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Vielleicht würde ihn sein Vater jetzt, nachdem er Cäsars intrigante Schmeicheleien und Versprechungen selbst erlebt hatte, ein wenig besser verstehen. In seinem Kopf setzte sich der Gedanke fest, wenigstens dieses eine Mal könne er vielleicht mit seinem Vater über etwas reden, worüber sie beide der gleichen Ansicht waren. Suetonius konnte sich nicht daran erinnern, wann sein Vater zum letzten Mal mehr als nur ein paar höfliche Worte mit ihm gewechselt hatte. Auch diese Kälte zwischen ihnen war Cäsars Werk. Sein Vater hatte das Land, das sie während Cäsars Abwesenheit so geschickt dazugewonnen hatten, wieder zurückgegeben. Er hatte sogar den Platz zurückgegeben, auf dem Suetonius sein Haus hatte bauen wollen. Den seltsamen Blick, den ihm sein Vater zugeworfen hatte, als er lauthals dagegen protestierte, hatte er nicht vergessen. Kein Funken Liebe war darin zu erkennen gewesen, nur ein kühles Abschätzen, das ihn anscheinend stets für ungenügend befand.

Suetonius hob den Kopf und schüttelte die verkrampften Hände. Er würde seinen Vater aufsuchen und ihm sein Mitgefühl ausdrücken. Wenn sein Vater ihm dabei in die Augen sah, würde er vielleicht wenigstens dieses Mal nicht so zusammenzucken, als würde ihm beim Anblick von Suetonius übel. Vielleicht war er dann wenigstens dieses eine Mal nicht so sehr von seinem Sohn enttäuscht.

Bibulus hatte die veränderte Stimmung seines Freundes bemerkt und nutzte die Gelegenheit.

»Es wird langsam ziemlich heiß. Wir sollten zum Gasthaus zurückgehen.«

Suetonius blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich zu seinem Freund um.

»Wie reich bist du, Bibulus?«, fragte er unvermutet.

Wie immer, wenn das Thema Geld zwischen ihnen beiden aufkam, rieb Bibulus nervös die Hände aneinander. Er hatte eine so große Summe geerbt, dass er nie würde arbeiten müssen, aber darüber zu reden trieb ihm die Schamröte ins Gesicht. Er wünschte sich sehnlichst, Suetonius wäre von diesem Thema nicht ganz so fasziniert.

»Ich habe genug, das weißt du doch. Offensichtlich nicht so viel wie Crassus, aber es reicht aus«, sagte er vorsichtig. War Suetonius etwa darauf aus, sich Geld von ihm zu leihen? Hoffentlich nicht! Der einzige Zeitpunkt, zu dem Suetonius versprach, das geliehene Geld auch zurückzuzahlen, war immer auch der Moment, in dem er es sich lieh. Hatte er das Geld erst einmal in der Tasche, wurde nie wieder darüber geredet. Wenn Bibulus den Mut aufbrachte, die ausstehenden Summen anzusprechen, wurde Suetonius für gewöhnlich furchtbar wütend, stürmte davon und Bibulus musste sich schließlich entschuldigen.

»Ist es genug, um dich als Konsul aufstellen zu lassen, Bibulus? Es sind noch ein oder zwei Tage Zeit, um neue Namen auf die Senatsliste zu setzen.«

Bibulus war über diese Idee entsetzt und sah ihn verwirrt an.

»Nein, Suetonius, ganz bestimmt nicht. Das werde ich nicht tun, nicht einmal für dich. Mir gefallen mein Leben und meine Position im Senat. Ich strebe nicht nach Veränderung und würde nicht mal Konsul werden wollen, wenn sie mir das Amt anböten.«

Suetonius trat näher an ihn heran und packte ihn mit angewidertem Gesicht an der schweißnassen Toga.

»Würdest du vielleicht gerne Cäsar als Konsul sehen? Erinnerst du dich überhaupt nicht mehr an den Bürgerkrieg? Erinnerst du dich an Marius und den Schaden, den er angerichtet hat? Wenn du dich aufstellen ließest, könntest du die Stimmen für Cäsar aufspalten und dadurch Platz für meinen Vater und einen der anderen Kandidaten schaffen. Wenn du wirklich mein Freund wärst, würdest du keinen Augenblick zögern.«

»Ich bin dein Freund. Aber das würde nie funktionieren«, sagte Bibulus in dem Versuch, den sich anbahnenden Ärger möglichst schnell aus dem Weg zu schaffen. Die Vorstellung, Suetonius könne seinen Angstschweiß riechen, war erniedrigend, aber er hatte ihn fest bei der Toga gepackt und dabei die schlaffe, weiße Haut seiner Brust entblößt.

