Teddus nickte, so als verstünde er, was sie damit sagen wollte, und ließ die Münze in die verborgene Tasche seiner Tunika gleiten. Sorgfältig sah er um sich, ob auch niemand beobachtet hatte, wo er sein Geld aufbewahrte. Doch die Aufmerksamkeit der Menge richtete sich noch immer auf die Tribüne. Trotzdem. Es zahlte sich aus, in Rom auf der Hut zu sein.
Als Pompeius seinen Arm um die Schultern des Mannes legte, den sie liebte, beobachtete Servilia eingehend sein Gesicht. Besser als jeder andere im Senat konnte der Konsul beinahe riechen, wann sich der Wind drehte. Aber sie fragte sich, ob ihm wohl klar war, dass Julius sich keinerlei Einmischung der scheidenden Konsuln gefallen lassen würde.
Manchmal hasste sie diese seltsamen Spielchen, die sie alle spielten. Streng genommen gehörte es sogar dazu, Julius und Prandus die Chance zu geben, ebenfalls bei der offiziellen Ansprache der Konsuln zu sprechen. Sie wusste von zwei weiteren Kandidaten auf der Senatsliste, und es waren immer noch ein paar Tage Zeit, bis die Listen geschlossen wurden. Keinem von diesen Anwärtern war es vergönnt gewesen, die Ansprache der Konsuln mit ihren dünnen Versprechungen herabzusetzen.
Die Menge würde sich nur an drei Männer erinnern, und Julius war einer davon. Sie seufzte nervös, denn im Gegensatz zu den anderen Menschen auf dem Forum hatte sie sich nicht entspannen und zurücklehnen können, um den Reden zu lauschen. Als Julius vor die Menge hingetreten war, hatte ihr Herz vor Stolz und Furcht zu rasen angefangen, doch er hatte keinen Fehler gemacht. Die Erinnerung an den Mann, den sie in Spanien kennen gelernt hatte, war jetzt wirklich nicht mehr als eine blasse Erinnerung, denn Julius hatte seinen alten Zauber wiedergefunden. Als sie ihm zuhörte und seine glänzenden Augen ohne innezuhalten auch über sie hinweggeglitten waren, war selbst sie tief bewegt gewesen. Er war noch so unglaublich jung. Ob die Menge das wohl genauso empfand wie sie? All ihrer Fähigkeiten und all ihrer Gewitztheit zum Trotz waren Pompeius und Crassus, verglichen mit ihm, lediglich untergehende Sterne. Und er gehörte ihr.
Ein Mann trat ein wenig zu dicht an sie heran, als er sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Servilia sah nur ein zernarbtes, schweißnasses Gesicht, doch bevor sie reagieren konnte, schloss sich schon eine eiserne Hand um den Arm des Mannes und ließ ihn vor Schmerzen aufschreien.
»Verzieh dich«, sagte Brutus leise zu ihm.
Der Mann riss seinen Arm aus der Umklammerung und trat den Rückzug an, doch in sicherer Entfernung blieb er noch einmal stehen und spuckte verächtlich auf den Boden. Servilia drehte sich zu ihrem Sohn um, und dieser lächelte sie an und hatte den Vorfall schon wieder vergessen.
»Ich glaube, du hast auf das richtige Pferd gesetzt, Mutter«, sagte er und sah hinauf zu Julius. »Spürst du es nicht auch? Er ist genau der richtige Mann am richtigen Ort.«
Angesteckt von seinem Eifer, lachte Servilia leise. Ohne seine Rüstung sah ihr Sohn viel jungenhafter aus als gewöhnlich. Sie hob den Arm, um ihm liebevoll das Haar zu raufen.
»Eine Rede macht noch keinen Konsul, das weißt du doch. Die richtige Arbeit fängt jetzt erst an.« Sie blickten beide nach oben, wo Julius sich endlich verabschiedete und hinunter in die Menge treiben ließ. Er schüttelte Hände, die sich ihm entgegenstreckten, und antwortete den Bürgern, die ihm Fragen zuriefen. Selbst auf diese Entfernung sah sie die Freude in seinem Gesicht.
»Aber es ist ein sehr guter Anfang«, murmelte sie.
Suetonius strebte mit seinen Freunden vom Forum fort und ging durch leere Straßen, deren Stände und Häuser noch verschlossen und verriegelt waren. Hinter den Häuserreihen hörte man, wenn auch nur gedämpft, noch immer den Lärm der Menschenmenge.
Lange sagte Suetonius kein einziges Wort. Sein Gesicht schien vor Verbitterung wie versteinert. Jeder Jubelruf der Händler hatte so lange an ihm genagt, bis er es schließlich nicht mehr hatte aushalten können. Julius, immer nur Julius. Egal, was geschah, dieser Mann schien immer mehr Glück zu haben als drei andere zusammen. Nur ein paar Worte an die Menge, und sie lagen ihm zu Füßen, während sein Vater erniedrigt wurde, dachte Suetonius angeekelt. Es war widerwärtig zuzusehen, wie sie sich durch billige rhetorische Tricks mitreißen ließen, während ein aufrechter Römer wie sein Vater unbeachtet blieb. Er war so stolz gewesen, als sein Vater eingewilligt hatte, seinen Namen in die Liste eintragen zu lassen. Rom verdiente einen Mann von seiner Würde und Ehre und keinen Cäsar, der nur auf seinen eigenen Ruhm bedacht war.
