch und suchte in Gedanken weitere Einwände, nur um sie sogleich wieder zu verwerfen. Er seufzte. Politik war nun einmal ein schmutziges Geschäft.

»Es könnte mehrere Jahre dauern, Regulus. Wird man dich vermissen?«

»Nein, Herr. Ich bin allein.«

»Dann gebe ich dir den Befehl dazu, Regulus. Geh mit meinem Segen.«

Regulus rang nach Worten. »Es ... es ist mir eine Ehre, Herr. Wenn du mich rufst, werde ich in seiner Nähe sein, das schwöre ich.«

»Das weiß ich, Regulus. Und ich werde dich reichlich dafür belohnen, wenn ...«

»Das ist nicht nötig, Herr«, sagte Regulus rasch und überraschte sich selbst damit. Normalerweise hätte er es niemals gewagt, den Konsul zu unterbrechen, doch er wollte ein Zeichen setzen, dass das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt war. Dafür wurde er mit einem Lächeln von Pompeius belohnt.

»Hätte ich nur mehr von deinem Schlag zur Verfügung, Regulus. Keinem Mann wurde je so gut gedient wie mir.«

»Ich danke dir, Herr«, erwiderte Regulus mit vor Stolz geschwellter Brust. Es war ihm klar, dass ihm mehrere Jahre an hartem Drill und geringerem Sold bevorstanden, aber das machte ihm nicht das Geringste aus.

10

Rom kam niemals zur Ruhe, und als der Morgen anbrach, hatte sich der große Platz des Forums bereits mit einer hin und her wogenden Menge seiner Bürger gefüllt, die sich unter den wechselnden Strömungen, die sie durchzogen, ständig veränderte. Väter trugen ihre Kinder auf den Schultern, damit sie einen Blick auf die Konsuln werfen und später einmal sagen konnten, sie hätten die Männer gesehen, die Spartakus geschlagen und die Stadt gerettet hatten.

Für Julius war die riesige Menge gesichtslos und einschüchternd. Sollte er einfach in den freien Raum starren, wenn er sprach, oder den Blick wahllos auf einen unglücklichen Bürger richten? Er fragte sich, ob sie ihm überhaupt zuhören würden. Bei Pompeius waren sie still geworden, aber Julius hegte keinen Zweifel daran, dass der Konsul die Menge mit seinen Klienten durchsetzt hatte. Gleich würde er Pompeius aufs Podium folgen, und wenn sie dann anfingen zu brüllen und ihn zu verhöhnen, wäre das ein denkbar schlechter Anfang seiner Kandidatur. In Gedanken ging er wieder und wieder seine Rede durch und betete, dass er nicht stocken oder gar den Faden verlieren würde. Womöglich wurden nach seiner Rede Fragen gestellt, vielleicht sogar von Männern, die vom Konsul dafür bezahlt worden waren. Vielleicht würden sie sogar versuchen, ihn öffentlich zu demütigen. Sorgfältig und langsam legte Julius seine Hände auf die Knie und ließ den Schweiß in seinen Handflächen vom Stoff aufsaugen.

Er saß gemeinsam mit Crassus und Suetonius’ Vater auf einer erhöhten Plattform, aber er sah keinen der beiden an. Sie hörten gerade sehr aufmerksam zu, als Pompeius geschickt einen kleinen Scherz in seine Rede einflocht und dann die Hände hob, um das Gelächter wieder zu dämpfen. Julius bemerkte sehr wohl, dass Pompeius kein einziges Mal zögerlich wirkte. Seine große Begabung als Redner ließ sich an den Reaktionen der Menge deutlich ablesen. Die Menschen reckten dem Konsul die Gesichter entgegen, fast so, als beteten sie ihn an, und bei dem Gedanken, seine Rede nach ihm zu halten, krampften sich Julius’ Eingeweide zusammen.

Pompeius’ Stimme wurde wieder ernst, als er seine Verdienste in dem Jahr als Konsul noch einmal aufzählte, und die Menge applaudierte frenetisch. Die Liste der militärischen Erfolge wurde mit Versprechen von kostenlosem Getreide, Brot, Spielen und Gedenkmünzen ergänzt. Bei dem letzten Wort versteifte sich Crassus ein wenig. Er fragte sich, woher Pompeius wohl das Geld dafür nehmen wollte, sein Antlitz in Silber prägen zu lassen. Das Schlimmste war jedoch die Gewissheit, dass all die Bestechungen unnötig waren. Pompeius hatte die Menge ohnehin im Griff. Mühelos brachte er sie in einem Augenblick zum Lachen, und im nächsten schon vermittelte er ihnen würdevollen Stolz. Es war eine meisterhafte Darbietung, und als er geendet hatte, stand Julius auf und zwang sich nervös zu einem Lächeln. Pompeius trat zurück und winkte ihn heran. Angesichts der ausgestreckten Hand, die so wirkte, als helfe ihm ein väterlicher Gönner nach vorne, biss Julius verärgert die Zähne zusammen.