»Selbst wenn ich mich aufstellen lasse und ein paar Stimmen kriege, könnten die doch ebenso gut deinem Vater fehlen wie Cäsar. Siehst du das nicht ein? Warum lässt du dich nicht selbst aufstellen, wenn dir so viel daran liegt? Ich gebe dir das Geld für die Kampagne, ich schwöre es.«

»Bist du noch ganz bei Trost? Ich soll gegen meinen eigenen Vater antreten? Nein, Bibulus. Du bist vielleicht als Freund nicht besonders viel wert, oder als irgendetwas anderes, aber niemand sonst auf der Liste ist von größerer Bedeutung. Wenn wir nichts unternehmen, wird mein Vater von Cäsar geschlagen. Ich weiß, wie sehr sich Cäsar dem Pöbel anbiedert und wie sehr sie ihn dafür lieben. Wie viele würden wohl meinem Vater die gebührende Ehre erweisen, wenn Cäsar sich derweil wie eine prunksüchtige Hure zur Schau stellt? Du kommst aus einer alten Familie und verfügst über das Geld, deinen Namen vor der Wahl bekannt genug zu machen.« Suetonius’ Augen weiteten sich vor boshaftem Vergnügen, als er genauer über seine Idee nachdachte.

»Mein Vater ist seit Jahren nicht aus Rom weggewesen, verstehst du? Und er hat Anhänger in den reicheren Zenturien, die zuerst wählen. Du hast die Reden gehört. Cäsar wandte sich an die träge Masse der Armen. Wenn wir frühzeitig eine Mehrheit erreichen, wird halb Rom womöglich nicht einmal zur Wahl aufgerufen. Das heißt, es wäre durchaus machbar.«

»Ich glaube nicht, dass ... «, setzte Bibulus stammelnd an.

»Du musst es tun, Bibi. Für mich! Nur ein paar Zenturien zu Beginn der Wahl würden schon ausreichen, dass er Rom voller Schmach verlassen muss. Wenn du siehst, dass die Stimmen für meinen Vater darunter leiden, kannst du dich immer noch zurückziehen. Nichts leichter als das! Oder möchtest du Cäsar lieber kampflos den Posten als Konsul überlassen?«

Bibulus versuchte es noch einmaclass="underline" »Ich habe nicht die Mittel, um so etwas zu finanzieren ...«

»Dein Vater hat dir ein Vermögen hinterlassen, Bibi. Glaubst du, das weiß ich nicht? Glaubst du, er würde Catos Erzfeind gerne als Konsul sehen? Nein, diese lächerlichen Trinkgelder, die du mir in der Vergangenheit geliehen hast, sind für dich doch nur der Lebensunterhalt für einen oder zwei Tage.« Jetzt schien auch Suetonius zu bemerken, dass es irgendwie unpassend wirkte, wenn er auf der einen Seite versuchte, Bibulus zu überreden, ihn aber andererseits fest gepackt hielt. Er ließ ihn los und strich ihm mit ein paar beiläufigen Bewegungen die Toga wieder glatt.

»So ist es besser! Also, Bibulus, wirst du das für mich tun? Du weißt doch, wie wichtig mir diese Sache ist. Wer weiß, wenn es wirklich so weit käme, würde es dir ja vielleicht sogar Spaß machen, mit meinem Vater zusammen Konsul zu sein. Viel wichtiger ist es jedoch zu verhindern, dass sich Cäsar die Macht in dieser Stadt erschleichen kann.«

»Nein! Hörst du? Ich werde es nicht tun! «, sagte Bibulus und keuchte ein wenig vor Angst.

Suetonius kniff die Augen zusammen, packte Bibulus erneut am Arm und zog ihn von ihren Begleitern weg. Als sie nicht mehr belauscht werden konnten, beugte sich Suetonius bedrohlich nahe an das schweißüberströmte Gesicht des jungen Römers.

»Weißt du noch, was du mir letztes Jahr erzählt hast? Was ich gesehen habe, als ich in dein Haus kam? Ich weiß, warum dein Vater dich verachtet hat, Bibulus, warum er dich weggeschickt hat in dein prunkvolles Haus und warum er aus dem Senat ausgeschieden ist. Vielleicht hat ihm sein Herz deswegen den Dienst versagt, wer weiß? Was glaubst du? Wie lange würdest du wohl überleben, wenn deine Vorlieben in der Öffentlichkeit bekannt würden?«

Bibulus sah mit einem Male krank aus. Sein Gesicht zuckte.

»Das mit dem Mädchen, das war ein Unfall. Sie ist krank geworden...«

»Kannst du überhaupt das Tageslicht ertragen, Bibulus? «, fragte Suetonius und rückte noch ein Stück näher. »Ich habe die Ergebnisse deiner ... Leidenschaft mit eigenen Augen gesehen. Ich könnte selbst einen Prozess gegen dich anstrengen, und die Strafen dafür sind wirklich hart, aber nicht härter, als du es verdienst. Wie viele kleine Mädchen und Jungen sind in den letzten paar Jahren durch deine Hände gegangen, Bibulus? Und wie viele Väter gibt es wohl im Senat, was meinst du?«