Suetonius ballte die Fäuste und grollte fast hörbar bei dem Gedanken an die Schmach, die er mit angesehen hatte. Seine beiden Freunde wechselten nervöse Blicke.
»Er wird die Wahl gewinnen, oder?«, sagte Suetonius wütend, ohne sie anzusehen.
Bibulus, der einen Schritt hinter seinem Freund ging, nickte, dann jedoch wurde ihm bewusst, dass Suetonius seine Geste nicht sehen konnte.
»Vielleicht. Pompeius und Crassus scheinen das jedenfalls anzunehmen. Dein Vater könnte aber immer noch den zweiten Posten übernehmen.«
Er fragte sich, ob Suetonius wohl den ganzen weiten Weg bis zum Anwesen außerhalb Roms zu Fuß gehen wollte. In der entgegengesetzten Richtung, die Suetonius gerade blind vor Hass eingeschlagen hatte, warteten gute Pferde und angenehm kühle Räume auf sie. Bibulus konnte es nicht ausstehen zu laufen, wenn Pferde zur Verfügung standen. Er konnte zwar auch das Reiten nicht leiden, aber immerhin taten einem die Beine dann nicht ganz so weh, und man schwitzte bedeutend weniger.
»Er verlässt seinen Posten in Spanien und schleicht sich hierher, nur um verlauten zu lassen, dass er sich als Konsul zur Wahl stellt, und sie nehmen das alles einfach so hin! Ich frage mich, wie viel Schmiergelder dazu wohl nötig waren! Ihm ist das zuzutrauen, das kannst du mir glauben. Ich kenne ihn gut genug, der Mann hat keinen Funken Ehre im Leib. Das weiß ich noch von damals auf den Schiffen, und von Griechenland. Dieser Dreckskerl ist nur wieder zurückgekommen, um mich bis in alle Ewigkeit zu verfolgen. Man sollte doch meinen, er würde die Politik besseren Männern überlassen, nachdem seine Frau umgekommen ist, oder? Damals hat er die Gefahren, die damit verbunden sind, doch kennen gelernt. Ich sage dir, Cato hat sich vielleicht Feinde gemacht, aber er ist immer noch doppelt so viel wert wie Cäsar. Und dein Vater hat das sehr wohl gewusst, Bibulus.«
Bibulus sah sich nervös um, ob jemand in Hörweite war. Wenn Suetonius in dieser Stimmung war, wusste man nie, was er als Nächstes sagte. Wenn sie sich in seinen Privatgemächern aufhielten, konnte sich Bibulus an der Bitterkeit seines Freundes erfreuen. Er bewunderte dieses unbändige Ausmaß an Hass, zu dem Suetonius fähig war. Doch mitten auf einer öffentlichen Straße wie jetzt brachte ihn die Angst derartig ins Schwitzen, dass ihm die Tunika unter den Achseln am Körper klebte. Obwohl es immer heißer und heißer wurde, marschierte Suetonius so verbissen weiter, als sei die aufgehende Sonne nichts als ein Trugbild.
Suetonius rutschte auf einem losen Pflasterstein aus und fluchte. Immer wieder Cäsar, der ihn quälte. Immer dann, wenn Cäsar in der Stadt war, sank der Stern seiner eigenen Familie. Er wusste, dass Cäsar die Gerüchte über ihn in Umlauf gebracht hatte, die verhindert hatten, dass er das Kommando über eine Legion erhielt. Er hatte das heimliche, gehässige Gelächter und Geflüster sehr wohl mitbekommen und die Quelle sofort erraten.
Als er die Mörder auf Cäsars Haus hatte zuschleichen sehen, hatte er einen Moment lang tiefe Zufriedenheit empfunden. Eigentlich hätte er Alarm schlagen oder Reiter mit einer Warnung hinüberschicken können. Ja, er hätte sie noch aufhalten können, doch er hatte sich umgedreht und war davongegangen, ohne ein Wort zu sagen. Sie hatten Cäsars Frau in Stücke gerissen, und Suetonius erinnerte sich daran, wie er gelacht hatte, als ihm sein Vater die furchtbare Nachricht überbrachte. Der alte Mann hatte dabei einen so ernsten und bedeutungsvollen Gesichtsausdruck aufgesetzt, dass Suetonius einfach nicht hatte an sich halten können. Die Verblüffung seines Vaters steigerte seine Heiterkeit nur noch mehr, bis ihm vor Lachen Tränen in den Augen gestanden hatten.