Als er an Pompeius vorbeiging, sprach dieser ihn leise an. »Keine abgedeckten Schilde, Julius? Ich hatte erwartet, dass du wieder eine Überraschung für uns bereithältst.«

Julius war gezwungen zu lächeln, gerade so, als seien die Worte des Pompeius nur eine scherzhafte Bemerkung statt pure Gehässigkeit. Sie erinnerten sich beide sehr wohl an die Verhandlung, die Julius auf diesem Platz gewonnen hatte. Damals hatte er vor der Menge Schilde mit Szenen aus Marius’ Leben enthüllt.

Ohne ein weiteres Wort nahm Pompeius Platz und sah gelassen und interessiert aus. Julius trat näher an das Rednerpult heran, hielt einen Moment inne und ließ den Blick über die endlos scheinende Menge schweifen. Wie viele hatten sich hier wohl versammelt, um die jährliche Ansprache der Konsuln zu hören? Achttausend? Oder vielleicht sogar zehn? Die aufgehende Sonne war immer noch hinter den Tempeln verborgen, die den großen, rechteckigen Platz säumten, und das Licht, das über ihnen lag, war noch kalt und grau. Julius holte tief Luft. Seine Stimme sollte von Anfang an klar und deutlich klingen, denn es war wichtig, dass die Zuhörer jedes seiner Worte genau verstanden.

»Mein Name ist Gaius Julius Cäsar. Ich bin der Neffe des Marius’, der siebenmal in Rom Konsul gewesen ist. Ich habe meinen Namen im Hause des Senats für denselben Posten eingetragen. Ich tue das nicht zum Gedenken an diesen Mann, sondern um sein Werk fortzusetzen. Wollt ihr, dass ich euch Brot und Münzen verspreche? Ihr seid keine Kinder, denen man hübschen Tand anbietet, um ihre Treue zu erkaufen. Ein guter Vater verdirbt sein Kind nicht durch Geschenke.«

Langsam wurde er ruhiger. Alle Augen auf dem Forum waren jetzt auf ihn gerichtet, und zum ersten Mal, seit er die Plattform betreten hatte, verspürte er einen Hauch von Zuversicht.

»Ich habe diejenigen kennen gelernt, die sich abplagen, um das Korn für euer Brot anzubauen. Andere satt zu machen bringt zwar kein Vermögen ein, aber sie haben Stolz, und sie sind aufrechte Männer. Ich kenne auch viele, die ohne sich zu beklagen für Rom in den Kampf gezogen sind. Ihr seht sie gelegentlich auf der Straße und erkennt sie daran, dass ihnen ein Auge oder eine ihrer Gliedmaßen fehlt. Wenn die Menschen an ihnen vorbeigehen, sehen wir peinlich berührt zu Seite. Wir vergessen, dass wir alle nur deswegen lachen und lieben können, weil diese Soldaten so viel für uns geopfert haben.

Wir haben diese Stadt auf dem Blut und dem Schweiß derjenigen errichtet, die vor uns dahingegangen sind. Dennoch bleibt auch für uns noch genug zu tun. Habt ihr Konsul Crassus von Soldaten reden hören, durch deren Einsatz die Straßen sicher sind? Ich bedauere es nicht im Geringsten, euch meine Männer dafür herzugeben. Aber wenn ich sie wieder brauche, um neue Länder und Reichtümer für Rom zu erkämpfen, wer außer euch selbst wird dann für eure Sicherheit sorgen?«

Die Menge wurde unruhig. Julius zögerte einen Augenblick. Er sah den Gedanken in seinem Kopf deutlich vor sich, doch er suchte angestrengt nach einer Möglichkeit, ihn auch der Menge begreiflich zu machen.

»Aristoteles sagt, ein Staatsmann müsse immer bemüht sein, einen gewissen moralischen Anspruch, eine Neigung zur Tugend in den Bürgern zutage zu fördern. Ich suche nach dieser Tugend in euch, denn ich weiß, sie ist da und muss nur wachgerufen werden. Ihr seid diejenigen, die die Mauern Roms gegen den Sklavenaufstand verteidigt haben. Ihr habt euch damals nicht vor eurer Pflicht gedrückt, und ihr werdet es auch jetzt nicht tun, wenn ich euch darum bitte.« Etwas lauter fuhr Julius fort: »Ich werde Geld für jeden Mann ohne Arbeit bereitstellen, der die Straßen säubert und die Banden davon abhält, die Schwächsten unter uns in Angst und Schrecken zu versetzen. Worin besteht die Größe Roms, wenn wir uns vor Angst nachts nicht mehr auf die Straße trauen? Wie viele von euch verriegeln ihre Tür und lauschen dahinter ängstlich auf das erste Geräusch des Meuchelmörders oder des Diebes?«